Suche nach Skorpionen in Krems

Seit kurzem werden Sichtungen von Triestiner Skorpionen, die österreichweit nur in der Stadt Krems vorkommen dürften, wissenschaftlich gesammelt. Um den Bestand der Tiere zu beurteilen, wird auch die Bevölkerung eingebunden.

Warum die Spinnentiere ausschließlich in Krems beheimatet sind, kann vielleicht demnächst die Studie klären, an der derzeit gearbeitet wird. Besonders interessant ist dabei die Frage, ob das eigentlich in südlicheren Gefilden beheimatete Tier auch außerhalb der Stadt vorkommt.

Krems bildet den nördlichsten Punkt Europas, an denen die Skorpione vorkommen. Bestätigte Sichtungen außerhalb der Kremser Stadtgrenze gibt es bisher noch keine, erzählt Martin Scheuch von der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik in Wien: „Wenn es wirklich so sein sollte, dass der Skorpion nur in der Stadt und nicht außerhalb vorkommt, möchten wir natürlich herausfinden, warum er ausgerechnet das Stadtklima braucht oder ob es andere Gründe geben könnte, die ihn an der Ausbreitung hindern.“ Der Skorpion gilt als nicht wanderfreudig und könnte eventuell durch bewässerte Landschaftsstriche oder andere Bodenzusammensetzungen wie Löss von seiner Ausbreitung abgehalten werden.

07.11.18 Triestiner Skorpion Sichtungen Wissenschaft Krems

Martin Scheuch

Bisher gibt es keine bestätigten Sichtungen außerhalb von Krems

Sechs Zentimeter groß, rotbräunlich, nicht gefährlich

Bei bisherigen Sichtungen zeigte sich der Skorpion in den für die Gegend typischen Legesteinmauern in den Weingärten oder in der Nähe offener Steine in der Stadt. Es kann aber speziell im Herbst vorkommen, dass er sich auch in Häuser verirrt, da er sich zu dieser Zeit an warme und geschützte Orte zurückzieht, um dort zu überwintern. So wurde etwa ein Tier im Turnsaal der Handelsakademie Krems gefunden. Da die Triestiner Skorpione die einzigen in Niederösterreich lebenden Skorpione sind, können sie kaum mit anderen Tieren verwechselt werden.

Der Triestiner Skorpion ist ausgewachsen etwa sechs Zentimeter lang und rotbräunlich, wobei seine Beine etwas heller gefärbt sind. Angst braucht man vor dem Spinnentier keine zu haben, erklärt Scheuch: „Da er seine Beute vor allem mit den großen Zangen festhält und umbringt, hat er einen vergleichsweise kleinen Stachel, den er nur äußerst selten einsetzt. Und selbst wenn man gestochen wird, ist es harmloser als ein Wespenstich.“

Wer auf Skorpionsuche geht, wird nachts am leichtesten fündig. Denn einerseits sind die Tiere nachtaktiv, andererseits sind die Skorpione UV-leuchtend. Wenn man Weingartenmauern in der Nacht mit einer Schwarzlichtleuchte, also mit einer UV-Lampe, absucht, reflektieren die Skorpione das Licht und werfen aus ihren Verstecken in den Ritzen neongelbes Licht zurück.

Im Mittelalter nach Krems eingeführt

Es wird vermutet, dass der Skorpion bereits im Mittelalter über Handelswege nach Niederösterreich kam. Man weiß, dass er damals als besonders wertvoll für die Herstellung von medizinischen Heilmitteln galt. Die Sekrete, die er in Öl absonderte, wenn man ihn darin ertränkte, wurden bei Tierbissen und als Allheilmittel eingesetzt.

Seit dem Start der öffentlichen Sichtungsaktion sind bisher etwa 70 Meldungen eingegangen, und Martin Scheuch hofft auf viele weitere. Bisher kann man nicht einmal Schätzungen über die Größe der Population anstellen. Es gäbe unzählige Fragen zu beantworten, da das Tier noch beinahe unerforscht ist. „Aus diesem Grund eignet sich aber auch die Einbindung der Bevölkerung so gut. Würden wir etwa eine sehr spezielle Heuschreckenart untersuchen, die Laien kaum von anderen Heuschrecken unterscheiden können, würde die Situation anders aussehen als bei diesem seltenen Skorpion,“ so der Wissenschafter.

07.11.18 Triestiner Skorpion Sichtungen Wissenschaft Krems

Martin Scheuch

Der Triestiner Skorpion ist ausgewachsen nur wenige Zentimeter groß

Auch das Bundesrealgymnasium Krems-Ringstraße rund um den Lehrer Hannes Wurzenberger ist fest im Forschungsprojekt verankert. Eine Schülergruppe, die Biologie als Wahlfach belegt hat, entwarf etwa Fragebögen, die in einigen Gebieten von Krems ausgeteilt wurden, in denen die Skorpione bereits gesichtet worden waren. Auch so erhofft man sich, noch mehr über die exotischen Tiere zu erfahren. Man kann bereits erste Erfolge verbuchen, berichtet Scheuch von der erfolgreichen Zusammenarbeit mit der Schule: „Es hat sich dadurch zum Beispiel jemand gemeldet, der seit den 1970er Jahren Aufzeichnungen führt und uns diese zur Verfügung stellt.“

Wie der Skorpion also nach Krems gekommen ist und ob er sich auch außerhalb der Stadt behaupten konnte, werden die Auswertungen aller Sichtungen sowie weitere Forschungen in den nächsten Jahren zeigen. Wer einen Skorpion findet, kann den Fundort und ein Foto des Tieres per E-Mail (kremser.skorpion@gmail.com) schicken.

Veronika Berger, noe.ORF.at

Link: