Junge Alkolenker warnen Fahrschüler

Junge Lenker, die alkoholisiert einen Unfall mit Verletzten oder gar Toten verursacht haben, erzählen an Fahrschulen über den Unfall und dessen Folgen. Damit warnen sie Fahranfänger vor Alkofahrten und ersparen sich auch einen Teil der Strafe.

Paul Reif hatte vor eineinhalb Jahren nach einer durchzechten Nacht betrunken einen Unfall verursacht. Ein Mensch kam dabei ums Leben, eine Person wurde schwer, eine weitere leicht verletzt. „Ich habe mir gedacht, dass ich eine Runde um den Block gehe. Kopfweh hatte ich nicht, Alkohol habe ich auch keinen mehr gespürt. Ich dachte mir, ich fahre heim und schlafe dort - ist ja nicht mehr weit. Das nächste, an das ich mich erinnern kann, ist, dass ich auf der Intensivstation munter geworden bin.“

„Durch eigene Blödheit jemanden umgebracht“

Eine Ärztin und seine Eltern erzählten ihm von dem schweren Unfall, der nur einen Kilometer von seinem Zuhause entfernt passiert war. Reif war mit seinem Auto auf die linke Spur geraten, hatte ein Auto gestreift und war ins Schleudern geraten. Ein weiteres Auto konnte nicht mehr ausweichen. Der junge Mann erlitt schwere Verletzungen: Sein Mittelfußknochen war gebrochen, der rechte Lungenflügel gequetscht, der Dickdarm war eingerissen. Er wurde mit dem Notarzthubschrauber ins Krankenhaus geflogen.

Der Unfall forderte zudem einen Leichtverletzten und einen Schwerverletzten, ein weiterer Lenker erlag noch an der Unfallstelle seinen schweren Verletzungen. „Der Gedanke, dass man durch die eigene Blödheit einen Menschen umgebracht hat, vergeht nicht so leicht“, so Reif, der lange gebraucht hatte, um halbwegs normal weiterleben zu können.

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Vortrag statt Haftstrafe

Das Projekt „close to“ gibt es in Österreich seit zehn Jahren, seit 2010 findet es auch in den Fahrschulen in Niederösterreich statt. „Wir hoffen dadurch, dass wir junge Verkehrsteilnehmer vor solchen Unfällen bewahren können“, sagt Johannes Neudorfer, Peer Coach im Projekt „close to“. „Denn es hat sich gezeigt, dass diese Leute aufnahmefähiger sind, wenn ihnen ein Gleichaltriger so etwas erzählt, als wenn ein 50-jähriger Fahrschullehrer sagt, sie dürfen beim Fahren nichts trinken.“

In Niederösterreich haben sich bisher 5.800 Fahrschülerinnen und Fahrschüler die Unfallgeschichten junger Lenker angehört. Etwa 100 junge Menschen, die Unfälle unter Alkoholeinfluss verursacht haben, erzählen im Rahmen des Projekts österreichweit ihre Geschichten in Fahrschulen. Sie werden von den Gerichten - oft als Ersatz für eine Haftstrafe - zu zehn bis 20 Pflichteinheiten in Fahrschulen verurteilt.

„Diese Schuld kann man nicht begleichen“

Paul Reif hat sich dazu entschieden, selbst nachdem er die Pflichteinheiten absolviert hatte, weiterzumachen - auch wenn es ihm oft schwer fällt, über den Unfall zu sprechen. „Diese Schuld kann man nicht begleichen. Es gibt mir aber ein gutes Gefühl, wenn ich weiß, dass sich jemand, der sonst betrunken gefahren wäre, das aufgrund meiner Erzählung vielleicht doch noch überlegt.“

Wie gefährlich Alkohol am Steuer ist, belegen die Zahlen: Knapp 500 Verkehrsunfälle sind 2013 in Niederösterreich unter Alkoholeinfluss passiert, mehr als 600 Menschen wurden dabei verletzt, vier sogar getötet.