Windkraft-Pionier mit neuen Plänen

Durch die Arbeit vieler Pioniere sind die erneuerbaren Energien seit den 80er-Jahren im Vormarsch. Ein Windkraft-Pionier ist Herbert Stava aus Bruck an der Leitha. Er hat nun auch neue Pläne: Stromerzeugung mithilfe von Gravitation.

Bei der Volksabstimmung über die Kernenergie in Österreich und damit indirekt über die Zukunft des AKW Zwentendorf am 5. November 1978 durfte Herbert Stava seine Stimme nicht abgeben, er war zu jung. Die Proteste gegen das geplante Großwasserkraftwerk in Hainburg an der Donau 1984 erlebte er allerdings hautnah mit. „Ich habe beim Damm mitgebaut, der von den Baggern eingerissen wurde“, erinnert sich Stava. „Hainburg hat mich sehr geprägt, so dass man sagt, wir müssen hier etwas tun, positive Zeichen im Bereich der erneuerbaren Energie setzen, um Großkraftwerke durch kleine, regionale Kraftwerke ersetzen zu können.“

Energieschwerpunkt Teil 2 Erneuerbare Energie Pionier Herbert Stava Windpark Bruck

ORF

Herbert Stava, Windkraft-Pionier aus Bruck an der Leitha

Windkraft-Studie als Auslöser

Gesagt, getan. In seiner Funktion als Umweltstadtrat in Bruck setzte sich Stava schon in jungen Jahren dafür ein, die Energie für die Stadt selbst zu erzeugen. Gemeinsam mit Freunden errichtete der Biobauer ein Fernwärmeheizwerk, an das heute 1.700 Haushalte angeschlossen sind. Es sollte aber nicht nur bei der Biomasse bleiben: „Es gab eine Studie aus 1991, dass Windenergie in Österreich wirtschaftlich nicht sinnvoll ist. Ich habe das als Bauer, der viel draußen war und gesehen hat, wie der Wind geht, nicht geglaubt, eine Windmessanlage aufgestellt, Freunde gefunden und ab 1995 ein Windenergieprojekt begonnen.“

Nach fünf Jahren Projektphase wurde der erste Windpark in Bruck an der Leitha errichtet, konkret waren es fünf Windräder mit einer Leistung von neun Megawatt. Heute besteht der Windpark des Energieparks Bruck aus 53 Windrädern, die zusammen 0,6 Prozent des gesamten Strombedarfs in Österreich erzeugen.

Fossile Kraftwerke für Versorgungssicherheit

Auch dank der Windkraft kann Niederösterreich seit Ende 2015 100 Prozent des Strombedarfs aus erneuerbaren Energien abdecken. Den größten Anteil liefern mit 59 Prozent die Großwasserkraftwerke, die Windkraft steuert 26 Prozent bei, Biomasseanlagen erzeugen neun Prozent des Strombedarfs, Kleinwasserkraftwerke vier Prozent und Photovoltaikanlagen steuern einen Anteil von zwei Prozent bei.

Energieschwerpunkt Teil 2 Erneuerbare Energie Pionier Herbert Stava Windpark Bruck

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Die 100 Prozent aus erneuerbaren Energien werden allerdings nur theoretisch, über das Jahr gesehen, erreicht. In der Praxis werden bei Engpässen etwa im Winter die Gas- und Kohlekraftwerke wie Theiß oder Dürnrohr hochgefahren, um die Stromversorgung sicherzustellen. Das Ziel in der niederösterreichischen Energiepolitik ist aber klar: „Kontinuierlicher Ausbau der Erneuerbaren mit gleichzeitigem Abbau der nicht erneuerbaren, fossilen Energieträger“, sagt der für Energie zuständige Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP). „Hier muss immer die Versorgungssicherheit an erster Stelle stehen, auf alles andere lassen wir uns nicht ein.“

