„Erdölstadt“ ist auf den Wind gekommen

Zistersdorf (Bezirk Gänserndorf) hat den Umstieg von fossiler auf erneuerbare Energie bereits geschafft. Die ehemalige „Erdölstadt“ ist eine „Windenergiestadt“. 27 Windräder erzeugen mehr Energie, als Zistersdorf verbraucht.

Auf den Äckern rund um Zistersdorf wird Wind geerntet: Zu den bereits bestehenden 24 Windkraftanlagen kamen in den vergangenen Monaten drei weitere dazu. Jede einzelne Anlage ist mit 140 Metern Höhe deutlich höher als die Kirchtürme und Silos der Region.

Zistersdorf Windenergie Windräder

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In Zistersdorf lebt man in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Windrädern

Die neuen „Sehenswürdigkeiten“ werden von der Bevölkerung durchwegs positiv gesehen, zeigt eine Umfrage von noe.orf.at am Zistersdorfer Wochenmarkt. „Der Ausblick ist vielleicht nicht so schön, aber von der Energieerzeugung her ist es optimal, dass es die Windräder gibt“, meint etwa Stefan Bauer aus Kollnbrunn (Bezirk Gänserndorf). Edith Piacsek aus Zistersdorf ergänzt: „Schließlich wollen wir alle den Strom, es ist ja alles elektrisch, egal ob in der Küche, im Wohnzimmer und sogar im Garten.“

Für Josef Trenk aus Palterndorf (Bezirk Gänserndorf) war der Anblick der großen Windräder am Anfang ungewohnt, er habe sich aber daran gewöhnt, sagt er. Sabine Januvic aus Hohenau an der March (Bezirk Gänserndorf) meint, dass die Energieerzeugung mit Windrädern vielleicht nicht ganz unproblematisch sei, aber auf alle Fälle die bessere Alternative zu Atomkraft oder Kohlekraftwerken.

Bevölkerung in Planung eingebunden

Zistersdorfs Bürgermeister Wolfgang Peischl (ÖVP) erklärt, dass die Bevölkerung bei der Planung der Windkraftanlagen eingebunden wurde: „Die Mindestentfernung zu den Siedlungen beträgt 1.200 Meter. Wir haben Informationsabende veranstaltet, bei denen im Einzelfall auch Projekte geändert worden sind." Die Windräder, die jetzt in Betrieb seien, würden sämtliche Auflagen erfüllen und stoßen daher auch auf breite Akzeptanz in der Stadt, meint der Bürgermeister.

Zistersdorf Kreisverkehr Erdöl Bohrturm

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Kein Windrad, sondern eine Erdölpumpe ziert den Kreisverkehr in der ehemaligen „Erdölstadt“

Wind liefert Strom für 55.000 Haushalte

In Zistersdorf leben knapp 6.000 Menschen, es gibt 2.700 Haushalte. Die 27 Windkraftanlagen liefern Strom für mehr als 55.000 Haushalte. Dennoch steht im Kreisverkehr im Stadtzentrum kein Windrad, sondern eine Erdölpumpe. Zistersdorf ist aus historischer Sicht die Erdölstadt, erklärt der stellvertretende Obmann des Museumsvereins, Johann Hofstetter: „Bei uns gab es im Jahr 1930 die erste Erdölförderung Österreichs. Im Ortsteil Windisch-Baumgarten wurde Erdöl gefunden, allerdings war die Bohrung damals noch nicht wirtschaftlich."

Ein Besuch im Stadtmuseum zeigt, dass die Erdölgewinnung in Zistersdorf aber rasch rentabel wurde: Wie die sprichwörtlichen Schwammerln sind die Bohrtürme rund um Zistersdorf damals aus den Äckern geschossen.

Zistersdorf Erdöl Bohrung

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An dieser Stelle in Zistersdorf wurde 1930 österreichweit erstmals nach Erdöl gebohrt

Strom aus Müll

Neben Erdölförderung und Windkraft gibt es in Zistersdorf noch eine dritte Art, Energie zu gewinnen: In der Müllverbrennungsanlage werden Abfälle „thermisch verwertet“, wie es offiziell heißt. Per Bahn und Lastwagen werden 150.000 Tonnen Müll jährlich angeliefert und verbrannt. Mit dem 24 Stunden täglich lodernden Feuer wird Wasser zu Dampf erhitzt. Über eine Turbine wird elektrischer Strom erzeugt, mit dem weitere 30.000 Haushalte versorgt werden können.

Fabian Fessler, noe.ORF.at

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