Vor 20 Jahren: Landtag zieht aus Herrengasse aus

Am Montag jährt sich zum 20. Mal die letzte Sitzung des Landtages im Niederösterreichischen Landhaus in der Wiener Herrengasse. Für fast 500 Jahre war dieses Haus für die Landesgeschichte von großer Bedeutung.

Herrengasse 13, 1010 Wien: Das war für viele Jahrzehnte die Adresse des Niederösterreichischen Landhauses, in dem der Landtag und die Landesregierung ihren Sitz hatten. Im Jahr 1513 wurde das Gebäude von den Landständen erworben, bis 2005 wurde es Niederösterreichisches Landhaus genannt, seit damals heißt es Palais Niederösterreich.

Ein Haus, das Geschichte schrieb

Es ist ein Haus, in dem niederösterreichische Geschichte geschrieben wurde, erzählt Franz Romeder, ÖVP-Landtagsabgeordneter von 1969 bis 1998 und Landtagspräsident von 1988 bis 1998: „Für Niederösterreich waren die zwei wichtigsten Entscheidungen im vorigen Jahrhundert die Trennung Wiens von Niederösterreich und die Schaffung einer eigenen Landeshauptstadt. Es hätte sich Niederösterreich ohne diese zwei Entscheidungen sicher anders entwickelt, das heutige moderne Niederösterreich baut auf diesen zwei Entscheidungen auf.“ Es fanden auch zwei bundesweite wichtige Entscheidungen im Landhaus in der Herrengasse statt: 1918 wurde hier der Staat Deutschösterreich gegründet, im Herbst 1945 fanden die Länderkonferenzen statt.

Letzte Sitzung des Landtages im Landhaus in Wien

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Die letzte Sitzung des Niederösterreichischen Landtages in der Wiener Herrengasse am 24. April 1997

1986 wurde vom Landtag St. Pölten zur Landeshauptstadt erhoben. Am 24. April 1997 fand dann die letzten Sitzung des Landtages in Wien statt. Bei dieser Sitzung sagte Landtagspräsident Romeder: „Wir nehmen hier Abschied von Wien, wir nehmen hier Abschied von diesem Haus, wir nehmen Abschied von diesem historisch bedeutenden Saal, wo durch fast 500 Jahre Geschichte für Niederösterreich, man darf ruhig sagen, für Österreich gemacht wurde.“

Heute ist St. Pölten als Landeshauptstadt eine Selbstverständlichkeit. Vor 20 Jahren gab es aber noch Skeptiker, weiß Romeder: „Aber alle waren sich bewusst, die neue Landeshauptstadt gibt Chancen für ganz Niederösterreich, für alle Zukunft. Wenn man heute die Entwicklung in Niederösterreich sieht, muss man feststellen, diese Chancen wurden genützt, und sie wären ohne einer eigenen Landeshauptstadt nicht möglich gewesen.“

Franz Romeder Landtagspräsident außer Dienst

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Franz Romeder vor der Wappenwand im Palais Niederösterreich. Der 78-Jährige war u.a. von 1971 bis 1993 Bürgermeister von Schweiggers (Bezirk Zwettl) und von 1987 bis 1999 Präsident des Österreichischen Gemeindebundes.

Jahrzehntelang wurde in der Herrengasse Politik gemacht. Doch der Wermutstropfen war dabei, dass von Wien aus Politik für das größte österreichische Bundesland gemacht wurde: „Für mich waren diese Jahre der Übersiedlung von Wien nach St. Pölten der große historische Einschnitt für Niederösterreich. Ich habe das bewusst so erlebt, und bin stolz darauf, dass ich diese Entwicklung miterleben durfte“, so Romeder.

Aus dem Landhaus wurde das Palais Niederösterreich

Das Palais Niederösterreich und damit die historischen Prunkräume in der Wiener Herrengasse haben heute eine neue Funktion, sagt Birgit Hackenauer, die Geschäftsführerin des Palais Niederösterreich. „Das Palais Niederösterreich ist seit September 2005 ein öffentliches Veranstaltungszentrum. Das heißt, man kann hier Veranstaltungen buchen, ob das jetzt internationale Kongresse, Messen, Produktpräsentationen oder Pressekonferenzen sind, aber auch private Feiern wie zum Beispiel Hochzeiten sind möglich.“

Reinhard Linke, noe.ORF.at

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