„Man trägt ein Trauma davon“

Durch große Solidarität und harte Arbeit sind die Schäden des Hochwassers 2002 schnell beseitigt gewesen. Bis so ein Ereignis psychisch verarbeitet ist, dauert es weit länger. „Man trägt ein Trauma davon“, sagt ein Betroffener aus der Wachau im noe.ORF.at-Interview.

Stefan Hick

ORF

Stefan Hick

Die Gärtnerei von Stefan Hick in Weißenkirchen in der Wachau wurde beim Hochwasser überschwemmt. Im Geschäft und in den Glashäusern stand das Wasser bis zu eineinhalb Meter hoch. Der Schaden machte 400.000 Euro aus. Heute betreibt Hick die Gärtnerei am gleichen Standort weiter.

noe.ORF.at: Wenn Sie die Fotos vom Hochwasser ansehen, welche Erinnerungen kommen da in Ihnen hoch?

Stefan Hick: Gute und schlechte natürlich. Man versucht, die negativen auszublenden und sich nur an die positiven Sachen zu erinnern. Da war die nicht enden wollende Hilfsbereitschaft von Freunden, Bekannten und Fremden, auch von der Politik und vom Bundesheer. Das hat uns psychisch und manuell geholfen.

noe.ORF.at: Wie haben sie es geschafft, während des Hochwasser weiterzumachen und nach vorne zu schauen?

Hick: In den ersten Tagen wäre man am liebsten davongelaufen. Ich wollte das alles nicht sehen. Als das Telefon wieder funktioniert hat, haben viele Leute angerufen und ihre Hilfe angeboten. Das hat geholfen.

noe.ORF.at: Was war der schlimmste Moment?

Hick: Als man geglaubt hat, der Scheitel der Flutwelle ist erreicht und dann kam doch wieder etwas.

noe.ORF.at: Der schönste Moment?

Hick: Als mich ein Freund überredet hat, nach dem Hochwasser zum Heurigen zu gehen. Da habe ich meine Frau und jetzige Mutter unser drei Kinder kennengelernt.

Stefan Hick

ORF

Die Gärtnerei Anfang August 2002

noe.ORF.at: In der Zeit danach, hatten Sie Angst vor dem Hochwasser?

Hick: Große Angst, man trägt ein Trauma davon. Die Hochwasser-Träume kehren monatlich wieder. Man wacht in der Nacht auf und ist dankbar, dass es nur ein Traum war. Gott sei Dank war das Hochwasser auch Auslöser für Projekte, die vorher nur angedacht waren. Der Hochwasserschutz in Weißenkirchen ist schnell umgesetzt worden, so kann man auch wieder ruhig schlafen. Sonst war man unentspannt, wenn es zwei Tage geregnet hat. Dann habe ich am Computer geschaut, was der Pegel der Donau macht, wie viel Wasser die Zubringer führen. Der Hochwasserschutz bringt zwar nicht 100 Prozent Sicherheit, aber er hat wieder mehr Lebensqualität gebracht.

noe.ORF.at: Hat das Hochwasser bei den Menschen in der Wachau etwas verändert?

Hick: Vor 2002 hat man geglaubt, dass man mit dem Hochwasser leben kann. Es hat ab und zu Hochwasser gegeben, mit kleineren Schäden, die schnell beseitigt waren. Nach 2002 hat man sich gedacht, dass das in der Wachau keine Lebensqualität ist und es so nicht weitergehen kann. Mittlerweile sind wir auch nicht beunruhigt, wenn es ein paar Tage regnet, die Schneeschmelze einsetzt oder sich ein Mittelmeertief über Österreich dreht. Es lässt uns nicht ganz kalt, aber man ist nicht mehr so in Sorge.

noe.ORF.at: Ist die Donau für Sie Fluch oder Segen?

Hick: Sie ist Fluch und Segen, wobei der Fluch etwas zurückgegangen ist. Segen deshalb, weil die Touristen deswegen kommen und sie unser Klima positiv beeinflusst. Ich könnte mir ein Leben ohne den Fluss nicht vorstellen.

Das Gespräch führte Peter Unger, noe.ORF.at

Link: