Immer mehr Missbrauchsopfer melden sich

Nachdem sich in Wien Missbrauchsopfer gemeldet haben, scheint eine Welle losgetreten worden zu sein. Immer mehr Menschen melden sich, die sagen, in den 1960er/70er-Jahren in Kinderheimen missbraucht worden zu sein. Auch in Niederösterreich gibt es einige neue Fälle.

In ehemaligen oder zum Teil noch bestehenden Jugendheimen sollen sich auch in Niederösterreich zahlreiche Vorfälle von Gewalt und sexuellem Missbrauch zugetragen haben. 23 Fälle waren der Opferschutz-Kommission in Niederösterreich bisher bekannt, 14 davon sind fertig abgehandelt, neun werden noch untersucht.

Nach den jüngsten Enthüllungen aber wird auch die Zahl derer mehr, die sich melden und die bisher nicht untersucht worden sind. Allein am Mittwoch wurden fünf solcher Fälle in Niederösterreich neu gemeldet.

„In der Schule von Lehrern geschlagen worden“

Sowohl in Wien als auch in Niederösterreich tauchen immer mehr Menschen auf, die darüber reden wollen, wie sie als Kinder misshandelt worden sind. Einer von ihnen ist Karl Hieß. Er war im Jugendheim Allentsteig. Er schilderte Einzelheiten, die heutzutage unglaublich erscheinen. Hieß verglich das Martyrium mit einem Gefängnis.

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„Wenn jemand ausgebrochen ist aus dem Heim und er wurde dann wieder zurückgeholt, dann wurde demjenigen eine Glatze geschert, dass jeder weiß, dass er vom Heim geflüchtet ist. Wir sind auch in der Schule von den Lehrern geschlagen worden“, sagt Karl Hieß.

Auch sexueller Missbrauch sei an der Tagesordnung gestanden. Oft habe er davon gesprochen, Gehör habe er kaum gefunden.

Land sucht Zusammenarbeit mit Opfern

Otto Huber von der Opferschutzkommission des Landes spricht von einer offenen Aufarbeitung in Zusammenarbeit mit den Opfern. Dass es früher in zum Teil heute schon geschlossenen Einrichtungen fallweise zu Gewaltexzessen gekommen sei, das sei nachgeprüft und bestätigt worden.

Allerdings seien die Vorgänge von damals mit den heute herrschenden Bedingungen für die Kinder nicht vergleichbar, weshalb er weiterhin keine Namen von betroffenen Heimen nennen will, auch aus Gründen des Opferschutzes, sagte Huber.