Antidepressiva richtig einnehmen

Gerade in der kalten und grauen Jahreszeit werden Antidepressiva in Apotheken sehr oft nachgefragt. Den Mangel an Glückshormonen auszugleichen geht aber nicht von einem Tag auf den anderen.

Sendungshinweis

„Radio NÖ am Vormittag“, 16.1.2019

Unser Gehirn besteht aus Milliarden von Nervenzellen, sogenannten Neuronen, die unentwegt Signale verarbeiten und weitertragen. Zu diesem Zweck sind sie durch Kontaktstellen verbunden, den Synapsen. Damit Signale über diese Synapsen weitergetragen werden können, braucht es verschiedene Überträgersubstanzen, auch als Neurotransmitter bekannt. Eine solche Überträgersubstanz ist das Serotonin, gemeinsam mit Noradrenalin und Dopamin die wichtigsten im Zusammenhang mit Depressionen. Sie sorgen dafür, dass sich Glücksgefühl und Wohlbefinden einstellen, landläufig werden sie daher auch als Glückshormone bezeichnet. Diese „körpereigenen Drogen“ zeichnen sich durch ihre stimulierende, entspannende, schmerzlindernde Wirkung aus.

Psychopharmaka wirken erst nach einiger Zeit

Am Beginn einer Therapie mit Antidepressiva kommt es zu einem geteilten Wirkungseintritt. Die akute Wirkung zeigt sich eher beruhigend, die eigentliche antidepressive Wirkung mit Antriebssteigerung und Stimmungsaufhellung setzt nicht immer sofort ein, sondern oft erst nach etwa zwei bis drei Wochen. Auch hier kommt es zuerst zur Antriebssteigerung und dann erst zur Stimmungsaufhellung.

Für Patienten bedeutet das eine schwierige Zeit. Sie erfordert Geduld vom Patienten und eine engmaschige Betreuung durch den behandelnden Arzt. Daher eignen sich Antidepressiva nicht als „happy pill“ mit Sofortwirkung, sie sollten stets mit psychotherapeutischen Verfahren kombiniert angewendet werden.

Antidepressiva nicht eigenmächtig absetzen

Grundsätzlich verursachen Antidepressiva keine Abhängigkeit, eigenmächtige Dosisveränderungen bzw. Absetzen einer Therapie sind allerdings nicht erlaubt und erfordern grundsätzlich eine ärztliche Begleitung. Die Leitlinien empfehlen auch eine begrenzte Anwendungsdauer und eine Beibehaltung der ärztlich verordneten Dosis. Beim Absetzen von Antidepressiva sind dennoch einige Punkte zu beachten, um sogenannte Absetznebenwirkungen zu verhindern oder zumindest zu vermindern.

Antidepressiva werden prinzipiell gut vertragen, Nebenwirkungen sind aber nicht auszuschließen. Vor allem bei älteren Präparaten können Mundtrockenheit, Verstopfung, Herzrhythmusstörungen, aber auch Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen, Schlafstörungen bis hin zu erhöhtem Augeninnendruck oder Erregtheit auftreten, vor allem am Beginn der Behandlung. Die Beschwerden lassen im Lauf der Therapie meist nach.

Nicht empfohlen sind Kombinationen mit anderen beruhigenden oder schlafanstoßenden Substanzen, Johanniskrautpräparaten, Alkohol oder bestimmten Migränemitteln. Als pflanzliche Alternative verspricht Lavendel aufgrund guter Studienergebnisse in Zukunft eine wichtige Rolle zu spielen.

Psychopharmaka auch gegen chronische Schmerzen

Nicht jeder Patient, der mit einem Rezept für ein Antidepressivum in die Apotheke kommt, leidet an einer Depression, sie haben als Koanalgetika vor allem bei neuropathischen Schmerzen, also Schmerzen des Nervensystems ihren festen Platz. Dies führt oft dazu, dass Schmerzpatienten glauben, ihr Arzt hält sie für depressiv.

Zu den Anwendungsgebieten gehören neben der diabetischen Neuropathie oder Neuralgie, auch Herpes (Gürtelrose) oder Tumorschmerzen sowie Fibromyalgie, Rückenschmerzen und bestimmte chronische Kopfschmerzarten. Die Schmerzlinderung tritt in der Regel innerhalb einer Woche ein, verwendet wird meist eine geringere Dosis. Am besten belegt ist diese Wirkung für tricyclische Antidepressiva und funktioniert über die Hemmung bestimmter Nervenbahnen in Gehirn und Körper.