Probitotika für einen gesunden Darm

Der Darm ist sieben Meter lang, würde man ihn ausbreiten, hätte er eine Fläche von zwei Tennisplätzen, und es befinden sich etwa 100 Billionen Darmbakterien in ihm. Radio NÖ-Apotheker Andreas Gentzsch gibt Tipps für einen gesunden Darm.

Dieses gewaltige Ökosystem mit 100 Billionen Darmbakterien - Darmflora genannt - hat ein Gesamtgewicht von ein bis eineinhalb Kilogramm. Forscher haben herausgefunden, dass sich diese riesige Zahl an Bakterien in bis zu 36.000 Arten unterteilen lassen. Zu den übergeordneten Gruppen gehören u.a. Escherichia Coli, Enterobakterien, Bifidobakterien, Hefen und Laktobazillen.

In der traditionellen chinesischen Medizin gilt der Darm als Zentrum des Körpers und damit der Gesundheit. „Er ist der Ort, an dem alle Stoffwechselvorgänge stattfinden. Nur wenn die Verdauung gut funktioniert, fühlen wir uns richtig wohl. Tatsächlich helfen diese Milliarden von Mikroorganismen bei der Aufschließung von Nährstoffen, es werden im Darm lebenswichtige Vitamine, Enzyme und Aminosäuren gebildet“, erklärt Andreas Gentzsch von der Apotheke zum goldenen Löwen in St. Pölten. Solange die Besiedlung dicht und gesund ist, können Schadkeime, welche über die Nahrung in den menschlichen Körper gelangen, abgewehrt werden.

Ernährung und Lebensweise wirken sich positiv aus

Auch dieses System kann negativ beeinflusst werden und bedarf spätestens dann einer Unterstützung. Mögliche Faktoren sind:

  • Medikamenteneinnahme wie z.B. Antibiotika
  • Ungesunde Ernährung
  • Stress und berufliche/private psychische Überforderung
  • Krankheiten
  • Diäten
  • natürlicher Alterungsprozess

Zur Unterstützung der Darmflora kann man folgendermaßen beitragen:

  • ausgeglichene Lebensweise mit regelmäßiger Bewegung
  • ausgewogene Ernährung (Fett, Fleisch, Zucker, Salz, Alkohol reduzieren)
  • hohe Flüssigkeitszufuhr (2 bis 3 Liter Flüssigkeit pro Tag)
  • Zufuhr von Probiotika in Belastungssituationen und zum allgemeinen Aufbau
Probiotische Keime

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Probiotische Keime

Was sind Probiotika?

Unter einem Probiotikum versteht man eine Zubereitung von Mikroorganismen (Bakterien), welche eine gesundheitsförderliche Wirkung für den Menschen haben. Die Bedeutung aller im Körper vorkommenden Darmbakterien wird infolge ihrer gewaltigen Anzahl wohl nie vollständig erforscht werden können, jedoch kommt man stetig zu neuen Erkenntnissen und damit Einsatzmöglichkeiten für Probiotika.

Fest steht jedenfalls, dass unser Organismus mit Magensäure und Gallenflüssigkeit natürliche Barrieren besitzt, um Nahrungskeime und damit auch unzureichend geschützte Probiotika zu zerstören. „Daher bestimmt nicht nur die Art der nützlichen Bakterien, sondern auch deren Verpackung über den Nutzen für den Anwender. Aus diesem Grund kommen vor allem stabile (so genannte Magensaftresistente) Bakterienstämme bzw. getrocknete Keime in speziellen Kapseln in der Medizin zum Einsatz“ (Andreas Gentzsch).

Seit kurzem gibt es sogar zweifach verkapselte („double coated“) und damit besonders stabile Produkte, welche praktisch vollständig den Magen passieren können und daher für eine sichere Besiedlung des Darmes sorgen, so Radio NÖ-Apotheker Gentzsch: „Wird ein Probiotikum als Pulver aus getrockneten Keimen angeboten, so ist zur richtigen Anwendung wichtig zu beachten, dass die empfohlene Menge in einem Glas Wasser angerührt wird und dann zum Quellen eine Zeit lang stehen gelassen wird. Nach etwa 15 Minuten können die reaktivierten Keime getrunken werden.“

Sendungshinweis: „Radio NÖ am Vormittag“, 1.3.2014

Auch die Lebensmittelindustrie arbeitet intensiv an probiotischen Produkten, bzw. an deren Vermarktung. Während Hefe seit langem bekannt und bewährt (z.B. Germteig, Bier) ist, liegt ein Hauptaugenmerk bei Lebensmitteln, im Speziellen Milchprodukten, mit fragwürdiger medizinischer Wirkung („Functional Food“) für den Konsumenten. „Internationale Verbraucherschutzorganisationen (zum Beispiel www.foodwatch.de) und die EU (‚Health Claims‘) bemühen sich seit Jahren, Konsumenten vor falschen oder irreführenden Aussagen zu diesen Produkten zu bewahren“, so Gentzsch.

Klopapier

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Der menschliche Darm ist sieben Meter lang

Wann werden Probiotika eingesetzt?

In der Medizin gibt es eine Fülle von unterschiedlichen Produkten, welche für bestimmte Anwendungsgebiete optimiert wurden. Anwendungsgebiete der Probiotika sind:

  • Zur allgemeinen Unterstützung der Darmflora werden Präparate empfohlen, welche mit Lactobacillen, Lactococcen, Bifidobakterien und Enterococcen in einer ausgewogenen Menge beinhalten und möglichst zweimal im Jahr als Kur eingenommen werden sollten.
  • Eine ähnliche Zusammensetzung gibt es auch für Schwangere und Säuglinge, welche besonders bei Kaiserschnitt-Kindern eine wichtige Hilfe zur Erstbesiedlung des Darmes darstellt. Während natürlich geborene Kinder beim Geburtsvorgang mit einer Vielzahl mütterlicher Keime versorgt werden, kommen Kaiserschnittkinder keimarm auf die Welt und profitieren daher besonders von einer Besiedlung mit Schutzkeimen.
  • Für Sportler und Personen mit hoher Leistungsanforderung hilfreich ist ein Produkt, welches die Barrierefunktion der Darmschleimhaut stärkt, oxidativen Stress abbauen hilft und einen antientzündlichen Effekt hat.
  • Ein weiteres Produkt hat eine erstaunliche Wirkung bei Personen, welche unter einer psychischen Überforderung leiden. Es verlängert die Konzentrationsfähigkeit, verbessert das Regenerationsvermögen im Schlaf und lässt einen den täglichen Ärger besser bewältigen.
  • Als Leitspruch sollte man sich merken: „Ein Antbiotikum nie ohne Probiotikum“. Diese Produkte beinhalten vor allem Lactobacillen, welche die bestehende Darmflora vor einer Schädigung durch Antibiotika bewahren sollen.
  • Weitere Anwendungsgebiete für Probiotika sind eine Vorbereitung auf Fernreisen sowie die Erhöhung der Stoffwechselaktivität als Unterstützung bei Diäten und der Behandlung von Folgeerscheinungen einer Fehlernährung.