Der Mythos der Wende: „Macht und Widerstand“

Zum Saisonabschluss am Landestheater gastierte am Freitag das Schauspiel Hannover mit der dramatisierten Fassung von Ilija Trojanows Roman „Macht und Widerstand“ in der Inszenierung von Dusan David Parizek in St. Pölten.

Es geht um die „große Lüge einer politischen Wende“, die nicht nur bulgarische Realität darstellt, so Parizek, der die beinahe dreistündige Bühnenversion erstellte, im vorangegangenen Einführungsgespräch zum Gastspiel. Jedoch: „Alles andere als ein Theaterstoff“ sei die Geschichte vom Anarchisten Konstantin und dem Folterer Metodi Popow, die auch nach der sogenannten Wende auf fatale Weise miteinander verknüpft bleiben.

Über den Mythos der Wende

Die Revolution, die nicht wirklich stattgefunden hat, sondern aus politischem Kalkül zum Mythos erklärt wurde, bildet den Hintergrund für die Auseinandersetzung zwischen Opfer und Täter. Das ist zwar ein spannender Plot, aber nicht automatisch abendfüllend.

Landestheater Niederösterreich Gastspiel Macht und Widerstand

Katrin Ribbe

„Macht und Widerstand“ mit Samuel Finzi (r.) und Henning Hartmann (l.)

Dass die mit viel Deklamatorik zuwege gebrachte Umsetzung im Stangengeviert des vorderen Bühnenbereichs nicht Schiffbruch erleidet, ist den famosen Schauspielern zu verdanken, allen voran Samuel Finzi als Konstantin, der mit seiner holprig stotternden Sprechweise der Lädiertheit, aber auch Würde des hartnäckigen Individualisten Konstantin Gestalt verleiht.

„Macht und Widerstand“

Gastspiel des Schauspiels Hannover, weitere Aufführung am Landestheater am 16. Juni, 19.30 Uhr

Markus John gibt den ungustiösen sadistischen Gegenspieler, der immer noch die Fäden zieht. In gleich sechs Rollen agiert Henning Hartmann, der sich einmal als Hund streicheln lässt, bald darauf als Vizepräsident und Verfassungsrichter für die Kontinuität der alten Verhältnisse sorgt.

Dass die Vertuschungsstrategien auch ganz persönliche Dimensionen betreffen, zeigt sich an Dora (Sarah Franke), die nicht nur die geheimdienstlichen Unterlagen über ihre Mutter einsehen, sondern auch Klarheit über eine mögliche Vaterschaft Popows erlangen will. Spätestens hier lässt sich Politisches von Privatem nicht mehr trennen. Was aber macht diesen Roman zu einem Stoff für die Bühne? Die Frage blieb letztlich unbeantwortet.

Ewald Baringer, Austria Presse Agentur

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