Traiskirchen: Ein Jahr nach dem Zustrom

Der starke Flüchtlingszustrom hat vor einem Jahr im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen (Bezirk Baden) zu einer Ausnahmesituation geführt. 4.700 Menschen waren untergebracht, 2.000 darunter obdachlos. Ein Jahr danach hat sich die Situation entspannt.

Im Sommer 2015 sind knapp 20.000 Flüchtlinge pro Tag über die Grenze nach Österreich gekommen, 800 von ihnen stellten einen Asylantrag. Ein Jahr später hat sich die Lage in Niederösterreich weitgehend entspannt - mehr dazu in 15.500 Asylwerber in Niederösterreich (noe.ORF.at; 5.8.2016).

Traiskirchen Zelte

APA/Hans Klaus Techt

Im Sommer 2015 sorgten die Bilder von Zelten und obdachlosen Asylwerbern in Traiskirchen für Aufregung

Zahl der Asylwerber ging von Monat zu Monat zurück

Im Juli 2015 waren tausende Asylwerber auf dem Gelände des Erstaufnahmezentrums in Traiskirchen untergebracht. Viele waren obdachlos und mussten in Zelten oder auch Bussen schlafen, die bereit gestellt wurden, weil die Kapazitäten durch den Ansturm der Neuankömmlinge völlig überfordert waren - mehr dazu in Neuer Rekord: 4.300 Flüchtlinge in Traiskirchen (noe.ORF.at; 27.7.2016). Im August des Vorjahres erstellte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) einen Prüfbericht und kam zu dem Urteil, dass es in Traiskirchen „unmenschliche Behandlung“ gebe - mehr dazu in Amnesty: „Unmenschliche Behandlung“ (noe.ORF.at; 14.8.2016).

Zwölf Monate danach hat sich die Situation entspannt. Die Zahl der Flüchtlinge im Erstaufnahmezentrum ging von Monat zu Monat zurück. Derzeit sind in Traiskirchen 700 Asylwerber untergebracht. Der Bürgermeister Andreas Babler (SPÖ) spricht davon, dass Traiskirchen eigentlich gewonnen hat. „Es ist etwas Untypisches in unserer Geschichte, dass wir heute, nach dem Jahr 2015 vor allem, ein positives Klima haben gegenüber den Menschen in Traiskirchen. So dass wir Wertschätzung genießen und dass die Leute nicht mehr sagen ‚Pah, Wahnsinn, und Traiskirchen‘, sondern dass sie Respekt zollen unserer Bevölkerung gegenüber.“

Unterdessen pocht Babler nach wie vor auf die Einhaltung der vereinbarten Obergrenze von 480 Flüchtlingen. Er plädiert für eine Weitsicht in der Politik, um so etwas wie letztes Jahr in Traiskirchen zu verhindern. „Dafür braucht es jetzt Weichenstellungen, mehrere neue Erstaufnahme-Kapazitäten.“

Reisebus fährt in Asyl-Erstaufnahmestelle in Traiskirchen

APA/Herbert P. Oczeret

Aktuell 8.000 freie Plätze für Asylwerber

Beim Innenministerium führt man die Entlastung auf die geringe Zahl der Asylanträge zurück und auf die Schaffung der Quartiere in den Bundesländern, sagt Karlheinz Grundböck, Sprecher des Innenministeriums. „In die beiden Erstaufnahmestellen, die noch verblieben sind - Traiskirchen und Thalham - kommen nur noch jene Fälle, wo einerseits eine Dublin-Klärung stattfindet, oder wo es um unbegleitete Minderjährige geht, die auch eine andere Betreuungssituation brauchen. Aber zu behaupten, Traiskirchen habe heute noch dieselbe exklusive Position, wie sie das noch vor einem Jahr gehabt hat, ist völlig falsch“, sagt Grundböck.

Ausschließen könne man eine abermalige Verschärfung der Situation nicht, aber die Voraussetzungen sind laut Grundböck deutlich besser geworden. „Wir haben aktuell - Bundesquartiere und Länderquartiere gemeinsam gerechnet - über 8.000 Plätze an freien Kapazitäten und zusäzlich hätten wir noch Notquartiere, die wir sofort aktivieren könnten im Ausmaß von rund 20.000 Plätzen. Das heißt, wir sind deutlich besser augestellt, als wir das noch vor einem Jahr gewesen sind.“

Mithilfe der Bevölkerung als entscheidendes Maß

Zur Entspannung der Situation in Niederösterreich hat das Großquartier auf dem Gelände des Flughafens Schwechat (Bezirk Wien-Umgebung) maßgeblich beigetragen. Das Containerquartier, das vom Roten Kreuz betrieben wird, bietet Unterkunft für 370 Asylwerber. Verschiedene Volks- und Glaubensgruppen sind in Schwechat untergebracht. Zu Konflikten kommt es aber kaum, sagt der Geschäftsführer des Roten Kreuzes Niederösterreich, Peter Kaiser. „Die ethnischen Konflikte haben wir durch Grundsatzmaßnahmen vermieden. Indem wir geschaut haben, dass in den einzelnen Wohneinheiten die Asylwerberinnen und Asylwerber so getrennt sind, dass es eben von Haus aus nicht zu diesen ethnischen Konflikten kommen kann.“

Containerdorf am Flughafen Schwechat

Flughafen Schwechat

Das Containerdorf auf dem Flughafengelände in Schwechat gibt es seit Dezember 2015.

Die Lage im Industriegebiet ist schwierig, unter anderem müssen die Kinder in die Schule nach Schwechat gebracht werden. Insgesamt aber resümiert das Rote Kreuz zufrieden. „Wir wissen, dass Intregrationsleistung in kleineren Einheiten vielleicht besser funktionieren kann. Aber ich muss wirklich sagen, dass es gelungen ist - durch die intensive Mithilfe der Bevölkerung - die Menschen sozusagen in unsere Kultur hineinzuholen“, sagt Kaiser. Insgesamt betreut das Rote Kreuz in Niederösterreich

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