Wahlausgang für Pröll „unglaubliche Chance“

Das Ergebnis der Bundespräsidentenwahl sollte nicht überbewertet werden, meinte Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) am Dienstag. Es sei vielmehr wichtig, sich nun wieder voll auf die Arbeit in der Republik zu konzentrieren.

Die Wählerbindung zu Parteien habe in den vergangenen Jahren „unglaublich“ abgenommen. Das sei für die einen eine Bedrohung, für die anderen aber eine Chance, betonte Pröll. Würde etwa in wenigen Wochen eine Regierung gewählt, würde das Ergebnis „vollkommen anders aussehen“, zeigte er sich im Interview mit ORF Niederösterreich-Chefredakteur Robert Ziegler überzeugt.

noe.ORF.at: Die Bundespräsidentenwahl ist vorbei. Viele Wahlbeobachter sprechen jetzt von einer Spaltung des Landes, andere wiederum von einer neuen „Buntheit“. Wie bewerten Sie den Wahlausgang?

Erwin Pröll: Die Fakten zeigen, dass die Wählerbindung an politische Parteien unglaublich abgenommen hat. Für die einen ist das eine Bedrohung, für die anderen eine Chance. Ich sage Ihnen ganz offen, ich werte das als eine unglaubliche Chance, nicht zuletzt auch deswegen, weil es letztendlich auch Motivation für die politisch Verantwortlichen bedeuten kann. Ich bin auch überzeugt davon, wenn in wenigen Wochen Nationalratswahlen oder eine Landtagswahl abgehalten werden würden, würde das Wahlergebnis mit Sicherheit wieder vollkommen anders aussehen, als es sich am Sonntag beziehungsweise Montag gezeigt hat.

Ich hoffe sehr, dass damit deutlich sichtbar wird, dass tatsächlich das demokratische Spiel in der Republik immer mehr und mehr nach oben geht. Das ist auch gut so, denn schließlich und endlich bin ich überzeugt davon, dass auf diese Art und Weise nicht nur die politische Landschaft bunter wird, sondern auch effizienter gestaltet werden kann.

Erwin Pröll

ORF

Nach der Bundespräsidentenwahl solle man sich jetzt wieder auf Sachfragen und die Sachpolitik konzentrieren, sagte Pröll im Interview

noe.ORF.at: Was bedeutet dieser Wahlausgang, vor allem das starke Abschneiden des FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer, jetzt für die Zusammenarbeit in der Bundesregierung, für SPÖ und ÖVP und speziell auch für Ihre Partei, die ÖVP?

Pröll: Ich würde glauben, dass die beiden Kandidaten, die am Sonntag zur Wahl gestanden sind, einen schweren Fehler machen würden, wenn sie die Stimmen, die sie für sich verbucht haben, auf ihre politische Heimat umwälzen würden. Persönlichkeitswahlen sind Persönlichkeitswahlen, vollkommen abgehoben von politischen Parteien. So gesehen wäre es ein falscher Rückschluss am Weg in die Zukunft, zu glauben, dass deswegen die politische Landschaft noch deutlicher durcheinander gekommen wäre, als sich das in den vergangenen Jahren gezeigt hat.

noe.ORF.at: Rechnen Sie angesichts dieser neuen politischen Lage mit vorgezogenen Nationalratswahlen, also nicht erst 2018, sondern früher?

Pröll: Wahltermine sind kein Ergebnis von Rechenbeispielen. Ich konzentriere mich jetzt auf die gegebene neue Situation mit einem neuen Bundespräsidenten, aber auch mit einem neuen Bundeskanzler. Ich hoffe sehr, dass wir in der innenpolitischen Arbeit jetzt wieder in ein ruhiges Fahrwasser hineinkommen, wo man sich auf die Sachfragen und die Sachpolitik konzentriert. Alles andere wird sich am Weg in die nächsten Monate weisen. Ich gehe zunächst einmal davon aus, dass der offene Willen, der kundgetan wurde - nämlich in der Bundesregierung konstruktiv zusammenarbeiten zu wollen - umgesetzt wird.

noe.ORF.at: Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen für den neuen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen?

Pröll: Der entscheidende Punkt ist, dass man jetzt wieder auf einen realistischen Boden beim Amt des Bundespräsidenten zurückfindet. Was in den Wahlkämpfen in den zurückliegenden Wochen und Monaten alles an Kraftmeierei in der Republik verbreitet wurde, ist zum Teil sehr weit überzogen. Jeder, der die politische Praxis in der Hofburg kennt, weiß ganz genau, dass nicht Kraftmeierei angesagt ist, sondern ein sinnvoller, vernünftiger, bodenständiger Umgang mit der gegebenen Situation in der Republik.

Das Entscheidende ist, verbindlich zu sein, zusammenzuführen und nicht durch Kraftausdrücke oder extreme Wege unter Umständen Konflikte heraufzubeschwören, die man nicht braucht. Ich bin überzeugt davon, dass der künftige Bundespräsident aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur absolut in der Lage ist, das umzusetzen und, dass wir jetzt wieder den Boden der Realität relativ rasch erreichen müssen.

Das Gespräch führte Robert Ziegler

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