SPÖ kritisiert Gesprächskultur als „grenzwertig“

SPÖ-Landesparteivorsitzender Franz Schnabl hat mit deutlichen Worten die Gesprächskultur in der Politik kritisiert. Er richtete sich damit offenbar gegen die ÖVP NÖ - ohne diese zu nennen - und erinnerte an dunkle Zeiten der Geschichte.

„Wir erleben im Bund und Land zunehmend eine Kommunikation politischer Mitbewerber, die sagt - wenn jemand etwas aus seiner Sicht, mit seinen Argumenten darstellt, anstatt in einen Diskurs einzutreten - ‚Der macht das Land schlecht, der patzt an und so weiter.‘ Das ist ein Verständnis einer Gesprächskultur, die meiner Meinung nach grenzwertig ist“, sagte Schnabl am Donnerstag vor einer Pressekonferenz. Eigentlich ging es bei dieser um die Mitgliederbefragung der SPÖ.

Schnabl erinnerte an dunkle Zeiten der Geschichte

Der sozialdemokratische Landesparteivorsitzende und Landeshauptfraustellvertreter erinnerte an dunkle Zeiten der Geschichte: „Wir haben in dieser Republik in der Zwischenkriegszeit, im Ständestaat und danach im Nationalsozialismus erfahren müssen, wie es ist, wenn man andere Meinungen nicht respektiert, wenn man nicht zur Kenntnis nimmt, dass es natürlich zulässig und eigentlich das Wesen der Demokratie ist, dass jeder Mensch einen anderen Standpunkt in ein und derselben Frage einnehmen kann und Argumente auf Basis seiner Erfahrungen und seiner Sichtweise priorisiert und diese Argumente dann mit Respekt voreinander ausgetauscht werden können und sollen.“ Die Lehren dieser „vergangenen, schrecklichen Zeit“ seien die Basis für diese Republik, so Schnabl.

Landesgeschäftsführer Wolfgang Kocevar, Landesparteivorsitzender LHStv. Franz Schnabl

SPÖ NÖ / Herbert Käfer

SPÖ-Landesgeschäftsführer Wolfgang Kocevar und SPÖ- Landesparteivorsitzender und Landeshauptfraustellvertreter Franz Schnabl

Schnabl reagierte damit offenbar auf Aussagen des ÖVP-Landesgeschäftsführers Bernhard Ebner, der die SPÖ vergangene Woche in einer Pressekonferenz zu mehr Sachlichkeit aufgerufen hatte und diese aufgefordert hatte „Angriffe auf das Land“ zu unterlassen - mehr dazu in „Angriffe auf das Land“: ÖVP kritisiert SPÖ (noe.ORF.at; 28.8.2018). Konkret nannte Schnabl die ÖVP allerdings nicht.

ÖVP: „Schnabl versucht Streit zu provozieren“

Die ÖVP reagierte ihrerseits postwendend. „Herr Schnabl versucht vermehrt Streit zu provozieren. Das ist unverständlich. Alle sollen sich einbringen, damit wir miteinander mehr für Niederösterreich erreichen. Was wir aber ablehnen sind Beschimpfungen, falsche Zahlen und unrichtige Fakten. Das werden wir auch in Zukunft richtig stellen. Denn nur in einer sachlich korrekten Diskussion und ohne Polemik können wir gemeinsam mehr für Niederösterreich weiterbringen“, so ÖVP-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner.

Reformprozess der SPÖ als eigentliches Thema

In dem nachfolgenden Pressegespräch, zu dem die SPÖ geladen hatte, ging es eigentlich um die Ergebnisse einer Mitgliederbefragung und den weiteren Fahrplan zur Parteireform der SPÖ Niederösterreich. Neben dem Landesparteitag am 29. September in Schwechat und dem Bundesparteitag im Oktober sei ein Antragsparteitag der SP NÖ im Frühjahr 2019 geplant, um Änderungen im Statut zu diskutieren und zu beschließen, kündigte Landesgeschäftsführer Wolfgang Kocevar an. Mit der Reform soll u.a. die innerparteiliche Demokratie gestärkt werden.

Mit persönlichen Interviews und Fragebogen an rund 700 Funktionäre sowie einer bundesweiten Umfrage unter SPÖ-Mitgliedern, die auch Niederösterreich-spezifische Fragen enthielt, sowie einer Evaluierung der Organisationsstruktur ist die erste Phase des Reformprozesses laut Schnabl abgeschlossen. Von den rund 40.000 SPÖ-Mitgliedern in Niederösterreich haben rund 7.000 an der Befragung teilgenommen.

Landesgeschäftsführer Wolfgang Kocevar, Landesparteivorsitzender LHStv. Franz Schnabl

ORF / Rohrhofer

83 Prozent der Befragten beurteilen die bisherige Arbeit der SPÖ-Mitglieder in der Landesregierung - neben LHStv. Schnabl auch Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig - als sehr bzw. eher positiv, hieß es. Bei politischen Themen, denen sich die SPÖ NÖ am stärksten widmen sollte, lag der Erhalt der Sozialversicherungen bzw. der AUVA auf Platz eins. Dahinter folgten leistbares Wohnen, das vor allem im Speckgürtel um Wien oft genannt wurde, und Arbeit und Infrastruktur, das besonders im nördlichen Wald- und Weinviertel ein Anliegen der Befragten ist. Wie auf Bundesebene lag die Zustimmung zum Parteiprogramm bei 86 Prozent.

Mehr Frauen und kleinerer Landesparteivorstand

Im neuen Landesparteivorstand werde es erstmals mehr als 50 Prozent Frauen geben, kündigte Schnabl an. Das Präsidium des Landesparteivorstandes soll von derzeit 18 auf zwölf Mitglieder verkleinert werden, indem die Zahl der Stellvertreter des Vorsitzenden auf sechs halbiert wird. Nach einer Evaluierung der im Vorjahr umgesetzten Strukturreform soll das Konzept der Regionalmanager beibehalten, aber etwa im Wald- und Weinviertel zusätzliche Bezirksbetreuer eingeführt werden.