Androsch: „Vorzeichen nicht erkannt“

Der zuständige Landesrat Maurice Androsch (SPÖ) erwartet sich vom Asylgipfel, der am Freitag stattfindet, einen Lückenschluss zwischen Bund und Ländern. Im Hinblick auf die Flüchtlingswelle sagt er, dass die Vorzeichen nicht erkannt wurden.

noe.ORF.at: Was erwarten Sie sich vom Asylgipfel? Ist mit konkreten Beschlüssen zu rechnen?

Maurice Androsch: „Wir stehen vor einer großen Herausforderung in Österreich, wir sind einer Massenflucht ausgesetzt und Österreich ist ein Land geworden, in dem sich sehr viele Flüchtlinge um Asyl bewerben. Ich erwarte mir einen Schulterschluss zwischen Bund und Ländern und natürlich erwarte ich mir, dass Beschlüsse gefasst werden.“

noe.ORF.at: Wie können diese Beschlüsse aussehen? Was soll der Schulterschluss bringen, nachdem nach wie vor nur drei Bundesländer ihre Quote erfüllen?

Androsch: „Es ist eine Frage der Gesamtheit Österreichs. Im Hinblick auf die Entlastung von Traiskirchen ist es wichtig, dass die Quoten erfüllt werden und ich bin überzeugt, dass die Länder alles tun werden, um ihre Quoten zu erfüllen und entsprechende Plätze zu schaffen. Wir werden mit klaren Zielen nachschärfen, wie viele Plätze in Zukunft geschaffen werden können.“

noe.ORF.at: Wie sieht dieses Ziel aus? Um wie viele Plätze geht es?

Androsch: „Alleine im Mai sind 6.000 Asylanträge gestellt worden. Wir rechnen in Österreich heuer mit 70.000 Asylwerbern, im Vorjahr waren es 25.000 und dadurch ergibt sich, dass wir viele Plätze brauchen. Es ist so, dass die Hälfte einen Asylstatus bekommt und im Bundesgebiet bleibt, aber nicht in der Grundversorgung und daher auch Plätze frei werden. Es muss daher nicht jeder einzelne Platz neu geschaffen werden, aber es müssen neue Plätze geschaffen werden.“

noe.ORF.at: Derartige Gipfel haben schon mehrmals stattgefunden, in der Sache selbst hat sich bislang aber kaum etwas getan. Wäre es nicht denkbar, über die säumigen Bundesländer hinweg zu entscheiden?

Androsch: „Diese Art der Politik ist nicht zielführend. Man muss die Bedürfnisse der Länder sehen, man muss die Bedürfnisse des Bundes sehen und man muss die Grundvoraussetzungen sehen, denen wir mit dieser starken Flüchtlingswelle ausgeliefert sind. Wir haben gewisse Vorlaufzeiten bei der Schaffung von neuen Quartieren. Das heißt von der Genehmigung des Quartiers bis zu dem Zeitpunkt, wo man dieses tatsächlich besetzen kann, ist es eine kurze Zeit. Aber die Vorlaufzeit, bis man tatsächlich einen Platz geschaffen hat, beträgt ein bis zwei Monate und daher entsteht ein gewisser Stau, den man abarbeiten muss. Und hier ist es wichtig, schneller zu werden und die Perspektive zu schärfen. Darum wird es beim Asylgipfel gehen.“

noe.ORF.at: Seit die ersten Flüchtlinge nach Österreich gekommen sind, sind viele Monate vergangen und die Bundesländer hatten Zeit, entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Warum scheitert es dennoch?

Androsch: „Das ist immer wieder ein Kritikpunkt von mir, dass man in der Vergangenheit diese Vorzeichen nicht wirklich erkannt, sondern gehofft hat, dass die Flüchtlingswelle nicht so stark ist. Mit den Zahlen, wie sie sich jetzt zeigen, hat man wohl auch 2014 nicht gerechnet, aber doch mit einem deutlichen Anstieg. Seitens Niederösterreich setzen wir alle Anstrengungen, um das Delta, das sich hier ergeben hat, aufzuholen. Das ist wichtig und vor allem geht es um eine Entlastung von Traiskirchen, das als Stadt und Ernstaufnahmezentrum die Hauptlast trägt.“

noe.ORF.at: In Traiskirchen sind mittlerweile 3.000 Flüchtlinge untergebracht. Wussten Sie von dieser hohen Zahl?

Androsch: „Ich habe mir vor kurzem ein Bild der Lage in Traiskirchen gemacht. Die Situation ist sehr geordnet, aber angespannt auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die einer großen Herausforderung ausgesetzt sind. Das ist mir bewusst, das ist Niederösterreich bewusst, aber das muss man auch den anderen Bundesländern noch mehr bewusst machen, dass es notwendig ist, Traiskirchen zu entlasten und rasch tätig zu werden.“

Das Gespräch mit Maurice Androsch führte Gernot Rohrhofer, noe.ORF.at

Links: