Verdis opulenter „Don Carlo“

Johannes Wildner geht 2015 in seine zweite Saison als Intendant der Oper Burg Gars: Anders als den „Freischütz“ im Vorjahr legt er Giuseppe Verdis „Don Carlo“ als „opulentes und großartig ausgestattetes Renaissance-Drama“ an.

„Nach meiner turbulenten ersten Saison, dem ‚Freischütz‘ im Sommer 2014, sind wir mittlerweile in ruhigeren Gewässern angelangt und auch die Oper präsentiert sich in neuem Gewand“, erzählt Wildner über die neue Produktion, die am 17. Juli in Gars am Kamp (Bezirk Horn) Premiere feiert.

„Ich will das Repertoire um wertvolle Werke der Opernliteratur erweitern, die selten im Sommertheater gespielt werden, sich aber hervorragend für Gars eignen, weil sie – unter anderem – auf einer Burg spielen und im Geiste der Volksoper geschrieben wurden“, meint Wildner.

„Eine Inszenierung, haargenau an der Partitur“

„Regisseur Thilo Reinhart bleibt in seinem Konzept für die Inszenierung haargenau an der Partitur und dem Bild, das Schiller vom spanischen Hof in der beginnenden Neuzeit zeichnet“, so Intendant Wildner, der bei „Don Carlo“ auch am Dirigentenpult stehen wird.

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„Don Carlo“

Verdis Oper wird bis 8. August in Gars gespielt.

Paul Gay, der den „Filippo“ singt, kommt direkt von der Opera Bastille in Paris nach Gars: „Stimmlich besteht die Herausforderung bei dieser Rolle vor allem darin, Verdi mit seinen weiten, langen Phrasierungen gerecht zu werden und dabei nicht an Ausdrucksstärke zu verlieren.“

Die Sopranistin Alexandra Reinprecht: „Ich finde die Figur der Elisabetta unheimlich spannend, unter anderem, weil sie meine persönliche Situation in künstlerischer Hinsicht zur Zeit verkörpert: Die Zerrissenheit zwischen dem sogenannten leichten und dem schweren Fach. Die Elisabetta ist eine definitiv jugendlich dramatische Rolle und meine erste große Rolle als lirico spinto. Mir liegen diese weichen, ausdrucksstarken, runden Töne und ich freue mich sehr, dass ich nach Jahren als leichter lyrischer Sopran dorthin zurückkehren kann, wo ich als Studentin begonnen habe: im lirico spinto, dem jugendlich-dramatischen Sopran.“

„Gars soll ein kulturelles Kraftzentrum werden“

„Die Burg Gars wird zielstrebig zu einem kulturellen Kraftzentrum ausgebaut, das im neuen Stil, nachhaltig, tiefgängig und ernsthaft in die nähere und weiter Umgebung ausstrahlt“, erklärt Intendant Johannes Wildner.

noe.ORF.at: Warum haben Sie sich für dieses Stück entschieden?

Intendant Johannes Wildner: „Don Carlo“ ist eines der wichtigsten Stücke sowohl der deutschen Klassik als auch der italienischen Oper. Das Stück hat eine starke, bisweilen erschreckende Aktualität, wenn es um die Frage des Konfliktes zwischen Religion und Staat geht. Wir haben in Gars den Anspruch, die großen Meilensteine der romantischen Oper zu präsentieren. Dabei wollen und dürfen wir nicht immer im Kreis derselben vier oder fünf Stücke bleiben, die üblicherweise mit anbiedernder Gefälligkeit an das Publikum herangetragen werden, sondern müssen uns verantwortlich unserem Bildungsauftrag stellen, indem wir auch die größten Meisterwerke präsentieren, gerade dann, wenn sie uns vor schwierige Herausforderungen stellen.

noe.ORF.at: Warum soll man gerade heuer zu Ihnen nach Gars fahren?

