Übergriff im Gefängnis: Freispruch im Zweifel

In Wr. Neustadt ist am Donnerstag ein 18-jähriger Häftling vor Gericht gestanden. Er soll einen 16-Jährigen in der Justizanstalt Gerasdorf mit einem Besen vergewaltigt haben. In diesem Fall wurde er freigesprochen. Dennoch gab es einen Schuldspruch: Drei Monate Haft wegen Körperverletzung.

Der Prozess hätte bereits im Oktober beginnen sollen, doch damals wurde die Verhandlung vertagt, weil ein wichtiger Zeuge nicht erschienen war - mehr dazu in Übergriff im Gefängnis: Prozess vertagt. Der gesamte Prozess lief am Donnerstag unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Aus der Anklageschrift ging hervor, dass der 18-jährige Angeklagte eine 30-monatige Strafe unter anderem wegen Erpressung, Raubes und Betrugs absitzen muss. Am 5. Jänner 2013, nicht einmal eineinhalb Monate nach der Verurteilung, kam es zur ersten Ausschreitung im Gefängnis. Angeblich, weil sein jüngerer Mitinsasse Schulden offen hatte, schlug der Angeklagte diesen im Haftraum nieder. Dazu bekannte sich der 18-Jährige von Anfang an schuldig.

„Im Zweifel für den Angeklagten“

Den zweiten Anklagepunkt, nämlich dass er im Fitnessraum des Gefängnisses denselben Burschen mit einem Besenstil sexuell missbraucht haben soll, wies der Angeklagte von sich. Der Schöffensenat unter dem Vorsitz von Richterin Andrea Rosensteiner fällte einen Freispruch „im Zweifel für den Angeklagten“.

„Es fehlt die für ein Strafverfahren erforderliche Sicherheit, dass die Vergewaltigung tatsächlich geschehen ist“, begründete die Richterin die Entscheidung. Bei dem angeblichen Opfer konnten im Spital keine Verletzungen objektiviert werden, der 16-Jährige habe sich auch bei seinen Schilderungen in Widersprüche verwickelt. Eine rektoskopische Untersuchung habe er abgelehnt, weil er sich geniert habe.

Maßnahmenpaket des Ministeriums

Der Fall, der erst im Sommer bekanntwurde, war einer von mehreren Zwischenfällen in Justizanstalten, in denen Jugendliche untergebracht sind. Mittlerweile hat das Justizministerium ein Maßnahmenpaket angekündigt, um den Jugendstrafvollzug zu verbessern. Erste Vorschläge aus dem Bericht der Arbeitsgruppe wurden am Mittwoch öffentlich gemacht. Jugendliche sollten demnach statt der U-Haft verstärkt in betreuten Einrichtungen untergebracht werden - mehr dazu in Diskussion über Jugendlichen-Strafvollzug.