Zorba: Von Greenpeace zu den Grünen

Mit 24 Jahren ist Süleyman Zorba der jüngste Kandidat unter den Top 20 auf der Landeliste der Grünen für die Landtagswahl. Der Ex-Greenpeace-Aktivist kämpft für bessere Mobilität: „Das Öffi-Angebot muss verbessert werden“, fordert er.

Auf den ersten Blick wirkt der Bahnhof in Traismauer (Bezirk St. Pölten) nicht wirklich einladend: Das Gebäude mit der hellblauen Fassade ist in die Jahre gekommen, die Rollos am Bahnschalter sind heruntergelassen. Einen Fahrdienstleiter gibt es seit längerem nicht mehr, er wurde durch den Ticketautomaten ersetzt.

Für Süleyman Zorba, den einzigen Gemeinderat der Grünen in Traismauer, ist der Bahnhof aber genau der richtige Ort, um mit noe.ORF.at über seine politischen Vorstellungen zu sprechen. „Das ist der Bahnhof, den ich jeden Tag zum Pendeln verwende und wo ich viel mit jungen Leuten ins Gespräch komme, die jeden Tag nach Wien pendeln“, sagt der 24-jährige IT-Techniker.

Süleyman Zorba

ORF / Koppensteiner

Süleyman Zorba pendelt selbst von Traismauer nach Wien

„Haben uns bei Greenpeace nirgends angekettet“

Der 24-Jährige kam im Alter von drei Jahren gemeinsam mit seinen Eltern aus der Türkei nach Österreich. Sein Geburtsort liegt an der Schwarzmeerküste, „eine Region, die damals von Tschernobyl betroffen war. Das war mitunter ein Grund, wieso ich mich auch bei Greenpeace und bei den Grünen für saubere Energie und Umwelt einsetze“, sagt er.

Steckbrief: Süleyman Zorba (Die Grünen)

  • Geburtsdatum: 16.6.1993
  • Wohnort: Traismauer
  • Beruf: IT-Techniker

Die politische Karriere nahm im Alter von 16 Jahren bei Greenpeace ihren Anfang. „Es war jetzt nicht so spannend, dass wir uns irgendwo angekettet haben oder Boote aufgehalten haben, sondern wir waren eher in Österreich unterwegs und haben informiert, was es für Themen gibt und welche Gefahren es rund um Österreich gibt. In Sachen Atomenergie haben wir in Tschechien etwa große Problemfälle. Man ist viel mit Menschen ins Gespräch gekommen, hat gemerkt, dass es ein Verlangen gibt. Das hat nach und nach dazu geführt, dass ich bei den Grünen gelandet bin.“

Seit 2015 sitzt Zorba im Gemeinderat von Traismauer, wo er der einzige Vertreter der Grünen ist. Hauptberuflich arbeitet er seit einigen Jahren als IT-Techniker in einem großen, international tätigen Unternehmen in Wien.

„Pendeln muss leistbar werden“

Der 24-Jährige will Pendeln vor allem für Studierende leistbar machen: „75 Euro für das Semesterticket sind genug.“

noe.ORF.at konfrontiert die jüngsten Kandidaten der Parteien unter den Top 20 auf der Landesliste mit „jungen Themen“:

MOBILITÄT „Pendeln muss leistbar sein“, fordert Zorba, der selbst von Traismauer zum Arbeiten nach Wien pendelt. Studenten würden bis zu 1.700 Euro jährlich zahlen, um zu ihrem Studienplatz zu kommen. „Das führt meist zu Abwanderung nach Wien“, sagt Zorba. Ein 75-Euro-Studienticket soll diese Entwicklung stoppen. „Ob man in Zwettl oder in St. Pölten wohnt, macht keinen Unterschied. Das Ticket soll 75 Euro kosten und nicht mehr, wenn man nach Wien muss. Das ist jetzt noch nicht abgedeckt.“

Darüber hinaus will der grüne Jungpolitiker für alle, die weder Anspruch auf das Studienticket noch - wie Schüler und Lehrlinge - auf das Top-Jugend-Ticket haben, ein 365-Euro-Jahresticket für öffentliche Verkehrsmittel durchsetzen. „Damit kann man um einen Euro pro Tag das ganze Jahr lang so oft und so weit fahren wie man will“, konkretisiert der 24-Jährige seine Vorstellungen.

