Vom Fischerdorf zur gesunden Gemeinde

Bad Erlach (Bezirk Wr. Neustadt) hat eine erstaunliche Entwicklung hinter sich. Aus dem einstigen Fischerdorf in der Buckligen Welt wurde eine Gesundheitsgemeinde, die mittlerweile als Vorzeigeort für die ganze Region gilt.

Im kleinen Heimatmuseum von Bad Erlach findet man sie noch, die handgeschlagenenen Ziegel aus Lehm und die Webschiffchen aus den zwei großen Textilwerken des Ortes. Beides sind Symbole für das, was hier früher hunderten Menschen Arbeit und Brot gab. Und das war keine leichte Arbeit. In den Weberein wurde 16 Stunden pro Tag gearbeitet, auch Kinderarbeit war selbstverständlich, natürlich auch in den elf Ziegelwerken des Ortes.

Bad Erlach

Gemeinde Bad Erlach/ Tomsich

Im Ort gab es um 1850 Zwei Webereien und elf Ziegelwerke

Mit der Hochblüte der Textil- und Ziegelindustrie in der Gemeinde, gab es damals auch einen gewaltigen Zuzug. So kamen in den 700-Einwohner-Ort noch einmal 700 Ziegelarbeiter aus Böhmen sowie etwa 200 Weber aus Mähren hinzu. Das vereinfachte das Zusammenleben im Ort nicht, weiß Hans Tomsich, der sich intensiv mit der Industriegeschichte Bad Erlachs befasst. Es habe viele Auseinandersetzungen gegeben, auch weil man sich zunächst untereinander nicht verstand. Vielmehr brauchte es Jahrzehnte, ehe die sozialen Beziehungen besser wurden, sagte Tomsich.

Gemeinde musste wieder bei Null anfangen

Doch nach der Industriellen Revolution und später in der Zwischenkriegszeit war man nicht mehr konkurrenzfähig, der Niedergang begann. „Nach dem Zweiten Weltkrieg sind die Ziegel- und die Textilindustrie eingebrochen und Erlach musste wieder von Null anfangen“, erzählt Tomsich. Nach dem Zusammenbruch der Industrie stand Bad Erlach jahrzehntelang de facto still. Lediglich einige Betriebe siedelten sich an, die aber nicht genügend Arbeitsplätze schafften. Die Gemeinde war folglich verzweifelt auf der Suche nach neuen Entwicklungsmöglichkeiten.

Statt Trink wurde Thermalwasser entdeckt

An dieser Stelle kam der Zufall ins Spiel. Auf der Suche nach Trinkwasser entdeckte man 2004 Thermalwasser und damit eine große Chance für den Ort. Das Leitprojekt dafür wurde die Asia Therme im Ortsteil Linsberg - mehr dazu in Fünf Jahre Therme Linsberg Asia (noe.ORF.at; 8.8.2013). Fast 70 Millionen Euro wurden daraufhin in den Gesundheitsbereich investiert, auch das Land Niederösterreich förderte das Vorhaben massiv.

Die Therme wurde 2008 eröffnet und erwies sich als erfolgreich. 220.000 Tagesgäste und rund 45.000 Übernachtungen wurden vom Betreiber - dahinter stehen viele unterschiedliche private Investoren - für das Jahr 2015 gemeldet. Gleichzeitig ist man sich sicher, dass es der Therme nicht schaden wird, dass Gäste künftig mindestens 16 Jahre alt sein müssen, um in die Therme eintreten zu dürfen. Kinder sind seit 1. Oktober 2016 nämlich nicht mehr erlaubt - mehr dazu in Therme Linsberg: Kinder müssen draußen bleiben (noe.ORF.at; 4.5.2016). Konkret argumentieren die Betreiber, dass für die Thermengäste Ruhe und Erholung im Mittelpunkt stünden. Allerdings müssen Gerichte klären, ob diese Regelung aufrecht erhalten werden darf.

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In die Asia Therme Linsberg dürfen nur mehr Gäste ab 16 Jahren

Rehabilitation für Krebspatienten

Der nächste Schritt in der Entwicklung von Bad Erlach zur Gesundheitsgemeinde wurde mit dem Lebensmedizinschen Zentrum gesetzt - mehr dazu in Neues Krebs-Rehabilitationszentrum geplant (noe.ORF.at; 23.1.2013). Es wurde vor zwei Jahren eröffnet. Hier wird versucht krebskranken Menschen bei der Rehabilitation zu helfen. „Es ist auch ein sehr gutes und angenehmes Gefühl, Patienten auf ihrem Weg zurück ins Leben zu helfen und sie zu unterstützen. Das dürfen wir seit zwei Jahren in einer hohen Qualität und mit einer hohen Zufriedenheit machen“, zeigte sich Verwaltungsleiter Norbert Braunstorfer mit der Entwicklung zufrieden.

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Im LebensmedZentrum werden rund 120 Krebspatienten betreut

Beide Projekte zusammen, die Asia Therme und das Lebensmedizinische Zentrum, bedeuten für die Gemeinde 260 Arbeitsplätze. „Wir sind eine Gemeinde, die noch in den letzten 20 Jahren eine Abwanderungsgemeinde war. Jetzt haben wir einen gewaltigen Zuzug von jungen Menschen, die hier die Nähe zu Wr. Neustadt, den Autobahnanschluss oder den Bahnanschluss gesucht haben oder auch hier ihr Zuhause finden“, sagt Bürgermeister Hans Rädler, der von einem Zuzug von rund 1.000 Menschen in den letzten zwanzig Jahren spricht.

Hoffnung auf Standort für Kinder-Rehazentrum

Das derzeit aktuellste Projekt, um das sich die Gemeinde bemüht, ist die erste österreichische Kinder-Rehabilitionsklinik - mehr dazu in Bad Erlach hofft auf Kinder-Rehazentrum (noe.ORF.at; 24.8.2015). Sie soll, wenn alles nach den Plänen der Gemeinde verläuft, in Bad Erlach in unmittelbarer Nähe der Therme errichtet werden. Allerdings gibt es für diese Klinik noch mehrere Bewerber in ganz Österreich. Unabhängig davon will man in Bad Erlach versuchen, aus den derzeitigen Tagesgästen Urlaubsgäste zu machen, die dann zumindest zwei bis drei Tage die Region in der Buckligen Welt erkunden und kennenlernen sollen.

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