Hering will „Exemplarisches“ zeigen

Mit Beginn der Intendanz von Markus Hinterhäuser ab 2017 wird Bettina Hering Schauspielchefin der Salzburger Festspiele. Hering, derzeit Künstlerische Leiterin am Landestheater Niederösterreich, will in Salzburg „Exemplarisches“ zeigen.

„Hering rennt nicht blind hippen Moden hinterher, ist neugierig in alle Richtungen. In St. Pölten macht sie mutiges Theater und erzielt damit Besucherrekorde“, schreibt Egbert Tholl in der „Süddeutschen Zeitung“ über die 1960 in Zürich geborene Schweizerin, deren Engagement nach Salzburg am Freitag bekannt wurde.

Bettina Hering studierte Germanistik, Philosophie und anthropologische Psychologie. Es folgten Regieassistenzen am Hamburger Schauspielhaus und an den Städtischen Bühnen Frankfurt am Main, dabei arbeitete sie mit Regisseuren wie Peter Palitzsch, Einar Schleef und Hans-Jürgen Syberberg zusammen.

Bettina Hering

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Bettina Hering: „Mit Markus Hinterhäuser gemeinsam spartenübergreifend inhaltliche Wegmarkierungen zu definieren und diese mit Verve und Esprit umzusetzen, ist eine wunderbare Herausforderung“

Seit 1991 lebt Hering in Wien, wo sie als Regisseurin und freischaffende Dramaturgin tätig war - unter anderem für das von Robert Schindel und Rudolf Scholten gegründete Festival „Literatur im Nebel“. Seit der Spielzeit 2012/2013 ist Hering Künstlerische Leiterin am Landestheater Niederösterreich in St. Pölten, wo sie neben Eigenproduktionen und internationalen Gastspielen auch das partizipative Format des Bürgertheaters veranstaltete.

noe.ORF.at: Frau Hering, wie war das Gefühl, als Sie und Markus Hinterhäuser sich über ihre Rolle als neue Schauspielchefin und über die Inhalte geeinigt hatten?

Bettina Hering: Dem sind sehr viele Gespräche vorangegangen, es war ein langer Prozess. Es gab eine intensive Diskussion darüber, wie wir uns das vorstellen würden, auch unsere gemeinsame Arbeit.

noe.ORF.at: Wie und wo wollen sie das Schauspiel bei den Festspielen positionieren?

Bettina Hering: Natürlich kann ich inhaltlich und über das Programm noch nichts sagen, das werden wir erst bei einer Pressekonferenz 2016 bekannt geben. Grundlegend ist für uns beide wichtig, dass man mehr spartenübergreifend und dramaturgisch denkt, das liegt uns beiden sehr am Herzen.

noe.ORF.at: Die Salzburger Festspiele sind ein weltweit bekanntes Festival, das auch gleichzeitig zu den wichtigsten zählt. Die Festspiele sind quasi in der Champions League der Kultur. Was sollen die Festspiele Ihrer Ansicht nach sein?

Bettina Hering: Die Festspiele spielen sicher in dieser Liga. Sie haben immer bewiesen, dass sie exemplarische Projekte gestartet und exemplarische Produktionen gezeigt haben. Es ist eine wichtige Aufgabe, zu sagen, was ist gerade inhaltlich und ästhetisch sehr aussagekräftig, und was muss nach Salzburg. Ich finde, eine Gesamtdramaturgie ist unglaublich wichtig, mit einer extremen Aussagekraft.

Bettina Hering zeigt nach oben

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noe.ORF.at: Hat sich Markus Hinterhäuser vielleicht auch deswegen für Sie entschieden, weil sie das, was sie soeben skizziert haben, auch in St. Pölten machen?

