Zwei glücklich geschiedene Gemeinden
Durch die Gemeindereform 1972 wurde die Zahl der Gemeinden in Niederösterreich von 1.571 auf 574 reduziert worden. In den meisten der neu gebildeten Großgemeinden raufte sich die Bevölkerung im Lauf der Jahre zusammen. In einigen Gemeinden wurde hingegen auch Jahrzehnte danach noch gestritten.
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Konflikte als Teil des Gemeindealltag
Auch in der Großgemeinde Zeiselmauer-Wolfpassing erinnert man sich noch gut an die Streitereien mit der Nachbargemeinde: „Für uns war das immer eine aufgezwungene Zwangsehe“, sagt der Bürgermeister von Muckendorf-Wipfing, Hermann Grüssinger (ÖVP): „Wir waren nicht verfeindet. Es gibt aber in den beiden Orten eine komplett andere Lebenseinstellung. Das klingt komisch, weil Muckendorf und Zeiselmauer nur zwei Kilometer voneinander getrennt sind, aber das ist einfach so und wird auch immer so bleiben.“
Der damalige Bürgermeister von Zeiselmauer, Josef Meyer (SPÖ), bestätigt das: „Es wurde nur gestritten. Ich habe gesagt, dass die Beziehung zwischen den Orten deutlich besser werden muss. Da das nicht gelungen ist, war die Trennung die einzig mögliche Lösung.“
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Volksabstimmung entschied über die Trennung
In den 1990er Jahren wurden zwei Volksabstimmungen über die Gemeindetrennung durchgeführt. Bei der ersten gab es nur in Muckendorf eine Mehrheit für eine Trennung, die Bevölkerung von Zeiselmauer war dagegen. Bei einer zweiten Volksabstimmung waren beide Gemeindeteile dafür und es wurden Verhandlungen über eine Art Scheidungsvertrag aufgenommen.
„Wir sind tagelang zusammengesessen und haben über alles diskutiert. Dabei hat man zugegebenermaßen schon manchmal versucht, die andere Seite über den Tisch zu ziehen. Am Schluss gab es aber eine Trennungsvereinbarung, die für beide Seiten annehmbar war“, erinnert sich Josef Meyer. Wichtig sei gewesen, dass die beiden neuen Gemeinden nach der Trennung finanziell überlebensfähig blieben. „In Muckendorf hat die Gemeinde einen großen Grundbesitz direkt an der Donau“, erklärt Hermann Grüssinger. „Die Grundstücke sind verpachtet, dadurch haben wir jährlich Einnahmen von mehreren 100.000 Euro."
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Grüssinger: „Muckendorf ist frei“
Die Trennungsvereinbarung wurde von der Niederösterreichischen Landesregierung genehmigt. Seit dem 1. Jänner 1998 ist Muckendorf-Wipfing, wie es offiziell heißt, eine eigenständige Gemeinde. „Wir haben in der Silvesternacht auf dem Balkon des provisorischen Gemeindeamts gefeiert“, erinnert sich Hermann Grüssinger, der seit damals Bürgermeister ist, "ich habe der Bevölkerung die Trennungsurkunde gezeigt, ‚Muckendorf ist frei‘ war das Motto damals.“
Seit der Selbstständigkeit verdoppelte sich die Einwohnerzahl fast - von 860 auf 1.700. Neben Kanal- und Wasserversorgung wurden auch der Sportplatz, das Feuerwehrhaus, ein Kindergarten und das Gemeindeamt neu gebaut. Auch in Zeiselmauer (2.300 Einwohner), das mittlerweile offiziell Zeiselmauer-Wolfpassing heißt, ist man mit der Trennung zufrieden: „Wenn gestritten wird, geht viel Kraft und Energie verloren“, sagt der ehemalige Bürgermeister von Zeiselmauer, Josef Meyer.
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„Es ist auch in Zeiselmauer einiges weitergegangen, das als Großgemeinde nicht möglich gewesen wäre.“ Die Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden sei jetzt besser als vor der Trennung. Man betreibt gemeinsam die Volksschule. In die Kirche gehen die Muckendorfer nach Zeiselmauer, da Muckendorf keine eigene Pfarre hat.
Seit 1998 keine Gemeindetrennungen mehr
Die Trennung von Zeiselmauer in Muckendorf und Zeiselmauer im Jahr 1998 war die bislang letzte Gemeindetrennung in Niederösterreich. In den 1980er und 1990er Jahren gab es acht weitere Trennungen: Wolfsthal-Berg (Bezirk Bruck an der Leitha) wurde in Wolfsthal und Berg getrennt. Aus Gartenbrunn (Bezirk Mistelbach) wurden Gaubitsch und Unterstinkenbrunn, aus Stratzing-Droß (Bezirk Krems) Stratzing und Droß.
Das bis zur Trennung zu Grünbach am Schneeberg (Bezirk Neunkirchen) gehörende Höflein an der Hohen Wand wurde eigenständig. Ebenso das zu Spannberg (Bezirk Gänserndorf) gehörende Velm-Götzendorf, ebenso wie das zu Falkenstein (Bezirk Mistelbach) gehörende Ottenthal. Gleich vier neue Gemeinden gab es nach der Auflösung von Steinfelden (Bezirk Baden): Blumau-Neurißhof, Günselsdorf, Tattendorf und Teesdorf. Derzeit liegen keine Anträge auf Gemeindetrennungen vor, bestätigt das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung.
Fabian Fessler, noe.ORF.at