IST Austria-Professor erhält „Austro-Nobelpreis“

Der Wittgenstein-Preis 2018 geht an den Mathematiker Herbert Edelsbrunner und die Musikwissenschafterin Ursula Hemetek. Das gab der Wissenschaftsfonds FWF bekannt. Edelsbrunner ist seit 2009 Professor am IST Austria in Klosterneuburg.

Der 60-jährige Edelsbrunner gilt als Gründungsvater der Computertopologie und zählt zu den weltweit führenden Forschern auf diesem Gebiet. Sein Fach beschreibt er als „eine Mischung von Mathematik und Informatik“. Während es in der Mathematik um geometrische Dinge gehe, sei die Topologie eine Erweiterung der Geometrie, wo man sich für die Verformung von geometrischen Objekten interessiert. So kann man etwa aus einem schwimmreifen-förmigen Ton-Klumpen nur durch Verformung ein Kaffeehäferl mit Henkel formen ohne neue Löcher zu machen oder ihn zu zerreißen. „In den Anwendungen sind die Fragestellungen von den Verformungen viel wichtiger als etwa Fläche, Länge, Größe, usw.“, so Edelsbrunner.

Daher sucht der Computerwissenschafter immer die interdisziplinäre Zusammenarbeit - Ingenieure, Physiker oder Biologen haben alle geometrische und topologische Probleme, bei denen sich Edelsbrunners Methoden anwenden lassen. Als Beispiel führt er das österreichische Straßennetz an. Eine wichtige Eigenschaft davon sei, dass es zusammenhänge und eine Straßen nicht einfach aufhöre und woanders weitergehe. „Der Zusammenhang ist hier wichtiger als die geometrische Frage, ob der Weg fünf oder zehn Kilometer lang ist“, so der Mathematiker. Das gleiche gelte etwa für das Gefäßsystem im Körper. Daher habe die Topologie viel mehr mit Anwendungen zu tun als die Geometrie.

Herbert Edelsbrunner

IST Austria

Herbert Edelsbrunner ist seit der Gründung 2009 Professor am Institute of Science and Technology Austria

Dritter Wittgenstein-Preis für das IST Austria

Die als „Austro-Nobelpreis“ geltende Auszeichnung ist mit jeweils 1,4 Millionen Euro dotiert und damit der höchste Wissenschaftsförderpreis in Österreich. Edelsbrunner bringt dem Institute of Science and Technology (IST) Austria in Klosterneuburg (Bezirk Tulln) den dritten Wittgenstein-Preis. Der Computerwissenschaftler Tom Henzinger und der Neurowissenschaftler Peter Jonas wurden 2012 beziehungsweise 2016 ebenfalls bereits mit diesem Preis ausgezeichnet.

Edelsbrunner, geboren am 14. März 1958 in Unterpremstätten bei Graz, studierte Technische Mathematik an der Technischen Universität (TU) Graz und ging nach seiner Promotion und einigen Jahren als Assistent in Graz 1985 an die University of Illinois in Urbana-Champaign. 1999 wechselte er an die Duke University in Durham (North Carolina). Die Computertopologie brachte Edelsbrunner als Idee ein, als 1999 die National Science Foundation (NSF) nach neuen Forschungsgebieten suchte. Der Vorschlag kam an: Rund 20 Mathematiker, Computerwissenschafter und Anwender trafen sich zur Diskussion seines Vorschlags in Florida, kurz darauf flossen erste NSF-Fördergelder.

IST Austria

IST Austria

Für das IST-Austria ist es der Wittgenstein-Preis

2009 kehrte er mit der Gründung des IST Austria 2009 nach Österreich zurück. Dort fühlt er sich auch nach zehn Jahren noch wohl, „das IST hat sich super entwickelt, das ist eine gute Umgebung für mich“. Und sie wird mit dem Wittgenstein-Preis und einem mit bis zu 2,5 Mio. Euro dotierten „Advanced Grant“ des Europäischen Forschungsrats (ERC), den Edelsbrunner heuer erhalten hat, noch besser. Deshalb freut er sich auch darauf, mit den Preisen das IST und Österreich „als weltweit führenden Forschungsstandort der Computergeometrie und Topologie auszubauen“. So will er die Computertopologie in ein noch größeres Umfeld einbetten und für neue Anwendungen zu erschließen.

Erster Wittgenstein-Preis für Kunstuniversität

Neben Herbert Edelsbrunner erhält auch die Musikwissenschaftlerin Ursula Hemetek den Wittgenstein-Preis. Dieser geht damit zum ersten Mal an eine Kunstuniversität. Die Musikwissenschafterin leitet seit 2011 das Institut für Volksmusikforschung und Ethnomusikologie der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Die 61-jährige Musikwissenschafterin Hemetek schuf mit der Minderheitenforschung ein neues Feld innerhalb ihres Fachs. Für die Erforschung von Minderheiten und ihrer Musik entwickelte sie neue Zugänge, Methoden und Theorien.

Ethnomusikologie ist für Hemetek eine partizipative Wissenschaft mit gesellschaftspolitischer Verantwortung. Deshalb will sie laut FWF mit dem Wittgenstein-Preis ein internationales Forschungszentrum für ethnomusikologische Minderheitenforschung an der Musik-Uni Wien gründen.

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