20 Monate Haft für 15-jährigen Dschihadisten

Nicht einmal ein Jahr ist es her, dass ein jugendlicher Dschihadist aus St. Pölten zu zwei Jahren teilbedingter Haft verurteilt worden ist. Am Donnerstag stand der 15-Jährige erneut vor Gericht. Diesmal erhielt er 20 Monate Haft.

Der 15-Jährige wurde bereits im Mai 2015 wegen des Verbrechens der terroristischen Vereinigung zu zwei Jahren teilbedingter Haft verurteilt - mehr dazu in Dschihadismus: 14-Jähriger schuldig (noe.ORF.at; 25.5.2015). Nur wenige Wochen nachdem der heute 15-Jährige im vergangenen Sommer vorzeitig aus der Haft entlassen worden war, soll er rückfällig geworden sein. Dem Angeklagten wurde am Donnerstag vor Gericht vorgeworfen, zwischen Juni und November 2015 als Mitglied der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gewesen zu sein. Er soll versucht haben, drei Personen von der IS-Ideologie zu überzeugen, und wollte einen davon überreden, mit ihm in den Dschihad zu ziehen.

Dschihadismus-Prozess

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Der Prozess fand am Donnerstag unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt

Der Jugendliche sitzt bereits seit Jänner wieder in Untersuchungshaft. Vor Gericht bekannte er sich am Donnerstag laut seinem Verteidiger Rudolf Mayer schuldig, Propagandamaterial via WhatsApp übermittelt zu haben. Er bestritt aber den Vorwurf, andere für die Terrormiliz angeworben zu haben. „Zwei der drei waren genauso wie er vom IS überzeugt, sie haben sich ausgetauscht“, sagte der Verteidiger. „Die Kernfrage ist: Hat er sie zu überzeugen versucht oder waren sie schon überzeugt?“, so Mayer in seinem Eröffnungsvortrag. Mit der dritten Person sprach der Angeklagte laut Mayer nicht.

Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Der Prozess fand nach den Eröffnungsvorträgen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, um Rücksicht auf das Fortkommen des 15-Jährigen zu nehmen. „Der Angeklagte ist kein unbeschriebenes Blatt“, sagte Staatsanwalt Michael Lindenbauer. Mayer verwies darauf, dass sein Mandant in Österreich „entgegen seiner Begabung“ die Sonderschule besucht hatte. „Ein Erlebnis genügt, um sich diskriminiert zu fühlen. Das ist ein Nährboden für extremistische Handlungen“, meinte der Rechtsanwalt.

Der Bursch gab an, mit fünf Jahren nach Österreich gekommen zu sein. 2014 habe sich der Angeklagte radikalisiert, sagte der Staatsanwalt. Weisungen bei der ersten Verurteilung im Mai 2015 und engmaschige Kontrollen durch die Bewährungshilfe „sind erfolglos geblieben“, sagte Lindenbauer. Der Jugendliche habe weiterhin an der IS-Ideologie festgehalten. Der Staatsanwalt sprach von vier Zeugen, die den Beschuldigten insofern belasten würden, als sie sagten, dass er seine Einstellung gegenüber dem IS nicht geändert habe. Bei einer Auswertung des Handys seien außerdem Propagandabilder und -videos gefunden worden. Auch auf YouTube suchte der Jugendliche laut Anklagebehörde nach Propagandavideos.

Unbedingte Haft, kein Widerruf der Strafnachsicht

Bei dem Schöffenprozess am Donnerstag erhielt der Jugendliche 20 Monate unbedingte Haft bei einem Strafrahmen von bis zu fünf Jahren. Der Angeklagte wurde verurteilt, gegenüber einer Person IS-Propaganda gemacht und ihr zwei Lichtbilder geschickt zu haben. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, dass er andere im persönlichen Gespräch von der IS-Ideologie überzeugen wollte, war hingegen laut Richter Markus Grünberger nicht objektivierbar. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die im Mai 2015 gegen den Jugendlichen verhängte bedingte Haftstrafe von 16 Monaten sowie die bedingte Entlassung aus der Haft im Ausmaß von zwei Monaten und 20 Tagen wurden nicht widerrufen. Mayer hatte sich gegen einen solchen Widerruf ausgesprochen. Er betonte, dass die Delikte in diesem Prozess geringfügiger seien als bei der Verhandlung im Mai 2015. Damals lautete die Anklage, dass sich der Jugendliche mit Plänen befasst habe, den Wiener Westbahnhof zu sprengen, und im Internet nach Anleitungen zum Bau von Sprengvorrichtungen gesucht hatte.

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