Hanf als Arzneimittel steht hoch im Kurs

Die Hanfpflanze kann Nebenwirkungen während einer Krebstherapie reduzieren. Trotzdem werden die Inhaltsstoffe oft auf ihre berauschende Wirkung reduziert. Cannabis wurde nun zur österreichischen Arzneipflanze des Jahres gewählt.

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„NÖ heute“, 30.4.2018

Hanfblätter mit ihrer charakteristischen Form und dem intensiven Geruch enthalten mehr als 500 Inhaltsstoffe. Einige davon werden medizinisch genutzt. Der Hauptwirkstoff – das sogenannte Tetrahydrocannabiol (THC) – ist in Österreich erhältlich, sofern vom Arzt verschrieben.

Bei THC handelt es sich um ein Cannabinoid, das aus Hanf gewonnen wird. Da der menschliche Körper Cannaboide produziert, verfügt er über Bindungsstellen im Nervensystem, um die pflanzliche Form aufzunehmen. Der medizinische Einsatz erfolgt primär in der Schmerztherapie. Die Anwendungsgebiete sind vielfältig. Nachweisliche Erfolge reichen von der Tumorbehandlung über die Palliativmedizin bis hin zur Entspannung bei Muskelkrämpfen.

Besteht die Gefahr neuer Nebenwirkungen?

Einig sind sich Mediziner, dass eine Behandlung nur als Ergänzung zu herkömmlichen Schmerzmitteln sinnvoll ist. „Vor allem bei neuropathischen (Anm. durch den Nerv selbst verursacht), chronischen Schmerzen kann die Dosis herkömmlicher Schmerzmedikamente verringert werden und somit deren Nebenwirkungen“, erklärt Pharmakognostin Brigitte Kopp von der Universität Wien.

Cannabis

dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Medizinisches Cannabis wird meist zur Schmerztherapie verschrieben

Zudem soll THC den Appetit steigern und Übelkeit vorbeugen – ein weiterer Grund, warum die Substanz bei Krebspatienten während einer Chemotherapie verwendet wird. Gleichzeitig gilt es zu beachten, dass Cannabinoide nicht frei von Nebenwirkungen sind. Die Folgeerscheinungen können sich durch Konzentrationsschwäche, Müdig- sowie Antriebslosigkeit und sogar Depressionen bemerkbar machen.

Experten haben Verständnis für Berührungsängste, dafür gebe es allerdings keinen Grund, wenn eine gesundheitliche Notwendigkeit bestehe. „Die Wahrscheinlichkeit von Cannabis abhängig zu werden, ist gerade im medizinischen Bereich sehr gering“, so Christian Korbel, Vorstand der Abteilung für Abhängigkeitserkrankungen des Landeskrankenhauses Mauer (Amstetten). Korbel gibt zwar zu bedenken, dass speziell bei Patienten mit einer Neigung Psychosen nicht ausgeschlossen werden können, doch dieses Risiko betrifft in erster Linie Menschen, die zu hohe Mengen einnehmen bzw. Cannabis missbrauchen.

Neuer Arzneistoff bald am Markt

Ein weiterer wesentlicher Bestandteil der Hanfpflanze ist Cannabidiol (CBD). Der Inhaltsstoff ist nicht berauschend und unterliegt somit weder dem Arznei- noch dem Suchtmittelgesetz. In Kombination mit dem breiten Einsatzgebiet sieht die Pharmaindustrie hier eine Chance, den Ruf von Hanfprodukten zu verbessern.

Hanf Cannabis

APA/dpa-Zentralbild/Patrick Pleul

Eine risikolose Einnahme von Cannabis ist nur durch ärztliche Begleitung gewährleistet

Dementsprechend bald – spätestens im kommenden Jahr – sollen CBD-Produkte am heimischen Markt erhältlich sein. Das Wirkungsspektrum umfasst antientzündliche, antiepileptische und antipsychotische Effekte. Erforscht ist die Anwendung zudem bei Epilepsien und Schizophrenie im frühen Kindesalter. Zusätzlich wird vermutet, dass sich die Einnahme bei Gehirntumoren positiv auswirken könnte. In diesem Bereich wird noch geforscht.

In der Zwischenzeit raten Ärzte klar von einer Selbstmedikation ab, besonders vor dem Rauchen des Hanfkrauts. Neben den gesundheitsschädlichen Folgen des Rauchens ist die Konzentration von Cannabis nur schwer zu bestimmen, da Anbau und Lagerung einen großen Einfluss haben. Auch ist eine exakte Dosierung nahezu unmöglich.

Pharmakognostin Brigitte Kopp stellt deshalb klar: „Die positiven Effekte wirken beim Rauchen kurzfristig stark und lassen dann schnell nach. Es gibt keinen wissenschaftlichen Beleg, dass das Kraut einen Vorteil gegenüber der Reinsubstanz hätte.“ Hanf ist somit eine wirksame Pflanze, ihre Einnahme sollte aber ausnahmslos unter medizinscher Betreuung erfolgen.

Markus Strohmayer und Manuela Matl, noe.ORF.at

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