„New Society“ beim donaufestival in Krems

Für das diesjährige donaufestival in Krems ist am Donnerstag das endgültige Programm präsentiert worden. Das Festival für zeitgenössische Kunst steht unter dem Motto „New Society“ und beschäftigt sich mit der Gesellschaft von morgen.

In mehr als 80 Einzelveranstaltungen an 18 Spielorten in Krems steht von 26. April bis 5. Mai die Gesellschaft von morgen im Vordergrund. Das Festival beschäftigt sich dabei mit Fragen, wie beispielsweise die Gesellschaft aussieht, wer das Sagen hat und ob und wie der Mensch mit Maschinen kommunzieren wird.

So soll „das Begriffsmonster Gesellschaft“ mittels Performance, Musik und Kunst beackert werden, sagte Festivalintendant Thomas Edlinger am Donnerstag. „Leben Veganer und Burschenschafter überhaupt in der gleichen Gesellschaft?“, formulierte Edlinger überspitzt, um in seinem Statement zum diesjährigen Festival auf unterschiedliche Auffassungen, Frage- und Problemstellungen einzugehen. Klar sei natürlich: Das Festival könne keine endgültigen Antworten bieten, sondern sei viel eher als offener Diskursraum zu verstehen. „Alle begreifen sich als besonders und von anderen verschieden“, so Edlinger über die aktuellen Zustände, in denen es zwar „viele Stimmen, aber keinen Chor“ gebe.

Rimini Protokoll

Gabriela Nee

Das Rimini Protokoll steht am ersten Mai-Wochenende am Programm

Rimini Protokoll am ersten Mai-Wochenende

Mögliche Diskussionsansätze werden etwa vom Belgier Michiel Vandevelde und fABULEUS geliefert: Ihr Stück „Paradise Now (1968-2018)“ setzt am ersten Wochenende auf jugendliche Darsteller und ein „Reenactment politischer Ereignisse mittels ikonischer Bilder“, wie Performancekuratorin Astrid Peterle erläuterte. „Überlegen zum kollektiven Körper“ stellt wiederum die Österreicherin Karin Pauer gemeinsam mit Aldo Giannotti an, die die Zuseher selbst zu einem mit Schnüren verbundenen Netzwerk werden lassen.

Zwei Highlights folgen dann am ersten Mai-Wochenende, wenn einerseits das Rimini Protokoll mit Thomas Melle einen den Autor darstellenden Roboter als „Unheimliches Tal“ inszeniert und so „die Lücke zwischen Realismus und Perfektion“ schließt, so Edlinger. Ein Auftragswerk realisieren wiederum El Conde de Torrefiel aus Barcelona mit „KULTUR“. Das Duo beziehe sich auf „das Selbstverständnis einer Gesellschaft, der die Selbstverständlichkeit abhandengekommen ist“, meinte Edlinger. Für Krems kreieren die Künstler eine performative Installation, die den Theaterraum verlässt und zwischen öffentlichem Raum sowie intimer Castingsituation changiert. Komplettiert wird das Performanceprogramm von Ligia Lewis („Water Will (in Melody)“) und Bully Fae Collins („Plight Notions with Shandy“).

donaufestival Ligia Lewis

Katja Illner

Die Künstlerin Ligia Lewis präsentiert ihr Performanceprogramm „Water Will (in Melody)“

Dunkle Orgelsounds bis körperliches Dröhnen

Wie üblich sehr umfangreich fällt das Musikprogramm beim donaufestival aus, das für Edlinger aus unterschiedlichsten „Wünschen, Stimmen und Argumenten“ des Teams zusammengesetzt wurde. Gemein sei dem Gebotenen, das es um „Vielfalt, Diversität und Heterogenität“ bemüht ist. Das beginnt bei den dunklen Orgelsounds einer Anna von Hausswolff, geht über den Industrial Metal von Godflesh und reicht bis zum körperlichen Dröhnen von Nadja, den verschrobenen Klängen des heimischen Duos schtum oder dem leichtfüßigen Popverständnis einer Lafawndah. „Musik hat genauso keine Adresse wie die Gesellschaft“, versuchte sich Edlinger an einer Verknüpfung zum Festivalthema, „aber Geschichten und Kontexte.“

Solche kann auch das bildende Angebot liefern: Jonas Staal bringt ins Museum Krems eine etwas andere Auseinandersetzung mit dem Rechtspopulisten Steve Bannon und versucht sich an einer „Propaganda Retrospective“. Zufällig entstandenen Gemeinschaften begegnet man in den Arbeiten von Lola Gonzalez, und die Dancefloors der Clubs aus einer anderen Perspektive zeigt Bogomir Doringer mit „I Dance Alone“. Wohin wir uns beim Surfen in den digitalen Weiten bewegen, erfährt man hingegen von James Bridle. Sein Projekt „Citizen Ex“ umfasst eine Browser-Anwendung, die im Laufe der Zeit eine „algorithmische Staatsbürgerschaft“ erkennen lässt.

Film- und Diskursprogramm im Kino im Kesselhaus

Wie in den Vorjahren wird auch Edlingers dritte Festivalausgabe von einem Film- und Diskursprogramm ergänzt, das im Kino im Kesselhaus über die Bühne gehen wird. „Löst sich die Gesellschaft auf oder baut sie sich um?“ fragen sich beispielsweise Heinz Bude und Isolde Charim, während sich Christian Höller im Gespräch mit Helen Hester dem „Gender of Machines“ widmet. Bereits heute Abend wird in Wien der das Festival begleitende Reader mit Texten von u.a. Jens Balzer, Eva Maria Stadler und Dietmar Dath präsentiert. Man kann sich also jetzt schon einlesen in den theoretischen Überbau der „New Society“, die in Krems zur Disposition gestellt wird.

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