Volksanwälte: Immer mehr Verfahren

Die Volksanwaltschaft hat in Niederösterreich in den Jahren 2012 und 2013 insgesamt 1.149 Prüfverfahren abgeschlossen. Das sind um 17 Prozent mehr als noch 2010/2011. 6.000 Menschen wandten sich mit Beschwerden an die Volksanwälte.

Die meisten Beschwerden betrafen Bauverfahren, Probleme mit der Mindestsicherung und der Jugendwohlfahrt. Nicht nur auf Niederösterreich bezogen forderten die Volksanwälte bei der Berichtspräsentation am Mittwoch eingangs ein Teilnahme- und Rederecht in allen Landtagen. Dieses gebe es bisher nur in Wien, teilweise in Salzburg und in der Steiermark, und sei wichtig im Sinne einer optimalen Entfaltung des präventiven Menschenrechtsschutzes, mit dem die Volksanwaltschaft seit Juli 2012 beauftragt wurde.

Volksanwälte fordern rasche Gefängnisreformen

Neben der öffentlichen Verwaltung werden seitdem auch Einrichtungen überprüft, in denen es zu Freiheitsentzug kommt oder kommen kann. Nach dem Skandal um einen verwahrlosten Häftling in der Justizanstalt Stein, fordert die Volksanwaltschaft die rasche Umsetzung der angekündigten Reformen in den Gefängnissen. Die Haftbedingungen müssen rasch verbessert werden, so Volksanwältin Getrude Brinek. Sie begrüßt die von Justizminister Wolfgang Brandstetter zugesagten 100 zusätzlichen Planstellen im Justizvollzug - mehr dazu in Causa Stein: Mehr Personal zugesagt.

Darüber hinaus wurde das Fehlen eines Mandats für eine Prüftätigkeit ausgegliederter Rechtsträger bemängelt. Die Kontrolle etwa der Asfinag oder über die kommunale Daseinsvorsorge sei dadurch sehr eingeschränkt.

Volksanwaltschaft

Volksanwaltschaft/Postl

Die Mitglieder der Volksanwaltschaft: Günther Kräuter, Gertrude Brinek, Peter Fichtenbauer

Im Rahmen des präventiven Menschenrechtsschutzes wurden in Niederösterreich 162 Kontrollen durchgeführt. Diese erfolgten zumeist unangekündigt etwa in Justizanstalten, in Einrichtungen der Polizei, der Jugendwohlfahrt, für Menschen mit Behinderung, in Alten- und Pflegeheimen, Psychiatrien, Krankenhäusern und Kasernen. Außerdem wurden vier Abschiebungen beobachtet.

Kritisiert wurde der Einsatz privater Sicherheitskräfte in Krankenhäusern, die am Beispiel des Landesklinikums Mödling zunehmend Aufgaben des medizinischen Personals übernehmen würden, lange Einschlusszeiten in Justizanstalten und Haftbedingungen in Polizeianhaltezentren. In der Justizanstalt Stein etwa würden Häftlinge wochentags ab 14.30 Uhr und an Wochenenden und Feiertagen ab 12.00 Uhr im Haftraum wegen Personalmangels eingesperrt werden. Im Polizeianhaltezentrum in St. Pölten gebe es Kritik an der Videoüberwachung der Toilettenbereiche. Die Aufnahmen sollen nur mehr undeutlich - etwa in verpixelter Form - wiedergegeben werden.

Mängel bei Mindestsicherung

Mängel ortete die Volksanwaltschaft auch beim Vollzug des Mindestsicherungsgesetzes, da die erhöhte Familienbeihilfe bei der Bemessung der bedarfsorientierten Mindestsicherung zuvor als Einkommen angerechnet wurde. Das Gesetz wurde Anfang dieses Jahres abgeändert. Trotzdem würden in Niederösterreich nur 32 Prozent der Berechtigten die Unterstützung in Anspruch nehmen, so Volksanwalt Günther Kräuter, der dies u.a. auf „mehr Scham am Land“ zurückführte.

Brinek hob hervor, dass Bürger immer mehr Beschwerden zu beabsichtigten Windkraftanlagen einbringen. Bei Genehmigungsverfahren müssten daher die Interessen der Nachbarn berücksichtigt werden, Abstandsregelungen zu Wohnanlagen sowie Interessen des Naturschutzes, des Orts- und Landschaftsbildes und des Tourismus gemäß des NÖ Raumordnungsgesetzes seien zu berücksichtigen.

Kritik an Veranstaltungsgesetz

Volksanwalt Peter Fichtenbauer regte eine Änderung des NÖ Veranstaltungsgesetzes an, da es keine klaren Vorgaben beinhalte, wie Anrainer etwa beim Frequency-Festival vor Lärm geschützt werden können. Außerdem kritisierte er die Verunstaltung des Geländes während der Veranstaltung heftig. Korrekturen im aus dem Jahr 1999 stammenden Campingplatzgesetzes müssten vorgenommen werden - mehr dazu in FM4 Frequency: 270 Tonnen Müll.

Landtagspräsident Hans Penz (ÖVP) wiederum bezeichnete in einer Aussendung die von der Volksanwaltschaft gewählte Vorgangsweise, den Bericht öffentlich zu präsentieren - ohne diesen im Voraus dem Niederösterreichischen Landtag zur Kenntnis zu bringen - als „Stillosigkeit ersten Ranges“. Weder dem Landtag noch der Landesregierung sei die Möglichkeit eingeräumt worden, sich ein klares Bild über die behaupteten Vorgänge zu machen, diese zu bewerten und darauf angemessen zu reagieren. Der Bericht war laut den Volksanwälten zeitgleich an die Öffentlichkeit und den Landtag ergangen.

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