Florez-Triumph mit Belcanto-Arien in Grafenegg
Mit sichtlich lädierter Hand betrat Florez das Podium. Beim Fußballspielen habe er sich den linken kleinen Finger gebrochen, erzählte er später. Der Arzt habe ihm erklärt, man müsse zwei Finger einbinden. Das störe ihn vor allem beim Gitarrespiel. Immerhin wurde der leidende Blick auf die versehrte Hand so etwas wie ein Running Gag, besonders zu Puccinis „Che gelida manina“ aus der „Boheme“.
Auditorium wurde zur Opernarena
Die stimmliche Qualität litt offenbar nicht unter der Verletzung, wiewohl Florez durchaus selbstkritisch sich zwischendurch ein paar Ohrfeigen versetzte. „Zu früh“, kommentierte er, wohl in Anspielung auf die Tageszeit. Und die Arie „En fermant les yeux“ aus Massenets „Manon“ wiederholte er, weil er sich mit kleinen Textproblemen nicht zufriedengeben wollte. Der Mann ist eben ein Perfektionist.
© Sony
Mit Mozarts Bildnis-Arie begann Florez, kam dann bei Donizettis Romanze des Nemorino aus dem „Liebestrank“ so richtig in Schwung und ging nach der Arie des Edgar aus „Lucia di Lammermoor“, der Cavatine des Oronte aus Verdis „I Lombardi alla prima crociata“ und einer „Traviata“-Szene in die Pause. Weiter ging’s mit einem Massenet-Block, mündend in ein fulminantes „Pourquoi me reveiller“ aus dem „Werther“, der Cavatine des Faust aus der gleichnamigen Gounod-Oper und eben Puccinis eiskaltem Händchen. Keineswegs unerwähnt bleiben darf Vincenzo Scalera, der am Steinway als überaus delikater, hochsensibler Begleiter agierte und auch zweimal solistisch in Erscheinung trat.
Es folgten als Zugabe noch zwei italienische Canzonen und schließlich „Nessun dorma“ - spätestens da war das Publikum nicht mehr zu halten und überschüttete Florez mit Ovationen. Ganz sicher ein besonders luxuriöses Highlight beim diesjährigen Musikfestival Grafenegg.
Ewald Baringer, Austria Presse Agentur
Links:
- Anti-Kriegswerk eröffnete Grafenegg Festival (noe.ORF.at; 17.8.2018)
- Grafenegg