Islam in Schulen: Heuras sieht „keine Eskalation“

Eine Lehrerin sorgt mit einem Buch über Integrationsprobleme mit muslimischen Kindern in Wien für Aufsehen. Der Situation in Niederösterreich stellt Bildungsdirektor Johann Heuras ein besseres Zeugnis aus, es gebe „nur Einzelfälle“.

Das neue Buch von Susanne Wiesinger trägt den Titel „Kulturkampf im Klassenzimmer“. Darin schreibt sie über Integrationsprobleme mit muslimischen Kindern, die den schulischen Alltag und das Niveau im Unterricht beeinflussen würden. Claudia Schubert hat mit Bildungsdirektor Johann Heuras in der Sendung „NÖ heute“ das folgende Gespräch geführt:

Heuras Studiogespräch mit Claudia Schubert Islam

ORF

Claudia Schubert im Gespräch mit Johann Heuras

noe.ORF.at: Die Situation in Niederösterreich ist regional sicher differenzierter als in Wien, aber auch hier gibt Ballungsräumen und Schulen mit einem hohen Anteil von Kindern und Jugendlichen mit islamischem Hintergrund. Wo sehen Sie da Brennpunkte?

Johann Heuras: Die Situation in Niederösterreich kann man überhaupt nicht mit Wien vergleichen. Wir haben aufgrund der Struktur und der ländlichen Regionen eine vollkommen andere Zusammensetzung unserer Schülerinnen und Schüler und eine andere Situation an unseren Schulen. Selbstverständlich hat Niederösterreich auch urbane Ballungsräume, dort haben wir ähnliche Herausforderungen.

noe.ORF.at: Wir haben berichtet, dass es in Niederösterreich auch eine erste Volksschulklasse gibt, in der alle Kinder Migrationshintergrund haben, sicher nicht alle Muslime. Haben Sie den Eindruck, dass das für das Lehrpersonal noch zu schaffen ist?

Heuras: Dass das eine Herausforderung ist, ist kein Geheimnis. Es stimmt, wir haben auch Hotspots, wo der Prozentsatz ein hoher ist. Wir beschäftigen uns seit 2015 mit dieser Problematik und versuchen, Antworten zu finden. Eine Antwort heißt zum Beispiel Deutschklassen. Wir haben versucht, darauf zu reagieren und ich glaube, erste Erfolge sind spürbar.

noe.ORF.at: Wie löst man das, wenn Mädchen oder junge Frauen zum Beispiel nicht am Schwimmunterricht teilnehmen dürfen oder wollen?

Heuras: Unsere Schülerinnen und Schüler nehmen weitgehend am Schwimmunterricht teil. Das heißt, diese Probleme sind in Niederösterreich sehr vereinzelt dargestellt, da bin ich eigentlich sehr zufrieden.

noe.ORF.at: Die Wiener Lehrerin schreibt in ihrem Buch von selbsternannten Sittenwächtern an der Schule, die christlich gekleidete Mädchen bedrohen würden: Haben Sie von derartigen oder ähnlichen Vorfällen in Niederösterreich gehört?

Heuras: Die Situation in Niederösterreich ist wirklich eine andere. Ich beneide die Situation in Wien nicht, dort hat man eine Herausforderung zu meistern. Wir haben diese Eskalationsstufe kaum und wenn, dann ganz vereinzelt. Ich kenne wenige Fälle, wo das derartig eskaliert. Das liegt vielleicht auch daran, dass wir uns gezielter auf diese Fälle konzentrieren können, weil es in Niederösterreich weniger davon gibt.

noe.ORF.at: Das sind also Einzelfälle?

Heuras: Ja, und ich sage ganz offen dazu: Eines kann nicht sein, dass religiöses Recht oder das Recht eines anderen Landes über unser Gesetz gestellt wird. Österreich und Europa zeichnet eine gewisse Wertestruktur aus, da gibt es Grund- und Menschenrechte, Gleichheit, Freiheit, Demokratie, Gleichheit zwischen Mann und Frau, da gibt es auch Toleranz. Aber wo diese Dinge beschnitten werden, da ist Schluss mit Toleranz. Daher legen wir sehr viel Wert auf die Einhaltung der Grundrechte, unter die sich alles andere unterzuordnen hat.

noe.ORF.at: Das Buch bringt eine Diskussion über das Schulsystem und das Aufeinandertreffen von Kulturen und Religionen in Gange. Was muss Ihrer Meinung nach passieren?

Heuras: Ich würde mir eine sachliche Diskussion wünschen, um die Dinge dorthin zurückzuführen, wo sie sind. Ich wünsche mir, schon zu betonen, worauf wir Wert legen und was in dieser Gesellschaft die Regeln sind. Das müssen auch andere akzeptieren. Ich habe den Eindruck, dass in Niederösterreich sehr viele, auch Muslime, diese Regeln akzeptieren und auch bereit sind, sie einzuhalten. Viele sind daran interessiert, sich zu integrieren.

Wir müssen aufpassen, dass wir durch diese Diskussion nicht unnötig Öl ins Feuer gießen, um die Gesellschaft zu spalten. Ich glaube, dass es uns gelingt, andersdenkende und andersgläubige Menschen zu integrieren und möglichst von unserem Wertesystem zu überzeugen und davon zu überzeugen, dass es bei uns eine Hausordnung gibt. Mir ist es wichtig, nicht zu spalten.

Das Gespräch mit Johann Heuras führte Claudia Schubert, noe.ORF.at

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