Insolvenz: Betroffene warten auf Reform

Die Privatinsolvenzen sind in Niederösterreich seit Jahresbeginn stark rückläufig. Gegenüber dem Vorjahr wurden um 25 Prozent weniger Anträge gestellt. Der Grund: Anfang November tritt eine Reform des Insolvenzrechts in Kraft.

Viele Personen, die von Insolvenz betroffenen sind, warten mit ihrem Antrag derzeit zu. Immerhin bietet die Reform - aus Sicht der Schuldner - einige Verbesserungen. Einerseits wird ihnen das Einkommen künftig nur noch maximal fünf statt bisher sieben Jahre lang gepfändet. Andererseits fällt die Mindestquote von zehn Prozent der Schulden weg, die bislang zurückbezahlt werden musste. Betroffene sind somit künftig nach fünf Jahren komplett entschuldet.

Bevor es zur Pfändung kommt, haben Betroffene, wie bereits jetzt, die Möglichkeit mit ihren Gläubigern einen Zahlungsplan zu vereinbaren. Darin wird festgehalten, was sie in den nächsten fünf Jahren verdienen werden und somit von den Gläubigern gepfändet werden kann, also welche Quote der Schuldner im Stande ist zurückzubezahlen. Lehnen die Gläubiger dieses Angebot ab, kommt es zu einem Abschöpfungsverfahren, einer Pfändung.

Hans-Georg Kantner, Insolvenzexperte vom Kreditschutzverband 1870, begrüßt, dass dieser Zahlungsplan künftig erhalten bleibt. Insgesamt bringe die Reform einige Erleichterungen, aber gleichzeitig auch neue Pflichten für die Schuldner. „Der Gesetzgeber erwartet sich künftig, dass Schuldner schon während des Konkursverfahrens einer angemessenen Beschäftigung nachgegangen sein müssen“, so Kantner.

Experte erwartet mehr Arbeit für Gerichte

Zudem müssen sich die Schuldner um eine besser bezahlte Arbeit bemühen, sonst droht die vorzeitige Einstellung des Verfahrens ohne Restschuldbefreiung, sagt Kantner: „Durch diese beiden neuen Bestimmungen ist gewährleistet, dass sich Schuldner weiterhin anstrengen und akzeptable Zahlungspläne anbieten werden müssen.“ Kantner erwartet sich durch die Reform mehr Arbeit für die Gerichte.

Neu ist aber auch, dass Schuldner ohne pfändbares Einkommen zumindest einmal pro Jahr bei Gericht versichern müssen, dass sie sich um eine angemessene Arbeit bemühen. Außerdem müssen sie nach der Gesetzesnovelle keinen Zahlungsplan mehr vorlegen, sondern gelangen direkt ins Abschöpfungsverfahren.

Schuldnerberatung begrüßt Reform

Die Schuldnerberatung Niederösterreich begrüßt die Reform. „Weil sich dadurch auch jene entschulden können, die ein geringes Einkommen haben und die Mindestquote bislang nicht erbringen konnten“, sagt der Geschäftsführer der Schuldnerberatung in Niederösterreich, Michael Lackenberger.

Für das vierte Quartal 2017 sowie das kommende Jahr erwartet Lackenberger jedenfalls wieder einen Anstieg an Anträgen. Kantner rechnet damit, dass die Insolvenzen in den nächsten Jahren um etwa 20 Prozent steigen könnten als in durchschnittlichen Jahren.

Links: