Angst und Humor im Dorf Anatevka

Das Musical Anatevka ist derzeit in Mistelbach zu sehen. Regisseur Stephan Witzlinger hat das Stück gemeinsam mit dem A-Capella-Chor Weinviertel auf die Bühne im Stadtsaal gebracht, die Hauptrolle spielt Martin Berger.

„Wäre es denn wirklich so schrecklich, wenn ich nur ein kleines Vermögen hätte?“, fragt der Weinviertler Musicalstar Martin Berger in der Rolle des Tevje. Was folgt, ist das bekannteste Lied in Anatevka: „Wenn ich einmal reich wär“.

Der jüdische Milchmann Tevje träumt vom Reichtum. Er ist Vater von fünf Töchtern, die drei ältesten will er verheiraten - am liebsten mit wohlhabenden Männern. Doch die jungen Frauen haben ihren eigenen Willen.

Anatevka

ORF

So heiter die Handlung, so trist ist der Hintergrund des Stücks: Das Musical spielt im fiktiven ukrainischen Dörfchen Anatevka im Jahr 1905. Für Juden ist die Zeit keine leichte, drohende Pogrome im russischen Zarenreich machen der jüdischen Gemeinschaft in Anatevka das Leben schwer. Das Thema rund um Unterdrückung, Angst und Vertreibung passe „auch ins 21. Jahrhundert“, sagt Gesamtleiter Reinhard Hirtl: „Vor genau 80 Jahren marschierten die deutschen Truppen in Österreich ein, Juden waren nicht erwünscht“. Als direkten aktuellen Bezug nennt er die Geschehnisse rund um die Flüchtlingskrise 2015.

Berger: „War schon immer der Kasperl“

Im Musical bewahrt Milchmann Tevje trotz der drohenden Gefahr stets seinen Humor. Diese Seite kennt auch Darsteller Martin Berger an sich: „Wenn man meinen Eltern glauben darf, war ich immer schon der Kasperl“. Der gebürtige Weinviertler hält es für wichtig, in keiner Situation den Humor zu verlieren: „Mit Humor ist das Leben einfach leichter“. Um in Anatevka in Mistelbach den Tevje zu spielen, ließ sich Berger extra beurlauben. Denn eigentlich ist er derzeit für „I am from Austria“ bei den Vereinigten Bühnen Wien beschäftigt.

Anatevka

ORF

Mehr als 100 Personen am Werk

Der Großteil aller anderen Rollen in Anatevka wurde mit Mitgliedern des A-Capella-Chores Weinviertel besetzt. Insgesamt sind auf und hinter der Bühne mehr als hundert Personen am Werk. Die Jüngste unter ihnen ist Elena Schacher. In der Rolle der Tochter Sprintze ist die Elfjährige für ihre ältere Schwester eingesprungen. Lampenfieber hat Elena Schacher vor den Vorstellungen keines mehr: bevor sie auf die Bühne geht, sei sie „ich eigentlich gar nicht nervös. Man freut sich richtig drauf“, sagt die Elfjährige.

Jedes Chormitglied hat in den vergangenen Monaten etwa 200 Stunden in die Vorbereitung gesteckt, seit Ende Februar wurde täglich geprobt. Ein Blick in die Zuschauerränge bei Vorstellungsbeginn jedoch entlohnt die harte Arbeit: Alle bisherigen Termine von Anatevka waren restlos ausverkauft.

Link: