Lernen mit dem Lerntagebuch

In der Volksschule Allhartsberg (Bezirk Amstetten) gibt es ein Lerntagebuch. Jeden Tag schreiben die Schüler auf, was sie gelernt haben, ob sie den neuen Lehrstoff verstanden haben und auch Ziele können niedergeschrieben werden.

Simon und Kathrin sitzen in ihrer Klasse in der Volksschule Allhartsberg und füllen ihr Lerntagebuch aus, das auch Logbuch genannt wird. „Heute haben wir in Deutsch die Fälle gelernt“, erzählt Kathrin und schreibt das in der Spalte „Freitag“ auf. In der Zeile daneben befinden sich fünf Bewertungspunkte zum Ankreuzen. Die Bewertung soll der Lehrerin zeigen, wie gut die Kinder das Erlernte verstanden haben. Kathrin kreuzt an, dass sie noch ein bisschen Erklärung dazu braucht. „Mit den Fällen ist es mir nicht so gut gegangen“, sagt sie.

Volksschülerin in Allhartsberg

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Für die Schülerinnen und Schüler in der Volksschule Allhartsberg ist das Lerntagebuch zum täglichen Begleiter geworden

Simon schrieb sich als Wochenziel auf, dass er in dieser Woche mehr aufzeigen, also mehr mitarbeiten, möchte. „Und in der Stolzecke“, erklärt er, „schreibe ich dann immer auf, wenn ich gute Noten auf einen Test habe.“ An diesem Tag kann Simon in seine „Stolzecke“ schreiben, dass er eine gute Schulnachricht bekommen hat, definitiv ein Grund, um stolz zu sein.

Die Kinder werden in den Mittelpunkt gestellt

Die Leiterin der Schule, Susanne-Maria Kappl, erklärt das Prinzip: "Mit dem Logbuch bzw. Lerntagebuch können die Kinder ganz frei arbeiten. Sie bekommen ihren Teilarbeitsplan, erfüllen diesen selbst und tragen dann die Ergebnisse und Erfolge in ihr Tagebuch. Die Kinder werden im Unterricht dabei völlig in den Mittelpunkt gestellt, der Pädagoge wird zum Berater. Das ist ein wichtiger Punkt in unserer Schulphilosophie.“ Den sogenannten Teilarbeitsplan gibt es unter anderem in Deutsch und Mathematik, die Schülerinnen und Schüler können ganz selbstständig damit arbeiten.

Jahrbuch Neue Mittelschule Seitenstetten

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Das Lerntagebuch soll die Kinder dabei unterstützen, selbstständig zu lernen und sich selbst besser einschätzen zu können

Das Lerntagebuch ist auch ein wichtiges Hilfsmittel für die Eltern. Sie können darin nicht nur kontrollieren und nachsehen, was ihr Kind im Unterricht gelernt hat, sondern auch Nachrichten an die Pädagogin vermerken, wenn es zum Beispiel bei einer Hausübung Probleme gab. So ist das Tagebuch auch für die Interaktion zwischen Eltern und Schule von großem Vorteil.

Kinder sollen ihre Ziele und Wünsche formulieren

Ein ganz ähnliches Prinzip findet sich auch in der Neuen Mittelschule in Seitenstetten (Bezirk Amstetten). Hier nennt sich dieses Tagebuch allerdings nicht Lerntage- oder Logbuch, sondern die Kinder schreiben in dieser Schule in ein wesentlich dickeres Jahrbuch. Auch in diesem Buch werden Lernerfolge vermerkt, Ziele und Wünsche, auch einen Spruch der Woche dürfen sich die Kinder ausdenken. Tobias ergänzt: „Wir sollen in das Buch schreiben, was wir für‘s Leben gelernt haben, nicht nur Schulisches.“

In einem regelmäßigen Tutorengespräch wird dann reflektiert, was die Kinder geschrieben haben. Die Tutoren sind dazu da, mit den Kindern durchzugehen, was sie bereits erreicht haben und woran es noch zu arbeiten gilt – das ist ein wichtiger Teilaspekt dieses Jahrbuches. „Worauf bist du denn besonders stolz“, fragt eine Tutorin eine Schülerin der zweiten Klasse. Sie antwortet, dass sie sich freue, in der Schulnachricht einen Zweier im Fach Englisch bekommen zu haben. „Ich dachte, ich bekomme einen Dreier“, erklärt sie. Auch das wird umgehend im Tagebuch in der Sparte „Erfolge“ vermerkt.

Eigenverantwortung soll gestärkt werden

Die Selbstständigkeit und vor allem das Loben sind sehr wichtige Schlagworte an der Neuen Mittelschule in Seitenstetten. In eigenen Klassenforen setzen sich die Schüler der einzelnen Klassen wöchentlich zusammen, um zu besprechen, was sie gerade beschäftigt. In diesen Foren werden Probleme besprochen, der Schulalltag und es gibt vor allem viel Lob unter den Schülerinnen und Schülern untereinander.

Klasse in der Neuen Mittelschule Seitenstetten

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In den Klassenforen in der Neuen Mittelschule Seitenstetten werden aktuelle Themen besprochen, noch wichtiger ist aber regelmäßiges Lob!

Ein Schüler moderiert diese Besprechung, er bittet zu Beginn alle um ein Lob für andere. Und dieses kommt prompt. „Ich möchte die Schauspielgruppe loben", sagt eine Schülerin, „sie haben gestern einen wunderbaren Auftritt gehabt!“ Auch die Noten der Schulnachricht zu Semesterende werden untereinander gelobt, besonders hervorgehoben wird, dass keiner eine Betragensnote erhielt.

Das gegenseitige Loben stärke den sozialen Zusammenhalt innerhalb der Klasse und den Selbstwert der Schülerinnen und Schüler, erzählt eine Pädagogin. „Die Eigenverantwortung ist bei uns ganz wichtig an der Schule. Wir haben uns in einer Schule in Berlin viele Anregungen geholt“, schildert der Pädagoge Josef Penzendorfer, „diese setzen wir hier jetzt um. Das Jahrbuch, die Tutorengespräche, das Reflektieren des Unterrichts, all das sind wichtige Bausteine bei uns.“

Barbara Tschandl, noe.ORF.at

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