Behinderung: „Mehrwert für Unternehmen“

15 Prozent der Österreicher leben mit einer Behinderung. Am Arbeitsmarkt kämpfen sie aber nach wie vor mit Vorurteilen. Um Barrieren zu durchbrechen, organisiert die Initiative „Zero Project“ den Dialog zwischen Firmen und Betroffenen.

Nicht nur die Schwächen von Mitarbeitern sehen, sondern auch die Stärken. Das ist das Motto der Initiative „Zero Project“ der Essl-Foundation. Denn Menschen mit Behinderung stellen, wie jeder andere Mitarbeiter auch, nicht nur eine Herausforderung dar, sondern sie bieten auch Chancen, sagt Initiator Martin Essl. Menschen mit Autismus haben etwa „eine besondere Begabung mit Zahlen und arbeiten fehlerfreier als uns einer. Die können sich viel besser konzentrieren.“, bringt Essl ein Beispiel.

Menschen mit Behinderung Projekt Essl

ORF

67 Personen, von Firmenchefs bis zu Betroffenen, nahmen am Mittwoch an der Diskussion im Veranstaltungssaal der Hypo Niederösterreich teil

Blinde Menschen haben einen besonderen Tastsinn, der etwa bei der Früherkennung von Brustkrebs von Vorteil ist. Eine Apotheke aus Wien hat wiederum ihren Umsatz um 20 Prozent gesteigert, indem sie einen gehörlosen Menschen einstellte. „Weil plötzlich Kunden, die gehörlos und nur der Gebärdensprache mächtig sind, sich von diesem Mitarbeiter beraten ließen“, erzählte Essl.

„Große Hemmschwelle in den Köpfen“

Laut Gesetz muss ein Betrieb pro 25 Mitarbeiter einen Menschen mit Behinderung anstellen. Doch trotz dieser gesetzlichen Vorgaben erfüllt in Niederösterreich nur ein Viertel der Betriebe seine vorgeschriebene Quote. Der Grund: „Eine große Hemmschwelle in den Köpfen der Unternehmer“, sagt Günther Widy vom Sozialministerium-Service - mehr dazu in Arbeiten mit Behinderung: Viele Betriebe säumig (noe.ORF.at; 1.5.2017).

Um einige Vorurteile abzubauen organisiert die Initiative regelmäßig Diskussionen zwischen Unternehmern und Menschen mit Behinderung. Die Schirmherrin des Projekts und Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) bezeichnete diesen Dialog als wichtigen Anstoß, „um die Sensibilität zu stärken und vor allem auch die Gesellschaft wachzurütteln.“ Zudem sollen damit auch positive Beispiele in Betrieben vor den Vorhang geholt werden. Die ersten Betroffenen konnten durch das Projekt, das seit dem Frühjahr läuft, bereits erfolgreich mit Betrieben zusammengebracht werden.

„Ein Mehrwert für unser Unternehmen“

Eine betroffene Mitarbeiterin ist etwa seit drei Jahren bei der Hypo Niederösterreich in der Personalabteilung beschäftigt. Davon hätten dem Vorstandsvorsitzenden Peter Harold zufolge nicht nur die Betroffene profitiert, sondern auch das Unternehmen: "Beide Seiten haben dadurch gelernt. Die neue Mitarbeiterin ist ein Mehrwert für uns und wird nicht mehr als ein Projekt gesehen wird, sondern als Teil der Hypo Niederösterreich-Familie.

Insgesamt beschäftigt die Hypo NÖ Landesbank derzeit 21 Menschen mit Behinderung. Die vorgeschriebene Quote wird damit bei mehr als 800 Mitarbeitern nicht erfüllt. Die von der Essl-Foundation initiierte Diskussion zwischen Unternehmern und Betroffenen sieht Harold aber als notwendig, „denn nur wenn man voneinander lernt, wie andere Unternehmer solche Aktivität als Mehrwert sehen, gibt es die Möglichkeit einen Multiplikator-Effekt auszulösen.“