Eine Zukunft ohne fossile Energieträger bezeichnet Herbert Stava, Präsident des Energieparks Bruck an der Leitha, als „leicht möglich“. Größte Herausforderung seien allerdings die Speichermöglichkeiten. „Pumpspeicherkraftwerke, die man derzeit aus verschiedensten wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht weiterbaut, sind die effizientesten Energiespeicher, die wir haben. Wir haben jede Menge Berge, auf denen sich ein kleiner See bauen lässt. Windenergie lässt sich so etwa gut speichern. Ich glaube, dass wir genügend Speicherkapazitäten haben, um fossile Kraftwerke komplett abschalten zu können.“

Stromgewinnung durch Gravitation

Den Pioniergeist hat der Biobauer und Präsident des Energieparks auch heute nicht abgelegt. Neuestes Projekt, das sein Interesse geweckt hat, ist eine Gravitationsanlage zur Stromgewinnung. „Unsere Erde ist ein Energiespeicher, in dem die Erdanziehung permanent da ist. Es gibt Ideen, um diese Gravitation in Energie umzuwandeln. Es sind Geräte, die sich drehen und eine Art Schwungmasse bilden. Diese Schwungmasse erzeugt permanent Energie, angetrieben durch die Erdanziehung.“ Diese Anlage soll laut Stava einen weit höheren Ertrag liefern, als ein Windrad - wobei eine moderne Windkraftanlage mit drei Megawatt Leistung 1.800 Haushalte und damit ein kleines Dorf mit Strom versorgen kann.

Plank: Ausstieg aus Fossilen „bis 2050 möglich“

noe.ORF.at hat mit dem Generalsekretär im Bundesministerium für Nachhaltigkeit, Josef Plank (ÖVP), über den Vormarsch der erneuerbaren Energien gesprochen. „Wir werden am Ende des Weges ohne Fossile auskommen müssen. Wir glauben, dass es bis Mitte dieses Jahrhunderts möglich ist“, sagt Plank im Interview.

noe.ORF.at: Die Volksabstimmung 1978 über Zwentendorf und die Proteste gegen das Kraftwerk in Hainburg waren so etwas wie eine Zäsur in der Energiepolitik. Wann hat der Vormarsch der Erneuerbaren begonnen?

Josef Plank: Die neuen Technologien haben so um die 90er-Jahre begonnen. Zwentendorf war da sicher ein markanter Punkt, ein klares Signal, dass etwas anderes kommen muss. Bei der Biomasse gab es zu Beginn der Neunziger die größeren Fernheizwerke, die Wasserkraft gab es unverändert weiter und zu diesem Zeitpunkt sind die ersten Photovoltaikzellen gekommen, noch mit enorm hohen Preisen, unvorstellbar, dass das jemals eine Chance hat. Und auch die Windräder sind zurückgekommen.

Energieschwerpunkt Teil 2 Erneuerbare Energie Pionier Herbert Stava Windpark Bruck

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Josef Plank, Generalsekretär im Bundesministerium für Nachhaltigkeit

noe.ORF.at: Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, muss vor allem im Winter tageweise doch noch auf Kohle, Gas und Öl zurückgegriffen werden. Werden wir jemals ohne Fossile auskommen?

Plank: Wir werden am Ende des Weges ohne Fossile auskommen müssen. Wir glauben, dass es bis Mitte dieses Jahrhunderts möglich ist, de facto auf eine dekarbonisierte Energiewirtschaft zu kommen, das heißt auf fossile zu verzichten, die uns Treibhausgase bringen. Das ist natürlich ein spannender Umbau eines Energiesystems, wo Speicher, gezielte Verbrauchssteuerung mitspielt, wo aber auch eine dramatische Reduktion des Energieverbrauchs als Ganzes dahintersteht.

noe.ORF.at: Bund sowie Land haben sich Klimaziele gesteckt. Wo sehen Sie konkret noch Handlungsbedarf?

Plank: Der Handlungsbedarf liegt darin, auf den Boden zu bringen, was wir in den Konzepten haben. Es muss einfach in allen Sektoren Schluss sein mit dem Verschleudern von Energie, das tun wir immer noch. Für uns entscheidend sind die Mobilitätskonzepte mit neuen Antriebsformen, aber auch, in den Häusern den Energieverbrauch dramatisch nach unten zu bringen. Das ist eigentlich ein schöner Punkt. Hier wird investiert und wir leben dann mit weniger Energie besser als vorher.

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