Mutmaßlicher Dschihadist: Prozess vertagt

Der Prozess gegen einen mutmaßlichen Dschihadisten in Krems ist am späten Donnerstagabend vertagt worden. Der Beschuldigte soll sich in Syrien zu einem Kämpfer des IS ausbilden haben lassen. Die Verhandlung wird am 11. Februar fortgesetzt.

Nach mehr als zwölf Stunden Verhandlung beantragte die Verteidigung am Donnerstagabend unter anderem die Anhörung eines - in Deutschland mittlerweile enthafteten - Verdächtigen. Bei ihm wurde der Reisepass des 30-jährigen Beschuldigten sichergestellt. Die Einvernahme soll laut Verteidung beweisen, dass der Angeklagte keiner Terrororganisation angehört habe.

Der Mann, mit dem der Angeklagte WhatsApp-Kontakt hatte, sollte heute als Zeuge per Videokonferenz zugeschaltet werden, erschien aber nicht. Weiters sollen Asylwerber aus Heidenreichstein als Zeugen gehört werden. Auch die Staatsanwaltschaft will einen Experten hören zum Beweis dafür, dass der IS schon vor 2014 existierte.

40 Polizisten und Beamte der Cobra im Einsatz

Der Prozess fand unter starker Polizeipräsenz und strengen Sicherheitsvorkehrungen statt, der Beschuldigte war den ganzen Tag über von vier mit Schutzwesten und Masken ausgerüsteten Sicherheitsbeamten flankiert. Der tschetschenische Asylwerber sei kein Attentäter, sondern vielmehr in Syrien gewesen, um Flüchtlingen zu helfen, sagte Verteidiger Wolfgang Blaschitz.

Die vorgeworfene Kampfausbildung, nachdem er sich laut Staatsanwaltschaft in Syrien einer IS-Untergruppe (Islamischer Staat) angeschlossen hatte, sei aufgrund der signifikanten Sehschwäche seines Mandanten gar nicht denkbar. Der Anwalt versuchte auch darzulegen, dass sich die Terrororganisation zum Zeitpunkt des Syrienaufenthaltes des 30-Jährigen - von Juli bis Dezember 2013 - noch gar nicht etabliert hätte - mehr dazu in Mutmaßlicher Dschihadist „nicht schuldig“.

Die Staatsanwaltschaft wertete die vorgeblich karitativen Zwecke als Schutzbehauptungen - gestützt durch unzählige auf den Mobiltelefonen des Angeklagten gesicherten und ausgewerteten Dateien. Laut Anklage hatte der Aufenthalt in Österreich ausschließlich den Zweck, seine Sehschwäche behandeln zu lassen, um danach wieder nach Syrien zurückzukehren.

„Der Dschihad bringt nur Krieg und Leid“

„Ohne Dschihad ist das kein Leben. Nachdem ich meine Augen in Ordnung bringe, komme ich zurück wenn Allah erlaubt“, wurde etwa in der Anklageschrift aus den dokumentierten WhatsApp-Mitteilungen des Angeklagten zitiert. In der Verhandlung heute betonte er, dass der Dschihad nur Krieg und Leid bringe, laut der muslimischen Religion solle man seinem Nächsten nur Gutes tun.

Der Anwalt meinte, dass der 30-Jährige wohl nur „männlich wirken“ wollte, als er insbesondere an Frauen Handyfotos schickte, die ihn mit Waffe zeigten. Diese Geltungssuche sei moralisch nicht einwandfrei, sein Mandant deshalb aber noch kein Todeskrieger.

Hingegen sprach eine Beamtin des Verfassungsschutzes davon, dass sich IS-Flagge und -Inhalte quer durch alle von dem 30-Jährigen benutzten Kommunikationsplattformen und soziale Netzwerke ziehen würden. Gesichert wurden 40.000 Bilddateien und 20.000 Videos, rekonstruiert wurde auch der Internet-Verlauf, wo er sich über Syrien und den Islamischen Staat erkundigte und u.a. Propaganda-Spots herunterlud.