„Stille Nacht“ zieht Spuren bis Waidhofen

„Stille Nacht! Heilige Nacht!“ ist das weltweit bekannteste Weihnachtslied und feiert heuer am 24. Dezember seinen 200. Geburtstag. Seit seiner Entstehung verbreiteten sich viele Textfassungen, eine davon in Waidhofen an der Ybbs.

Die heute gesungene Version von „Stille Nacht! Heilige Nacht!“ ist mit ihrer Urfassung, die zu Weihnachten vor 200 Jahren erstmals in Oberndorf bei Salzburg aufgeführt wurde, kaum mehr vergleichbar. Die Melodie schrieb der Oberndorfer Organist und Mesner Franz Xaver Gruber, der Text stammt von Joseph Mohr, dem damaligen Kaplan der Pfarre. Während die Melodie unverändert blieb, verbreiteten sich in den letzten 200 Jahren jedoch viele verschiedene Textfassungen des Liedes.

Lied war weit verbreitet und sehr beliebt

„Auch in Niederösterreich hat ‚Stille Nacht‘ seine überlieferungsgeschichtlichen Spuren hinterlassen“, erläutert Peter Gretzel vom NÖ Volksliedarchiv in St. Pölten, das von der Volkskultur Niederösterreich betrieben wird. Dort befindet sich eine handschriftliche Textfassung aus dem Jahr 1852, die von Franz Spring, einem der damaligen Volksschüler, stammt.

Weihnachtslied Stille Nacht Fassung 1852

NÖ Volksliedarchiv/VolkskulturNiederösterreich

Die erste Strophe von „Stille Nacht“ in der Waidhofner Fassung aus 1852

Dass diese Variante weder dem 30 Jahre älteren Original ähnelt noch mit dem heute gesungenen Liedtext vergleichbar ist, „zeigt recht deutlich, wie stark verbreitet und beliebt das Lied auch damals schon war“, so Gretzel.

Außerdem sei das Lied als Volkslied eingestuft gewesen, sodass „die für die Kirchenmusik verantwortlichen Lehrer und Chorregenten des 19. Jahrhunderts keine Scheu hatten, Phrasen zu verändern oder neu zusammenzustellen“, erklärt Gretzel. Bei der Waidhofener Textfassung handelt es sich um eine Neudichtung der ursprünglichen Überlieferung, die lediglich einige wenige und eher losgelöste Bezüge zur Erstversion von Jospeh Mohr enthält.

Es ist davon auszugehen, dass die Waidhofener Variante sowohl zeitlich als auch örtlich begrenzt verbreitet war. „Wer diesen Text singen möchte, stolpert recht schnell über unbeholfen gereimte Passagen und die offensichtlichen Abschreibfehler des Schulbuben“, sagt Gretzel.

Stille Nacht Kapelle Oberndorf

APA/Barbara Gindl

Die Stille-Nacht-Kapelle in Oberndorf

Waidhofner Text ist christlich-theologisch geprägt

Woher die Dichtung stammt, die sich auf dem Blatt des Volksschülers Franz Spring findet, ist nicht belegt. Beim NÖ Volksliedarchiv geht man davon aus, dass der Autor im geistlichen Wirkungskreis tätig gewesen sein dürfte. Denn einige neue Motive der Liedstrophen sind stärker christlich-theologisch geprägt als die Urfassung von Kaplan Mohr.

Das Belegstück aus Waidhofen an der Ybbs ist einerseits ein wichtiges Unikat im Schatz des NÖ Volksliedarchivs und andererseits ein Beweis für die breit gefächerte Geschichte jenes heute weltbekannten Liedes, das im Salzburger Land seinen Ursprung hat und seither viele verschiedene Wege im In- und Ausland genommen hat.

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