Vom Gräberfeld zur Ausstellung

Mit 16 Baustellen war 2017 das intensivste archäologische Grabungsjahr in St. Pölten. Es gab zahlreiche historisch wertvolle Funde und neue Erkenntnisse. Das Stadtmuseum bereitet nun für 2018 eine Sonderausstellung vor.

Für die Bevölkerung St. Pöltens sind die lange andauernden Grabungen oftmals eine Belastung oder zumindest eine Geduldsfrage, für die Wissenschaft und die Stadtgeschichte sind sie aber von fundamentaler Wichtigkeit und Bedeutung. „Das Gebiet um St. Pölten war schon sehr früh besiedelt, und wir haben Funde aus allen Epochen der Menschheitsgeschichte. Deshalb soll auch präsentiert werden, was alles ausgegraben wurde und gesagt werden, wie die Funde zu interpretieren sind. Wir wissen, dass das Interesse der Bevölkerung an der Geschichte der Landeshauptstadt sehr groß ist“, sagte Bürgermeister Matthias Stadler (SPÖ).

Ausgrabungen Domplatz Sankt Pölten

ORF/Reinhard Linke

Funde vom Domplatz

Auf dem Domplatz wurde 2017 eine Fläche von 356 Quadratmetern geöffnet, allein heuer wurden 3.900 Individuen freigelegt und dokumentiert, die meisten davon Kinder. Der bisherige Höchstwert lag bei 3.164 im Jahr 2015. Die Gesamtzahl der geborgenen Individuen beträgt inzwischen 16.608. Aufwändige DNA-Analysen ergaben eine völlig andere Bestattungskultur vor 1.000 Jahren als heute. Die geborgenen Leichname lassen Rückschlüsse auf Epidemien oder klimatische Veränderungen in der Vergangenheit zu. Das wird auch Thema der Ausstellung „Leben mit dem Tod“ sein, die das Stadtmuseum für das Jahr 2018 bereits vorbereitet.

Planungen für „Domplatz neu“ laufen

In der Grabungsfläche zeigten sich zudem auch die erhaltenen Überreste eines großen römischen Gebäudes, das aus mehreren beheizten Räumen, wahrscheinlich einem gepflasterten Hof und weiteren Räumlichkeiten besteht. Ob es sich um Häuser reicher Bürger handelte oder diese Gebäude öffentlich genützt wurden, „kann zu diesem Zeitpunkt nicht eindeutig beantwortet werden“, so der Magistrat. 2017 kamen auch 1.048 Kleinfunde und bisher 245 Münzen zum Vorschein. Mehr als 20.000 Fotos wurden aufgenommen. Ab 4. Dezember wird die Grabungsfläche geschlossen.

Die Ausgrabungen am Domplatz werden aufgrund der hohen Befunddichte vermutlich noch eineinhalb Jahre dauern, war am Donnerstag zu erfahren. Außerdem laufen parallel dazu die Planungen für den neuen Domplatz mit dem Architektenteam Jabornegg & Palffy aus Wien. „Jedenfalls ergeben sich durch die Bewerbung als Europäische Kulturhauptstadt 2024 gemeinsam mit dem Land Niederösterreich für die Platzgestaltung völlig neue Aspekte, die nun in die Planungen einfließen sollen“, betonte Stadler.

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