Die „Superwelt“ von Karl Markovics

Mit seinem Regiedebüt „Atmen“ hat Karl Markovics vor vier Jahren Kritiker wie Publikum begeistert. Jetzt kommt sein zweiter Film „Superwelt“ ins Kino, für den in Niederösterreich gedreht wurde und in dem auch Gott eine Rolle spielt.

Mit einer alltäglichen Szene hat es begonnen, „mit einer Supermarktkassierin, die beim Reinigen ihres Förderbands ins Leere schaut“, erzählt Karl Markovics. Aus der Frage, woran sie wohl gerade denke, wurde Markovics’ zweites Regiewerk „Superwelt“, ein Kinodrama über eine Supermarktangestellte, die plötzlich Gott begegnet. Am Montagabend feiert der vom ORF kofinanzierte Film seine Weltpremiere im Berlinale-Forum.

noe.ORF.at: Wie sind Sie auf die Geschichte gekommen?

Karl Markovics: Ich weiß nur, wo ich drauf gekommen bin - nämlich in einem Supermarkt. Dort habe ich eine Verkäuferin beobachtet, die ins Leere geschaut hat, während sie ihr Laufband abgewischt hat. Diese Frau hat auf eine so spezielle Art ins Narrenkastl geschaut. Ich habe mich gefragt: Woran denkt die jetzt gerade? Was ist, wenn die jetzt gerade Gott hört? Das wär doch eine spannende Geschichte. Gerade bei einem Menschen, bei dem man es nicht vermuten würde. Warum kommt der immer zu Propheten, zu ganz wichtigen Leuten, zu Königen? Warum kommt Gott nicht zu einer ganz einfachen Frau? Damit hat die Geschichte angefangen.

Karl Markovics hinter der Kamera

Thimfilm/Hubert Mican

noe.ORF.at: Zwei Jahre lang haben Sie an der Geschichte gearbeitet. Wie gehen Sie selbst mit dem Thema „Religion“ um? Glauben Sie an Gott?

Markovics: Ja! Ich wünsche mir immer wieder, an Gott zu glauben. Aber Religion spielt keine Rolle in meinem Leben. Ich trenne das stark. Ich habe auch versucht in dem Film den Gott, der meiner Hauptdarstellerin begegnet, von Religion im Grunde zu trennen. Ich habe nicht das Gefühl, dass Gott und Religion zwangsläufig zusammen gehören. Auf jeden Fall kann Gott ohne Religion ganz gut leben. Aber Religion ohne Gott nicht.

noe.ORF.at: Sie haben „Superwelt“ überwiegend in Niederösterreich gedreht. Warum gerade hier?

Markovics: Wir haben im Gebiet Bruck an der Leitha gedreht bis rüber an den Neusiedlersee ins Burgenland. Diese ganze südöstlich von Wien gelegene Randzone hat mich wahnsinnig interessiert, weil das eine Gegend ist, die man - flapsig gesagt - nur vom Drüberfliegen oder Durchfahren kennt. Es ist unglaublich, wie spannend gerade Gegenden sind, wo man glaubt, dass da nichts ist. Das sind meistens die interessantesten, die aufregendsten und die spannendsten Gegenden. Da findet man plötzlich mittendrin eine Weingegend wie Göttlesbrunn, tolle Radwege und die Windräder, die mich sehr fasziniert haben.

Filmszene aus "Superwelt"

Thimfilm/Petro Domenigg

Filmszene aus „Superwelt“

noe.ORF.at: Haben Sie eine besonders schöne Erinnerung an die Dreharbeiten?

Markovics: Besonders schön war für mich eigentlich ein Erlebnis vor den Dreharbeiten. Wir hatten zwei große Castings für die Komparsen und Kleindarsteller. Das erste große war in Bruck an der Leitha im Stadttheater. Da sind etwa 150 Leute gekommen. Und ich bin heute noch stolz darauf, dass ich jeden Menschen, der in meinem Film mitspielt, persönlich kennen gelernt habe. Ich fand das ganz großartig, dass Leute in ihrer Freizeit hergekommen sind, über ihr Leben erzählen und möglicherweise in einem Film mitspielen. Viele haben das dann ja auch gemacht, etwa bei der Szene in der Kiesgrube oder im Supermarkt. Auch, wenn die Szenen nur sehr kurz sind, haben sie eine Bedeutung.

noe.ORF.at: Was hoffen Sie, wie die Kinobesucher den Film aufnehmen werden?

Markovics: Ich wünsche mir, dass etwas passiert. Wenn Sie zum Beispiel am Ende des Films rausgehen und sagen: „Was war das jetzt eigentlich?“, und Sie sich dann erst Tage oder Wochen später immer noch Gedanken über den Film machen, dann ist das eigentlich eh schon das Schönste, was ich mir für einen Film wünschen kann.

Karl Markovics

Dieter Nagl/Thimfilm

noe.ORF.at: Mit Ihrem Regiedebüt „Atmen“ haben Sie vor vier Jahren Kritiker wie Publikum begeistert. Spüren Sie bei Ihrem zweiten Film einen großen Druck?

Nein, den Druck mache ich mir nicht. Das wäre auch unsinnig, weil „Superwelt“ ein komplett anderer Film ist. Wenn sich jemand so etwas wie „Atmen“ erwartet wird er sicherlich enttäuscht. Erfolgt ist etwas sehr Relatives. Es freut einen natürlich, wenn der Film viele Zuschauer hat, aber wirklich messbar ist Qualität nie im Endeffekt, weder an Zuschauern noch an Preisen. Das ist etwas so extrem Subjektives und kann und soll auch gar nicht anders sein.

noe.ORF.at: Was sind Ihre nächsten Projekte? Wieder ein Film, wo Sie als Regisseur hinter der Kamera stehen oder als Schauspieler vor der Kamera?

Ich drehe heuer sehr viel. Aber ich arbeite auch an einen Drehbuch. Da weiß man aber nie, wie lange das dauert. Ob es etwas Lustiges oder etwas Ernstes wird, das kann man jetzt noch nicht sagen, dafür wäre es zu früh. Aber ich stehe heuer sehr viel vor der Kamera, hauptsächlich in ausländischen Produktionen. Also fad wird mir nicht.

Das Gespräch führte Doris Bachler, noe.ORF.at

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