60 Jahre für eine bessere Zukunft von Kindern
Wenn Kinder gefährdet sind und von ihren Eltern nicht ausreichend betreut werden können, dann werden sie oft Pflegeeltern übergeben oder finden seit mittlerweile 60 Jahren in einem von Hermann Gmeiner gegründeten SOS-Kinderdorf ein neues Zuhause. Das Kinderdorf von damals ist mit dem heutigen aber kaum noch vergleichbar. 1957 waren in der Hinterbrühl (Bezirk Mödling) bis zu zehn Kinder pro Haus untergebracht, betreut von einer Mutter, die keine eigenen Kinder haben durfte. Auch Partner oder gar Kinderdorfväter waren damals noch nicht vorgesehen.
Heute hat sich das Leben im SOS-Kinderdorf deutlich geändert. Den Kinderdorfmüttern oder mittlerweile auch -vätern werden jeweils zwei Familienpädagoginnen zur Seite gestellt. Auch die Zahl der Kinder pro Haus wurde auf im Schnitt fünf halbiert. Was gleich geblieben ist, ist die Herausforderung, die Kinder bestmöglich zu unterstützen, sagt SOS-Kinderdorfmutter Brigitte Virgolini. „Die Kinder haben einen riesigen Rucksack an Problemen. Was wir machen können, ist helfen, ihn umzupacken und ihn etwas leichter zu machen.“
1.500 Kinder und Jugendliche wurden betreut
Auch bei Karina Weidinger hat Frau Virgolini geholfen, diesen „Rucksack“ leichter zu machen. Sie kam mit sieben Jahren ins Kinderdorf. Die Lehrerin ist mittlerweile selbst Mutter und hält immer noch engen Kontakt. „Es ist eine Art Nachhausekommen, wir haben ein freundschaftliches Verhältnis. Wenn ich Rat und Hilfe brauche oder Fragen habe bezüglich meines Sohnes, dann ist Brigitte meine Ansprechperson.“
SOS Kinderdorf
Bis heute wurden in der Hinterbrühl etwa 1.500 Kinder und Jugendliche betreut. Die Zusammenarbeit mit den Herkunftsfamilien der Kinder und Jugendlichen hat einen besonderen Stellenwert, unabhängig davon, wie wahrscheinlich eine spätere Familienzusammenführung ist, sagt Thomas Wick, Leiter des SOS-Kinderdorfs Hinterbrühl. „Wir unterstützen unsere Kinder und Jugendlichen dabei, stabile Beziehungen aufbauen und leben zu können. Das gilt vor allem für die Beziehungen zu ihren leiblichen Familien. So bekommen die Kinder Verständnis für die eigenen Geschichte.“
Eines der ältesten Kinderdörfer der Welt
Das SOS Kinderdorf in der Hinterbrühl war das erst vierte, das in Österreich gegründet wurde, und ist eines der ältesten Kinderdörfer der Welt. Heute ist das Angebot im SOS Kinderdorf wesentlich breiter als zu Beginn. Zusätzlich zu den Kinderdorffamilien gibt es sozialpädagogisch-therapeutische Wohngruppen und Betreutes Wohnen für Jugendliche. Zudem werden auch Familien in Hinterbrühl betreut, die Probleme bei der Erziehung ihrer Kinder haben. Und auch Flüchtlingsfamilien werden für die Zeit des Asylverfahrens unterstützt.
SOS Kinderdorf
Das Schicksal der Flüchtlinge beschäftigt auch Richard Pichler, der 1970 im SOS-Kinderdorf Hinterbrühl sein Zuhause gefunden hat. Er ist mittlerweile beruflich für die Organisation im Einsatz und vertritt die Anliegen von SOS-Kinderdorf International bei der UNO, der EU und anderen internationalen Programmen. Pichler tritt für eine wirksame Unterstützung von Kindern und Jugendlichen weltweit in ihren Heimatländern ein. „In den nächsten 15 Jahren wird die Bevölkerung in Afrika um 250 bis 300 Millionen Menschen steigen, das sind 250 bis 300 Millionen Kinder und Jugendliche. Wenn wir es nicht schaffen, diesen jungen Menschen Perspektiven zu geben, dann wage ich nicht zu prophezeien, was passieren wird“, sagt Pichler in Hinblick auf die aktuellen Migrationsströme.
Manuela Matl, noe.ORF.at