Neue Auden-Gedenkstätte in Kirchstetten
Das idyllische Haus, direkt am Waldrand gelegen, soll Wystan Hugh Auden ein wenig an ein englisches Landhaus erinnert haben. Er war sofort begeistert von ihm. 1958 kaufte Auden, der zuvor in Italien gelebt hatte, mit dem Geld aus dem Feltrinelli-Literaturpreis das abgelegenes Häuschen am Waldrand, mit der aussagekräftigen Adresse Hinterholz 6 und pendelte von da an zwischen New York und Kirchstetten.
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Gemeinsam mit seinem Lebensgefährten Chester Kallman schrieb er Opernlibretti für Hans Werner Henze, Benjamin Britten und Igor Stravinsky und war etwa mit Leonard Bernstein und John F. Kennedy befreundet. Thomas Manns Tochter Erika heiratete er, um ihr ein Visum für die USA zu verschaffen (Fotos im Video).
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W.H. Auden in Kirchstetten
Der berühmte Lyriker verbrachte von 1958 bis zu seinem Tod 1973 die Sommer in Kirchstetten, wo auch ein Teil seines Spätwerks entstand.
In Kirchstetten genoss er die Ruhe und Abgeschiedenheit, ging jeden Sonntag zur Messe und ins Wirtshaus gegenüber der Kirche und schrieb auch Gedichte über das Haus und den Ort.
Weltbekannt in Kirchstetten
Kirchstetten ist seither bei Literaturliebhabern im englischen Sprachraum ein Begriff, ein Grund, die in die Jahre gekommene Gedenkstätte neu zu gestalten, erläutert Gabriele Ecker von der Abteilung Kunst und Kultur des Landes Niederösterreich: „Besonders wichtig ist, dass die erläuternden Texte und Hörszenen in der Ausstellung jetzt zweisprachig sind, weil wir gesehen haben, dass in der Vergangenheit sehr viele Gäste aus Amerika, England und Japan zu uns kommen.“
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„Als zusätzlichen neuen Service haben wir versucht, in seinem Arbeitsraum, also in jenem Raum, in dem sein Werk entstanden ist, zu zeigen, welche Bücher und Autoren wesentlichen Einfluss auf ihn ausgeübt haben“, sagt Helmut Neundlinger vom Literaturarchiv des Landes Niederösterreich.
Auden beschrieb das Gefühl einer Generation
Mit dem epischen Gedicht „The Age of Anxiety“ („Das Zeitalter der Angst“) drückte Auden das Lebensgefühl der Generation der 1950er Jahre aus. „Das war Zufall und hat sehr stark mit den Ereignissen im Zweiten Weltkrieg zu tun“, sagte Auden in einem ORF-Film aus dem Jahr 1966 über sein Werk „The Age of Anxiety“. Mit dem Umzug nach Kirchstetten erweiterte sich Audens gesellschaftspolitische Dichtkunst um private und religiöse Themen.
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Viele englischsprachige Kritiker nahmen ihm den Wandel übel. Denn jedes neue Werk von Auden wurde in der anglo-amerikanischen Literaturszene und der Presse stark wahrgenommen. „Er schaffte es, über diese Momente der privaten Existenz und seine Begegnungen sehr viel vom Zustand der Welt zu erzählen, und da ist Kirchstetten ein ganz markanter Einfluss“, so Neundlinger.
Auden, der stille Außenseiter
In Kirchstetten war Auden durch sein offenes Zusammenleben mit seinem Lebenspartner Kallman lange Zeit ein Außenseiter. Wie bedeutend der berühmte Mitbürger war, musste erst publik gemacht werden.
„Wir haben in der Gemeindezeitung das Leben Audens in Fortsetzungen abgedruckt, und so konnte jeder Gemeindebürger sehen, wer Auden war“, erzählt Kirchstettens ehemalige langjährige Kulturreferentin Maria Rollenitz, die als Kind Auden noch kennengelernt hat. In einem schlichten Grab am alten Friedhof bei der Kirche liegt W.H. Auden begraben. Auf sein Haus mit der Adresse Hinterholz 6 war Auden stets sehr stolz.