Amtsmissbrauch: Notar verurteilt

Wegen Amtsmissbrauchs und Veruntreuung ist ein Notar aus Wien in St. Pölten vor Gericht gestanden. Der 55-Jährige wurde nicht rechtskräftig zu drei Jahren Freiheitsstrafe, davon ein Jahr unbedingt, verurteilt.

Der Notar hatte sich zu Prozessbeginn vor einer Woche hinsichtlich der Veruntreuung von Geldern für eigene Zwecke in 14 Verlassenschaftsverfahren von 2003 bis 2007 schuldig bekannt. Dies wertete Staatsanwältin Michaela Obenaus auch in ihrem Schlussvortrag als mildernd, kritisierte aber zugleich, dass der Notar schon früher hätte kooperieren können. Sie forderte daher in allen Anklagepunkten Schuldsprüche und eine „strenge Strafe“, so die Austria Presse Agentur.

Beschwerden bei Kammer deckten Fall auf

Laut Anklage belief sich der durch die veruntreuten Gelder entstandene Gesamtschaden auf rund 315.000 Euro, wovon mittlerweile durch Wiedergutmachung nur noch etwa 141.000 Euro übrig sind. Auslöser der Causa war, dass im ersten Halbjahr 2007 bei der Notariatskammer für Wien, Niederösterreich und Burgenland mehrere Beschwerden wegen Ungereimtheiten im betreffenden Notariat eingegangen waren. Daraufhin wurde der Notar unmittelbar zu einer Stellungnahme aufgefordert und vorgeladen.

Nachdem die Beantwortungen laut Kammer schleppend gewesen seien, führte diese im Oktober 2007 eine außerordentliche Revision durch, die zu ersten Beanstandungen führte. In der Folge wurde ein Buchsachverständiger beauftragt. Nach dessen erstem Zwischenbericht im April 2008 übergab die Notariatskammer den Fall an das Oberlandesgericht Wien als Disziplinargericht. Der Notar wurde suspendiert, zeitgleich wurde eine Sachverhaltsdarstellung mit allen Unterlagen an die Staatsanwaltschaft Wien übermittelt.

Freispruch und bedingte Strafe für weitere Angeklagte

Auch zwei weitere Personen mussten sich vor Gericht verurteilen: Ein Mitangeklagter wurde freigesprochen, der andere fasste zehn Monate bedingt wegen Beteiligung am Amtsmissbrauch aus. Alle drei Urteile sind nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab. Die drei Angeklagten nahmen ihre Urteile an.

Als mildernd führte Richter Slawomir Wiaderek in seiner Begründung die reumütigen Geständnisse des Notars und seines ehemaligen Notariatskandidaten an. Der 38-Jährige hatte sich heute doch teilweise schuldig bekannt, in einem Verlassenschaftsverfahren einer 2005 verstorbenen 97-jährigen Pensionistin einen Teil der Protokolle wahrheitswidrig verfasst zu haben.

Zu Verfahrensbeginn am vergangenen Montag hatten die Beschuldigten noch die Beteiligung am Amtsmissbrauch von sich gewiesen. Das Strafausmaß bezeichnete der Richter als „angemessen“ und als „generalpräventiv“ zu sehen. Hinsichtlich des Freispruchs merkte er an, dass dieser „im Zweifel“ für den Angeklagten erfolgte. Als Motiv hatte der ehemalige Notariatskandidat angeführt, seinen Job behalten haben zu wollen und daher auf Anweisung des Notars unrichtige Angaben in den Protokollen verfasst zu haben. Inwieweit der zweite Mitangeklagte, der damalige Verlassenschaftskurator, davon gewusst hatte, blieb größtenteils unklar, berichtet die Austria Presse Agentur (APA).