„Arsen jahrhundertelang nachzuweisen“

„Arsen ist unzerstörbar. Eine Vergiftung ist oft jahrhundertelang nachzuweisen“. Der Chemiker Günter Gmeiner ist einer der Experten, der die rätselhaften Todesfälle in Wien und NÖ klären soll. Im noe.ORF.at-Interview erklärt er, wie die Chemiker in solchen Fällen arbeiten.

Seit Freitag sitzt eine 51-jährige Pflegerin in Krems in Untersuchungshaft. Sie wird verdächtigt, zwei Männer vergiftet zu haben. Bei dem Wiener Herbert A. wurde in einer Probe der Niere ein 50-fach erhöhter Arsenwert festgestellt. Die Probe wurde bereits vor seinem Begräbnis im Oktober 2010 entnommen. Am Mittwoch wird seine Leiche ausgegraben, um eine Bestätigung für diese vorläufige Analyse zu bekommen. Der zweite Tote, Alois F., ein 61-jähriger Niederösterreich, soll an einem pflanzlichen Gift gestorben sein. Seine Leiche wurde am Montag exhumiert - mehr dazu in Erste Männerleiche exhumiert. Ergebnisse soll es frühestens in vier Wochen geben.

Grab des Stratzdorfers am Pfarrfriedhof Schwechat

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Grab von Alois F. am Montag

Drei Experten sollen den Fall jetzt klären: Der Chemiker Günter Gmeiner, der sich als Dopingforscher in Seibersdorf einen Namen gemacht hat, der Gerichtsmediziner Christian Reiter und der Chemiker Walter Vycudilik. Beide waren maßgeblich an der Überführung der schwarzen Witwe Elfriede Blauensteiner beteiligt - mehr dazu in Experten überprüfen Vergiftungsfälle.

Der letzte spektakuläre Fall von Gmeiner war die Strychnin-Vergiftung des Spitzer Bürgermeisters Hannes Hirtzberger. Im noe.ORF.at-Interview erklärt Gmeiner, welche Erfolgschancen die chemische Analyse in solchen Fällen hat.

noe.ORF.at: Einer der beiden toten Männer könnte durch Arsen vergiftet worden sein. Wie lange lässt sich Arsen etwa in Haarproben oder Skelettteilen nachweisen?

Gmeiner: Arsen gehört zur Gruppe der Schwermetalle und ist unzerstörbar. Eine Arsenvergiftung lässt sich oft noch Jahrhunderte nachweisen, wenn eine entsprechende Konservierung vorhanden ist und wenn eine verlässliche Probe aus einem Leichenmaterial gezogen werden kann. Das gilt auch für andere Metalle wie Blei. Aber auch organische Verbindungen mit stabilen Molekülen wie Morphium lassen sich oft jahrhundertelang nachweisen.

noe.ORF.at: Der zweite Mann könnte an einem pflanzlichen Gift gestorben sein, etwa durch eine Pilzvergiftung. Wie lange lassen sich pflanzliche Gifte nachweisen?

Gmeiner: Pflanzliche Gifte gibt es relativ viele, auch aus Pflanzen, die in unserer Gegend wachsen, die Tollkirsche, der Schierling. Es kann aber auch die Herbstzeitlose sein. Auch viele Pilze haben Gifte in sich, die zum Tod führen können. Es hängt sehr stark von der Art des Giftes ab. Es gibt sehr stabile pflanzliche Gifte, die sich auch Jahre nach dem Tod verlässlich nachweisen lassen.

Grabstein

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Das Grab von Herbert A.

Wie lange dauert es, bis es ein Ergebnis gibt, wenn sie die Probe auf dem Tisch ab?

Gmeiner: Im Schnitt brauchen wir ein- bis eineinhalb Monate, bis wir einen Fall abschließen. Wenn es ein sehr komplexer Fall ist, dann kann es auch zwei, drei Monate dauern. Die Analyse versucht, sehr viele Vorinformationen einzubeziehen. Gibt es klinische Bilder? Was kann man ausschließen? Trotzdem versucht man dann, auf einem relativ allgemeinen analytischen Level anzusetzen, um möglichst viele Substanzen zu bekommen. Das sind an die 10.000 mögliche Substanzen, die man erreicht.

Dann geht man immer einen Schritt weiter und weiter. Letztendlich muss die analytische Aussage zweifelsfrei sein. Es muss keine andere Möglichkeit geben, als dass die jeweilige Substanz von außen zugeführt wurde. Damit dieses Level erreicht werden kann, hängt sehr stark von der Vorinformation ab und davon, was verwendet wurde und wie stark sich das noch bei einer verwesten Leiche nachweisen lässt.