Flüchtlingszelte in Traiskirchen stehen

Nach der Ankündigung am Vorabend hat das Innenministerium am Mittwoch seine Pläne wahr gemacht: Nahe des Erstaufnahmezentrums Traiskirchen (Bezirk Baden) wurden Zelte als Asylunterkünfte aufgebaut.

Der Aufbau von insgesamt 60 Zelten als Asylunterkünfte in Traiskirchen hatte Mittwochfrüh reibungslos begonnen. Über 100 Polizeischüler waren mit dem Aufstellen beauftragt, sagte Generalmajor Arthur Reis.

Am Dienstagabend war bekannt geworden, dass neben Salzburg und Oberösterreich nun auch in Niederösterreich Zelte für Flüchtlinge aufgestellt werden - mehr dazu in Traiskirchen: Zelte für Flüchtlinge.

Noch am Mittwoch sollen die Zelte bezogen werden, hieß es aus dem Ministerium, berichtete die Austria Presse Agentur. Man gehe „in Richtung Vollbelegung“ mit insgesamt 480 Personen. Mit dem Aufbau der insgesamt 60 Zelte waren zuvor mehr als 100 Polizeischüler beschäftigt. Gegen 20.00 Uhr wollte man fertig sein.

Die Zelte wurden auf dem Gelände der polizeilichen Sicherheitsakademie errichtet. Konkret handelt es sich um einen derzeit ungenützten Sportplatz. Das Gelände befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft zur chronisch überfüllten Asyl-Erstaufnahmestelle Traiskirchen.

Babler fordert Unterstützung des Landeshauptmanns

Dass das Innenministerium neben dem Erstaufnahmezentrum Zelte aufstellt, hatte den Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler (SPÖ) in Rage versetzt. Er hatte Gegenmaßnahmen angekündigt. Harte Kritik äußerte Babler auch in einem ZIB2-Interview am Dienstag - Video dazu in Babler im ZIB2-Interview (tvthek.ORF.at).

Einen „dringenden Appell“ richtete am Mittwoch an Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP). „Die Probleme, die durch die Zahl von über 2.000 aufhältigen Flüchtlingen existieren, müssen dringend beseitigt werden.“ Überdies müssten Zeltstädte in Niederösterreich - wie jenes auf dem Gelände der Sicherheitsakademie - verhindert werden. Der Landeshauptmann müsse „im Sinne der Menschlichkeit sofort Entscheidungen treffen“, hielt Babler in einer Aussendung fest, die er auch als „Hilferuf“ sah. Traiskirchen „braucht jetzt die Solidarität und die Unterstützung“ Prölls.

Pröll-Appell zu Vernunft und Sachlichkeit

Pröll appellierte am Mittwoch zu Vernunft und Sachlichkeit in der Diskussion. „Natürlich ist aufgrund des starken Zulaufes an Flüchtlingen eine Notsituation eingetreten.“ Pröll habe bereits am Dienstag reagiert, stellte Gerhard Karner, Sicherheitssprecher der ÖVP Niederösterreich, via Aussendung fest. In der Regierungssitzung sei „mündlich und auch schriftlich“ der Auftrag an den zuständigen Landesrat Maurice Androsch (SPÖ) ergangen, mit anderen Bundesländern Kontakt aufzunehmen, um für eine Entlastung in Traiskirchen zu sorgen. Babler solle deshalb „umgehend Kontakt mit zuständigem Landesrat aufnehmen“, so Karner. Faktum sei, der Landeshauptmann „war und ist immer der Stadt Traiskirchen in dieser sensiblen Frage zur Hilfe gekommen“.

Aus dem Büro des für Asylfragen zuständigen Landesrates Androsch hieß es, dass Zeltstädte für Asylwerber unhaltbar seien. Seit Ende April seien 600 Flüchtlinge in Quartiere des Landes übernommen worden. Androsch sei außerdem laufend in Kontakt mit anderen Bundesländern, um weitere freie Plätze zu schaffen.

Knapp 500 Flüchtlinge in Österreich in Zelten

Ohne die Notquartiere des Bundes wären die Länder bei der Flüchtlingsunterbringung noch säumiger. Das zeigt eine Aufstellung des Innenministeriums. Rechnet man die Zeltstädte und die Polizeiturnsäle heraus, käme etwa Salzburg nur auf eine Quotenerfüllung von 85,7 Prozent. Vor dem Aufbau der neuen Zeltstadt in Traiskirchen waren zuletzt 469 Asylwerber in Zelten untergebracht, 218 in Linz, 170 in Salzburg und 81 in Thalham. Dazu kommen noch die Flüchtlinge in Polizeiturnsälen: 40 in Salzburg, 37 in Linz, 35 in Eisenstadt und 29 in Villach.

Insgesamt schaffen derzeit - um die Notquartiere bereinigt - nur drei Länder die vorgegebenen Unterbringungsquoten, Spitzenreiter Wien (114 Prozent), dank Traiskirchen auch Niederösterreich (102,6) sowie die Steiermark (101,5). Oberösterreich ist durch die Notquartiere praktisch bei 100 Prozent, ohne diese läge es nur bei 95. Tirol hat mittlerweile aufgeholt. Obwohl im Westen weder Polizeiturnsäle noch Zelte im Einsatz sind, kommt Tirol auf 95,5 Prozent.

Säumig ist dagegen Vorarlberg. Dort sind keine Noteinrichtungen untergebracht, und man kommt damit auch real nur auf eine Quote von 87,8 Prozent. Das Burgenland hätte ohne die Plätze in den Polizeiturnsälen nur 92,7 Prozent Quotenerfüllung, Kärnten, das sich gegen Zeltstädte wehrt, gar nur 89,2 Prozent.