Dürrs Vater: „Stehe hinter meinem Sohn“

Nach dem neuerlichen Dopinggeständnis von Johannes Dürr ist die Enttäuschung in der Heimatgemeinde Göstling an der Ybbs (Bezirk Scheibbs) groß. Gegenüber noe.ORF.at sagte Vater Franz Dürr: „Er soll hören, dass sein Papa hinter ihm steht.“

In Göstling an der Ybbs ist die Enttäuschung regelrecht spürbar. An einer Wand neben dem Eingang zum Rathaus sind die Helden des Orts ausgestellt, darunter Thomas Sykora, Kathrin Zettel und Dürr. Wie Bürgermeister Friedrich Fahrnberger (ÖVP) gegenüber noe.ORF.at sagte, habe er mittlerweile darüber nachgedacht, das Bild abzunehmen. Noch habe er sich dazu aber nicht durchringen können.

Langläufer Johannes Dürr Göstling Betroffenheit Doping Vater Dürr Rathaus Foto

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Dürr hängt in Göstling an der Ybbs auf einer Tafel mit anderen bekannten Persönlichkeiten des Orts

„Für uns ist das niederschmetternd“

„Für uns ist das eigentlich niederschmetternd. Nach dem, was 2014 in Sotschi gewesen ist, haben wir geglaubt, dass es jetzt mit ihm positiv weitergeht, aber leider Gottes sind wir sehr enttäuscht worden. Dass man so dumm sein kann, das muss ich ganz ehrlich sagen, das erzürnt uns“, so Fahrnberger.

Dürr selbst hatte bis zuletzt an seinem Comeback für die nordische Ski-WM gebastelt und dafür auch eine Crowdfunding-Kampagne gestartet. 38.985 Euro hat er von 184 Unterstützern zur Verfügung gestellt bekommen. „Ich selbst habe mich daran beteiligt“, so der Bürgermeister, „weil ich gewusst habe, dass er ein Sportler mit Leib und Seele ist und dass er es schaffen wird. Aber leider sind wir eines Besseren belehrt worden.“

Johannes Dürr

APA/Roland Schlager

Dürr gab zu, nach der Dopingaffäre in Sotschi von 2014 bis zuletzt neuerlich Doping betrieben zu haben

Walter Ruspekhofer, ehemaliger Fußballtrainer von Dürr, kennt den 31-Jährigen seit dessen Volksschulalter. „Die Gedanken drehen sich im Kreis. Es ist schwierig, das Ganze zu verstehen“, so Ruspekhofer. „Dass das jetzt so kommt, damit hat keiner so richtig gerechnet.“

Robert Fahrnberger, Obmann des Göstlinger Schiclubs, zeigte sich sprachlos. „Ich muss schon sagen, die Not muss riesig groß gewesen sein, wenn man zu solchen unlauteren Mitteln greift“, so der Obmann. Man müsse aber aufpassen, dass man Dürr nicht zum „Buhmann der Nation“ mache, denn jeder sei für sich selbst verantwortlich. Die „Vorbildfunktion von Dürr“ sei aber verloren gegangen, so Fahrnberger.

Franz Dürr: „Ich war ein stolzer Vater“

Im Interview mit noe.ORF.at sagte Franz Dürr, Vater von Johannes Dürr, dass es ihm mit all dem nicht gut gehe. Nach den Erfolgen seines Sohnes sei er ein „wirklich stolzer Vater“ gewesen. „Ich wäre nie auf den Gedanken gekommen, dass da etwas nicht in Ordnung ist“, so Vater Dürr. Trotz allem will er jetzt noch mehr für seinen Sohn da sein. „Er soll hören, dass sein Papa hinter ihm steht, das ist mir wichtig.“

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Vater Franz Dürr sagte gegenüber noe.ORF.at, dass er sich Sorgen um seinen Sohn macht. Er stehe aber hinter ihm.

noe.ORF.at: Was sind Ihre Gedanken zu den Geschehnissen gestern und heute rund um Ihren Sohn?

Franz Dürr: Es geht nicht nur um gestern und heute. Das zieht sich schon über viele Jahre hinweg. Was man jetzt liest und hört, ist einfach das, was zum Vorschein kommt und aufgedeckt wird. Und ich muss sagen, ich erfahre auch nur aus den Medien, was mit dem Johannes passiert. Ich habe jetzt ein paar Wochen sehr wenig Kontakt zu ihm gehabt.

Gestern habe ich nicht mit ihm kommuniziert, obwohl ich gehört habe, dass er festgenommen wurde. Ich habe seiner Freundin eine SMS geschrieben, weil ich mir gedacht habe, er braucht jetzt einfach Unterstützung und Hilfe. Er soll hören, dass sein Papa hinter ihm steht, das ist mir wichtig. Ich habe mir gedacht, er sitzt jetzt im Gefängnis – das Werk der Barmherzigkeit, Gefangene besuchen, wäre mir eigentlich wichtig. Ich will nicht, dass er allein gelassen wird, obwohl er, das muss ich dazu sagen, nicht alles richtig gemacht hat.

noe.ORF.at: Wie geht es Ihnen als Papa mit all dem?

Dürr: Nicht gut. Ich habe vor vielen Jahren, als Johannes mit dem Langlaufen begonnen hat, gesagt: „Hanni, bevor du zu dopen beginnst, hörst du besser auf.“ Hochleistungssportarten wie Radfahren und Skilanglauf verlangen dem Körper extrem viel ab, und man hört ja immer wieder von Fällen, bei denen Doping hinter den Leistungen steckt. Derzeit hört man auch viel, aber das konkrete Ausmaß kann ich nicht beurteilen. Aber es geht mir nicht gut dabei. Ich würde mir wünschen, er hätte es anders gemacht.

Vater Franz Dürr steht hinter seinem Sohn

„Ich würde mir wünschen, er hätte es anders gemacht“, so Dürr. Trotz allem will er jetzt noch mehr den Kontakt zu seinem Sohn suchen.

noe.ORF.at: Haben Sie in all der Zeit Anzeichen wahrgenommen?

Dürr: Nein, das sage ich aus tiefstem Herzen. Es gab nicht das geringste Anzeichen. Ich habe mich jedes Mal wie ein Schneeglöckerl gefreut, wenn er diese großen Leistungen vollbracht hat. Ich war wirklich ein stolzer Papa. Ich wäre nie auf den Gedanken gekommen, dass da etwas nicht in Ordnung ist.

noe.ORF.at: Sind Sie enttäuscht von Ihrem Sohn?

Dürr: Ich frage mich, warum er das getan hat und warum er das notwendig hatte. Aber man muss auch berücksichtigen, dass oft ein Umstand den anderen ergibt und viele Dinge ineinanderspielen. Man muss dazu sagen, dass das kein plötzliches, einzelnes Knallelement ist. Da passiert vieles.

noe.ORF.at: Machen Sie sich Sorgen?

Dürr: Ja, das muss ich schon sagen. Ich habe schon Angst um ihn, denn bei dieser Dopingsache steckt einiges dahinter. Damit lässt sich etwas verdienen, sonst würden manche Menschen das nicht machen.

noe.ORF.at: Werden Sie jetzt den Kontakt zu ihm suchen?

Dürr: Ja, sogar intensiver als sonst. Ich werde zu ihm sagen: „Hanni, komm her, egal, was du gemacht hast. Du bist mein Hanni.“

Das Interview führte Mathias Eßmeister, noe.ORF.at

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