Bettina Hering: Ich glaube, die Summe der Erfahrungen macht’s, ich möchte gar nicht darüber spekulieren. Ich habe viel Erfahrung im literarischen Bereich, und natürlich stählt auch der Tagesbetrieb in St. Pölten. Dem vorangegangen sind auch 30 Jahre Arbeit im Theaterbetrieb, in allen möglichen Funktionen - das schadet auf keinen Fall, würde ich sagen.

noe.ORF.at: Sie stehen für ein offenes Theater, Kinder- und Jugendtheater hat in St. Pölten einen hohen Stellenwert, es gibt internationale Gastspiele der Spitzenklasse, Produktionen und Schauspielerinnen wurden für den Nestroy-Preis nominiert. Dennoch rümpfen viele heute noch immer die Nase über die Theaterangebote in den Landeshauptstädten.

Bettina Hering: In jedem Theater und in jedem Ort stecken unglaubliches Potenzial. Man muss sich überlegen, wo und für wen man Theater macht. Die Dinge müssen durchdacht sein, das ist meine Erfahrung aus den letzten Jahren. Ich muss wissen, was ich mit einem Spielplan will. Er muss gesellschaftlich verankert sein, er muss eine Relevanz haben – und dann kann ich die Menschen auch erreichen. Dann merken sie, dass die Anliegen nicht pädagogisch sind – denn darum geht es auch gar nicht –, sondern theatralisch aufbereitet.

noe.ORF.at: Stichwort Spielplan. Bleibt der „Jedermann“ auf dem Spielplan der Salzburger Festspiele?

Bettina Hering: Da würde ich davon ausgehen.

noe.ORF.at: Gibt es Stücke, die sie in Salzburg unbedingt zeigen möchten?

Bettina Hering: Die gibt es bestimmt, aber ich werde Ihnen die Frage trotzdem jetzt nicht beantworten können.

noe.ORF.at: Markus Hinterhäuser sprach von einer „Redimensionierung der Festspiele“ und er sagte, dass es „weniger“ werden wird. Was wird auf sie noch zukommen?

Bettina Hering: In dem Sinne ist es keine Redimensionierung, vom Schauspiel her gesehen. Es geht nicht darum zu sagen, da werden Produktionen gekürzt. Die Frage ist, wie man sie und was man auf die Beine stellt.

noe.ORF.at: Ihre Vorgänger in dieser Funktion heißen Jürgen Flimm und Sven-Eric Bechtolf. Große Kaliber, oder?

Bettina Hering: Ich bin mit der Historie von Salzburg sehr gut vertraut, ich habe in den letzten Jahren auch viele Vorstellungen besucht, Operninszenierungen ebenso wie Schauspielaufführungen. Nicht schrecken lassen, sondern arbeiten – ich denke, dass ich mit meiner Arbeit zeigen werde, wo das Schauspiel in Salzburg positioniert sein soll.

noe.ORF.at: Was wird in St. Pölten noch auf der Tagesordnung stehen? Sie bereiten Ihre letzte Saison vor.

Bettina Hering: Ich bin mitten im Abschluss der Saison 2015/16 hier in St. Pölten. Es wird eine spannende und pralle Spielzeit, die gut zum Landestheater passt, es wird eine sehr vitale Spielzeit.

noe.ORF.at: Sie haben seit Ihrem Amtsantritt am Landestheater sehr viel bewirkt. Gehen Sie nun mit einem lachenden und einem weinenden Auge nach Salzburg?

Bettina Hering: Ja, so ist es. Ich bin und arbeite sehr gerne hier. Es ist ein tolles Team, das sehr engagiert ist. Es herrscht hier eine wirklich wunderbare Atmosphäre. Natürlich konnte ich bis jetzt viel umsetzen, und das werde ich in der kommenden Spielzeit auch noch einmal ordentlich vorantreiben. St. Pölten ist eine ganz wichtige Station, aber sicher freue ich mich natürlich auch sehr auf die nächste Station.

Das Gespräch mit Bettina Hering führte Reinhard Linke, noe.ORF.at.

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