Gütesiegel für 24-Stunden-Betreuung

Für eine möglichst lange Betreuung in den eigenen vier Wänden ist oft eine 24-Stunden-Betreuung notwendig. Um unseriöse Vermittlungsagenturen zu verdrängen, soll ab dem kommenden Jahr österreichweit ein Gütesiegel eingeführt werden.

Viele ältere Personen brauchen bei Dingen des täglichen Lebens, wie etwa beim Kochen, der Körperpflege oder im Haushalt, Hilfe. Diese Tätigkeiten werden daher immer öfter von 24- Stunden-Betreuerinnen oder-Betreuern übernommen. Um die medizinische Versorgung kümmern sie sich allerdings nicht. Immer mehr Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher werden rund um die Uhr betreut - mehr dazu in Starke Nachfrage nach 24-Stunden-Betreuung (noe.ORF.at; 27.7.2017).

In Niederösterreich gibt es derzeit etwa 24.000 selbstständige Personenbetreuer und 190 Vermittlungsagenturen. „Wir wachsen in Österreich um fast 1.000 Gewerbeberechtigte pro Monat. Das bedeutet, es gibt eine enorme Nachfrage, weil die Personen so lange wie möglich zu Hause betreut werden wollen“, erklärt der zuständige Fachgruppenobmann der Wirtschaftskammer Niederösterreich, Robert Pozdena.

Agenturen müssen Kriterien einhalten

Die Betreuerinnen und Betreuer kommen meist aus Rumänien, der Slowakei, Ungarn, Bulgarien oder Kroatien und werden über Agenturen vermittelt. Deren Arbeit soll ab dem kommenden Jahr mit einem Gütesiegel bewertet werden. „Wir wollen mit dem Gütesiegel klar signalisieren, dass wir in die Vermittlungsagenturen Qualität hineinbringen wollen. Es wird ab 1. Jänner 2018 umgesetzt. Uns ist wichtig, nach außen zu zeigen, dass sich eine bestimmte Agentur den Kriterien unterwirft und als seriöse Agentur geführt wird“, so Pozdena.

24- Stunden-Pflege

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Viele Betreuerinnen kommen aus osteuropäischen Ländern

So muss die Agentur seit mindestens einem Jahr bestehen, sich an die gesetzlichen Vorgaben oder bestimmte Qualitätsstandards halten. Außerdem verpflichten sich die Agenturen dazu, etwa 90 Fragen zu 28 Themengebieten zu beantworten, um das Gütesiegel zu führen. Bei Verstößen kann die Zertifizierung, die vom TÜV Austria und der Wifi Zertifizierungsstelle vergeben wird, wieder entzogen werden. Auch die Arbeiterkammer sieht die Einführung des Gütesiegels als wichtigen Schritt.

Pozdena: „Seriöse Agenturen setzen auf Transparenz“

Hellhörig sollte man werden, wenn Verträge keine klaren Kündigungsfristen enthalten oder es bei der Agentur keinen muttersprachlichen Ansprechpartner für die Betreuerin gibt, warnt der Experte. Stutzig werden sollte man außerdem, „wenn die Betreuungagentur nicht zu Ihnen nach Hause kommt, sondern nur eine telfonische Beratung anbietet. Lesen Sie die Verträge, es gibt meist keine Fallstricke, aber oft sieht man mit dem Hausverstand, dass etwas nicht passt“, rät Pozdena.

24- Stunden-Pflege

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Die Betreuerinnen begleiten die Kunden bei Alltagstätigkeiten

Zudem haben die Agenturen den Auftrag, Qualitätskontrollen bei dem jeweiligen Kunden durchzuführen. Auch bei den Kosten rät Pozdena auf Transparenz zu setzen. Bereits im Vertrag mit der Agentur, sollte klar ersichtlich sein, an wen das Geld zu entrichten ist und welche Leistungen enthalten sind. Als ungeahnte Zusatzkosten würden oft Fahrtkosten für die Betreuer an die jeweiligen Kunden verrechnet. Auch zu billige Angebote, die bei 20 bis 40 Euro pro Betreuungstag liegen, sollten stutzig machen.

Wifo: Angestelltenmodell für Betreuer „unleistbar“

Eine von der Wirtschaftskammer in Auftrag gegebene WIFO-Studie unterstreicht die Bedeutung der selbstständigen 24-Stunden-Betreuung. Sie sei das einzig leistbare Modell für Familien mit betreuuungsbedürftigen Angehörigen. „Erstmals auf Basis valider Berechnungen“ geht die Studie laut den Wirtschaftskammern in Wien und Niederösterreich der Frage nach, was eine Umstellung der 24-Stunden-Betreuung auf ein Angestellten-Modell kosten würde. Das Ergebnis sei „ernüchternd“: Unter Berücksichtigung aller gesetzlichen Vorgaben, wie der Einhaltung der Höchstarbeitszeiten und Ruhephasen, des Mindestlohntarifs sowie von Krankenständen und Urlaubsansprüchen, wären die Kosten wesentlich höher.

Statt beispielsweise 2.300 Euro pro Monat müsste laut WIFO-Studie eine betroffene Familie dann mehr als 9.000 Euro aufbringen, wozu auch noch der hohe Administrationsaufwand kommen würde. Selbstständige Personenbetreuerinnen und -betreuer ließen hingegen auch den Bedarf an kostenintensiver stationärer Pflege sinken und entlasteten die öffentlichen Budgets, resümierte der Wiener Fachgruppenobmann Harald Janisch.

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