Großhofen: Kleinste Gemeinde Niederösterreichs
Wenn man sich an das Tempolimit von 50 km/h hält, braucht man exakt 18 Sekunden, um in Großhofen (Bezirk Gänserndorf) von einem Ortsende zum anderen zu fahren. In der kleinsten Gemeinde Niederösterreichs gibt es kein Wirtshaus, keine Tankstelle und kein einziges Geschäft. Ebenso vergeblich sucht man Schulen oder Kindergärten.
„Manchmal gibt es Parteienverkehr“
Allerdings hat Großhofen ein Gemeindeamt, das eine Stunde pro Woche geöffnet hat. Jeden Mittwochabend kommt Harald Schöner, der eigentlich Amtsleiter im benachbarten Markgrafneusiedl ist, um gemeinsam mit Bürgermeister Georg Weichand (ÖVP) die Post zu erledigen und Rechnungen zu bezahlen. „Manchmal gibt es auch Parteienverkehr“, sagt Schöner, „das sind Anfragen wegen Bauplätzen oder jemand kommt, um gelbe Müllsäcke zu holen.“
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Die meisten Gemeindeaufgaben erledigt Großhofen in enger Zusammenarbeit mit den Nachbargemeinden im Bezirk. Die Kinder fahren mit dem Bus in den Kindergarten nach Glinzendorf, zur Volksschule nach Markgrafneusiedl und in die Mittelschule nach Leopoldsdorf.
Windräder sorgen gut ausgeglichenes Budget
1938 wurde Großhofen in Wien eingemeindet. 1954 kam der Ort wieder nach Niederösterreich zurück. Die finanzielle Besserstellung der sogenannten Randgemeinden ermöglichte damals die Selbstständigkeit. Mittlerweile sorgt der im Marchfeld wehende Wind für ein ausgeglichenes Gemeindebudget, erklärt Bürgermeister Weichand gegenüber noe.ORF.at: „2012 haben wir Windräder gebaut, die uns jedes Jahr ein Körberlgeld in die Gemeindekassa bringen.“
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Dank sparsamer Verwaltung und Windkrafteinnahmen konnte sich die kleine Gemeinde zuletzt den Neubau der Feuerwehrgarage leisten. Die Feuerwehr Großhofen hat 16 aktive Mitglieder, die neben den üblichen Feuerwehreinsätzen auch die beiden größten Feste in Großhofen organisieren - den Feuerwehrheurigen im Mai und den Großhofner Kirtag im September.
Bei Wahlen stets Rekordbeteiligung
Österreichweites Aufsehen erregt Großhofen regelmäßig bei Wahlen. Das Wahllokal schließt bereits am späten Vormittag, die wenigen Stimmen sind ein paar Minuten später ausgezählt. „Bei fast allen Wahlen haben wir die höchste Wahlbeteiligung Österreichs, immer mehr als 90 Prozent“, so der Bürgermeister. Die Wahlurne von Großhofen soll deshalb in Zukunft als Ausstellungsobjekt im Haus der Geschichte in Wien zu sehen sein.
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Großhofen wird voraussichtlich noch im Laufe des heurigen Jahres die 100-Einwohnergrenze überschreiten. Momentan gibt es sechs Bauplätze, auf denen demnächst gebaut wird. Dann dürfte es in Niederösterreich keine Gemeinde mehr geben, die weniger als 100 Einwohner hat.
Fabian Fessler, noe.ORF.at