Johannes Wildner: Das neue Gars hat sich den Herausforderungen der großen Oper mit einem völlig neuen Bühnenkonzept gestellt. Die Grundthematik und Aussage der Oper selbst ist sozusagen die Bühne. Ein riesiges Kreuz steht vor der Burg und sticht in diese hinein. Damit ist der Konflikt zwischen Staat und Kirche dargestellt, der das dramaturgische Rückgrat des Stückes bildet. Schon diese Podiumsinstallation ist so sehenswert, dass man in die Burg kommen soll, um sie anzusehen und auf sich wirken zu lassen. Die Einheit des Meisterwerkes von Verdi in der Regie von Thilo Reinhardt auf der erwähnten Podiumsinstallation von Asim Dzino wird zu einem beeindruckenden Gesamtkunstwerk, welches man gesehen haben muss.

noe.ORF.at: Wie sehen Sie Ihren Spielort in drei Jahren? Wie wollen Sie ihn entwickeln?

Johannes Wildner: Die Burg Gars wird zielstrebig zu einem kulturellen Kraftzentrum ausgebaut, das im neuen Stil, nachhaltig, tiefgängig und ernsthaft in die nähere und weiter Umgebung ausstrahlt. Kulturarbeit ist für uns nicht vordergründiges Schielen nach Quoten und Besucherzahlen, sondern ernsthafte Versorgung der Menschen mit dem Lebensmittel Kultur. Dabei wollen wir keinen Einheitsbrei kredenzen, sondern durchdachte Produktionen, die die Menschen begeistern und nachhaltig mit dem kulturellen Angebot unserer Heimat verschmelzen lassen.

noe.ORF.at: Worin sehen Sie die gesellschaftliche Aufgabe des Theaters, im speziellen die Aufgabe des Sommertheaters?

Johannes Wildner: Ob Theater oder Sommertheater ist in dieser Frage egal. Die gesellschaftliche Aufgabe des Theaters ist komplex. Die Trennung in die Teilbereiche Unterhaltung, Erbauung, Belehrung, Information oder ähnliches ist nicht sinnvoll. Theater muss immer ein Gesamtpaket als Mix aller dieser Elemente anbieten. Ein Hervorheben eines dieser Faktoren, etwa der Unterhaltung, die damit leicht zur seichten Unterhaltung wird, ist speziell für das Sommertheater fatal. Das Theater wird damit allzu leicht zur verzichtbaren Schmiere, die uns oberflächlich belustigt, ohne uns in irgendeiner Weise kulturelle Vollwertkost anzubieten.

noe.ORF.at: Was ist die Botschaft des Stücks?

Regisseur Thilo Reinhardt: Die Oper transportiert das zentrale Thema des idealistischen Schiller: Den Kampf um die Freiheit. Verdi, der Realist, kommt zu einem ernüchternden Schluss: Die Freiheit des Einzelnen, der sich in der Liebe verwirklichen will, ist so sehr durch politische, gesellschaftliche und religiöse Zwänge eingegrenzt, dass er diese Freiheit nur im Tod findet.

noe.ORF.at: Welche Inszenierungsmöglichkeiten bietet der Spielort und wie nützen Sie diese?

Thilo Reinhardt: Die Burg bietet für einen Regisseur fantastische Möglichkeiten. Der zentrale Konflikt des Stücks, der Kampf zwischen Staat und Kirche wird durch die Konfrontation des kreuzförmigen Holzstegs, der für die Kirche steht, und der Burgfassade, die den Staat repräsentiert, sofort plastisch ins Bild gesetzt. Die gewaltige Steinfassade mit ihren zahlreichen Fenstern kann ich für großartige Massenszenen und Tableaus nutzen, wie man sie in keinem Opernhaus realisieren kann.

„Don Carlo“

Die Premiere von Verdis „Don Carlo“ in der Garser Burg ist am 17. Juli. Weitere Aufführungen: 19., 22., 24., 26. und 30. Juli sowie 1., 5. und 8. August, Beginn jeweils um 20.00 Uhr.

Mitwirkende: Paul Gay, Oscar Marin, David Pershall, Alexandra Reinprecht, Nora Sourouzian, Bernd Hofmann, Krzysztof Borysiewicz und Aurora Perry
Dirigent: Johannes Wildner
Regie: Thilo Reinhardt
Bühnenbild: Asim Dzino
Kostüme: Luca Dall’Alpi
Intendanz: Johannes Wildner

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