Waldviertel: Heiratsboom mit Ostfrauen

Heimische Frauen verlassen strukturschwache Regionen wie das Waldviertel immer häufiger. Die Frauen fehlen, daher importieren die Männer immer öfters aus dem Osten. Mit fatalen Konsequenzen: Viele dieser Ehen funktionieren nicht.

Eine junge Frau aus Russland heiratet über eine Agentur einen um 30 Jahre älteren Mann aus dem Waldviertel, mit dem Traum von einem besseren Leben in Österreich. Sie wohnt im Bauernhof ihres Mannes in einem kleinen Dorf. Es entstehen schnell Konflikte mit den Schwiegereltern. Die Frau wird behandelt wie eine Bedienstete.

50 bis 100 Frauen mit einem ähnlichen Schicksal kommen jedes Jahr zur Frauenberatung Waldviertel. Sie kommen aus Ländern wie Russland, der Ukraine, Tschetschenien oder Rumänien und heiraten nach Österreich, um ein besseres Leben zu führen, oft mit ernüchterndem Ausgang.

Männer organisieren sich Frauen aus dem Osten

„Viele Männer wünschen sich Frauen, die arbeiten, die die Angehörigen pflegen. Männer mit veraltetem Rollenverständnis haben Probleme, Frauen zu finden. Sie organisieren sich Frauen aus dem Osten, z. B. Lkw-Fahrer mit Kontakten oder über Agenturen“, sagt Elisabeth Eckhart von der Frauenberatungsstelle.

Frauenberatungsstelle in Zwettl, rosarotes Stockhaus

ORF

Die Frauenberatungsstelle in Zwettl

„Das sind Frauen aus Russland, Weißrussland, Tschetschenien, etc. Diese Frauen lassen sich mit der Aussicht auf ein besseres Leben relativ schnell auf eine Ehe ein“, sagt Eckhardt. Viele einheimische Frauen gehen weg, weil sie ein selbstbestimmtes Leben führen wollen - mehr dazu in „Gehen die Frauen, stirbt das Land“ (noe.ORF.at).

Seit den 1980er Jahren ist die Zahl der binationalen Ehen im Waldviertel um 370 Prozent gestiegen. Heute werden pro Jahr etwa 50-60 Ehen mit ausländischen Partnern geschlossen, zeigen die Zahlen der Statistik Austria.

„Ganz entscheidend ist der Bildungsunterschied zwischen Ehemann oder Ehefrau. Viele dieser Frauen sind gut gebildet. Die Frauen sehen sich mit einem Alltag auf einer Landwirtschaft oder einem weniger gebildeten Mann konfrontiert“, sagt Rafaela Frank von der Frauenberatungsstelle.

Psychische Unterdrückung durch die Familie

„Sie haben eingeheiratet in eine wertkonservative Familie, wo sie eher als Arbeitskraft denn als Partnerin gesehen wird. Da kommt es zu psychischer Unterdrückung. Die Frau hat nicht genügend Rechte und kann nicht über die finanzielle Mittel verfügen, obwohl sie arbeitet“, erklärt Frank weiter.

Es kommt nicht oft zu Scheidungen, weil daran der Aufenthaltstitel der Frauen in Österreich hängt. „Die Frauen können nur in Österreich bleiben, wenn sie genügend finanzielle Mittel haben. Das können die meisten aber nicht erreichen.“ Viele entschließen sich daher, verheiratet zu bleiben: „Sie ertragen die Umstände, damit sie in Österreich bleiben können. Oft gibt es Kinder, die im Heimatland sind, und weiter versorgt werden müssen.“

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