ARBEITSMARKT Im Bereich des Arbeitsmarkts ortet Zorba das gleiche Problem: In Niederösterreich gebe es zu wenig Angebot, die Jugend würde nach Wien abwandern. Der 24-Jährige sieht die Politik gefordert, Impulse bei den Betrieben zu setzen, und sicherzustellen, dass die Arbeitsplätze auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sind. Arbeit müsse sich außerdem lohnen, sagt Zorba: „Wir setzen uns für einen Mindestlohn von 1.750 Euro brutto ein. Das würde die jungen Leute dazu veranlassen, in Niederösterreich zu bleiben und nicht nach Wien abzuwandern.“

WOHNEN Das Land und die Gemeinden müssten soziale Wohnungen bauen und als Starterwohnungen für Jugendlichen anbieten, fordert Zorba. „Es gibt schon viele Angebote, diese sind aber für die meisten Jugendlichen nicht erschwinglich“. Einstiegspreise von 15.000-20.000 Euro könnten sich die meisten Jugendlichen nicht leisten, die Grünen setzen sich daher für eine Mietobergrenze von 800 Euro ein.

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„SEIN“ THEMA Das ist die Mobilität. Bessere Mobilität und der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel in Verbindung mit E-Car-Sharing stehen ganz oben auf der Forderungsliste des 24-Jährigen. „Es gibt bei uns in Niederösterreich Regionen, die als Parkplatz verwendet werden, wo Menschen das Auto stehen lassen, um von dort nach Wien reinzufahren. Diese Regionen müssen wir entlasten, indem wir die Menschen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln von zuhause abholen und sie nicht zuerst mit dem Auto von A nach B fahren müssen, um dort auf Öffis umzusteigen. Dafür will ich kämpfen.“

Bezüglich E-Car-Sharing gebe es in vielen Gemeinden bereits Impulse in die Richtung. In Traismauer funktioniere das Projekt sehr gut und werde vor allem von jungen Menschen angenommen. „Ein Auto bringt sehr viel an Kosten mit sich und braucht Platz. Das Sharing-Auto steht in der Stadt und wenn man es braucht, kann man es sich abholen“, so Zorba, der auch selbst dieses Angebot nutzt, über die Vorteile. Normalerweise würde auch immer ein Auto zur Verfügung stehen, „nur an Feiertagen wird es manchmal eng.“

Süleyman Zorba Grüne Traismauer

ORF / Koppensteiner

Zorba: „Wir müssen die Menschen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln von zuhause abholen“

„Die jungen Leute dürfen nicht abwandern“

Warum es einen 24-Jährigen im Landtag brauche? „Damit auch Themen für junge Leute abgehandelt werden. Dass es nicht als Randthema da ist, sondern als Thema, das wichtig und essentiell ist“, sagt Zorba im Gespräch mit noe.ORF.at. „Niederösterreich braucht die jungen Leute, sie dürfen nicht abwandern. Damit sie da bleiben, müssen wir Politik für junge Menschen und Niederösterreich attraktiv für junge Menschen machen.“

Sendungshinweis

„Radio NÖ Mittagsmagazin“, 18.1.2018

Die Chance, dass es der 24-Jährige tatsächlich als Mandatar der Grünen in den niederösterreichischen Landtag schafft, ist nur theoretischer Natur. Auf der Landesliste der Grünen für die Wahl am 28. Jänner ist er auf dem zwölften Platz gereiht, bei der Landtagswahl vor fünf Jahren waren die Grünen auf 8,06 Prozent der Stimmen und in Folge dessen auf vier Mandate im Landtag gekommen. Zorbas Priorität im Wahlkampf ist daher weniger, selbst Vorzugsstimmen zu sammeln, sondern „dass die Leute ihr Kreuzerl bei den Grünen machen.“

Thomas Koppensteiner, noe.ORF.at