Gelockerte Haft: Ein Stück mehr Freiheit

Manchen Insassen von Justizanstalten können die letzte Zeit ihrer Haft in gelockertem Maßnahmenvollzug verbringen. Dort genießen sie größere Freiheiten und sollen auf die Zeit nach ihrer Entlassung vorbereitet werden.

Die Strafvollzugsanstalt Stein (Bezirk Krems) ist die größte Österreichs. Neben der Hauptanstalt gibt es zehn Kilometer entfernt eine Außenstelle in Oberfucha. Dort werden derzeit 21 Insassen im gelockerten Vollzug auf ihre Entlassung vorbereitet. Allerdings schafft es nur ein geringer Teil der Strafgefangenen in den gelockerten Vollzug. Erst nach einer eingehenden Risikoprüfung und bei guter Führung bekommen manche die Möglichkeit, die letzte Zeit ihrer Strafe in der Außenstelle abzusitzen.

Arbeit als sinnvolle Beschäftigung

In Österreich ist jeder Strafgefangene gesetzlich dazu verpflichtet, während seiner Haft einer Beschäftigung nachzugehen. Neben einer Imkerei und einem Recyclingbetrieb gibt es in der Außenstelle der Justizanstalt Krems-Stein eine Tischlerei. Dort werden vor allem Hochstände für die Jagd, Futterkrippen oder Futterhäuschen hergestellt. Auftraggeber sind sowohl Firmen als auch Privatpersonen. „Beschäftigung ist sehr wichtig, weil man sonst im Leben nicht weiterkommt. Sie hilft mir außerdem, die Zeit im Gefängnis zu überbrücken“, erzählt Peter W. Er ist 44 Jahre alt, hat mit Suchtgift gehandelt und wurde vor drei Monaten von Stein in die Außenstelle nach Oberfucha überstellt.

Stein Außenstelle Fucha

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In der Tischlerei werden Aufträge abgearbeitet

Von Montag bis Freitag, jeweils acht Stunden pro Tag, wird gearbeitet. Peter W. verdient in der Tischlerei 280 Euro im Monat. “Wir schauen, ob der Insasse erst einen Beruf erlernen muss. Wenn ja, dann versuchen wir hier eine Berufsausbildung auf die Beine zu stellen. Das kann zum Beispiel hier in der Tischlerei sein oder er besucht Ausbildungskurse“, sagt der stellvertretende Leiter der Justizanstalt Stein, Roland Wanek. Ob bei Therapien oder mit Kursen - die Insassen sollen so gut wie möglich auf die Zeit nach ihrer Haft vorbereitet werden.

Gelockerter Vollzug als Ziel

„Man kann sich hier viel freier bewegen und ich komme in den Genuss, regelmäßig meine Familie zu sehen“, erzählt Insasse Peter W. Wer es in den gelockerten Vollzug geschafft hat, bekommt jedes zweite Wochenende Ausgang. Die Strafgefangenen müssen bei jeder Rückkehr einen Alkoholtest machen, auch Drogenkontrollen gibt es. Außerhalb der Arbeitszeit dürfen sie ihr Handy benutzen und können sich mit ihrem verdienten Geld zum Beispiel Kleidung oder technische Geräte kaufen.

Stein Außenstelle Fucha

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In Oberfucha wird auch Honig hergestellt

„Solange das Verhalten in Ordnung ist, dürfen sich die Insassen zum Beispiel einen Fernsehapparat über den Versandhandel bestellen“, erklärt Wanek. „Das Paket wird auf verbotene Gegenstände kontrolliert und erst dann dem Strafgefangenen übergeben“, so Wanek. Peter W. muss noch einige Zeit in Oberfucha verbringen. In den vergangenen zehn Jahren haben drei Insassen versucht, während des Ausgangs unterzutauchen. „Man wird mit der Zeit vernünftig und will nichts mehr aufs Spiel setzen“, sagt Peter W., „und natürlich habe ich das Ziel, keine Straftaten mehr zu begehen.“

Birgit Brunner, noe.ORF.at