Glawischnig: „Verlieren fast nicht möglich“

Eva Glawischnig, Spitzenkandidatin der Grünen bei der NR-Wahl, ist gegen die Anhebung des Frauenpensionsalters, für ein 365-Euro Jahresticket für Öffis und davon überzeugt, dass die Grünen nicht verlieren können, wie sie im ORF NÖ-Interview sagt.

Schon bei der vergangenen Nationalratswahl versuchten die Grünen mit demselben Spitzenkandidaten, nämlich Dieter Brosz, „ihr Glück“. Christiane Teschl, Chefredakteurin des ORF Niederösterreich fragte Eva Glawischnig im Gespräch: „Damals ist es bundesweit unterdurchschnittlich ausgegangen. Was stimmt Sie optimistisch, dass das heuer anders wird?“

„Wir treten bundesweit an, Niederösterreich ist für uns ein wichtiges Bundesland. Denn viele Fragen, sei es jetzt Lösungen für den öffentlichen Verkehr oder bessere Betreuungsmöglichkeiten für Eltern mit Kindern, treffen auch auf viele Familien in NÖ zu. Vor allem mit den jungen Kandidatinnen und Kandidaten, also etwa dem 23-jährigen Julian Schmid oder Sigrid Maurer haben die Grünen einen Generationenwechsel auf der Bundesliste eingeleitet. Auf den bin ich sehr stolz. Ich glaube, für junge Leute in NÖ ist das ein spannendes Angebot“, so Glawischnig.

Eva Glawischnig vor Wahlkampfplakat

APA / GERT EGGENBERGER

“Leistbares Leben beginnt beim öffentlichen Verkehr“

Bereits im Landestagwahlkampf hat Madeleine Petrovic ein 365-Euro-Jahresticket für öffentliche Verkehrsmittel gefordert. Auf die Frage, ob Eva Glawischnig das auch in einem großen Bundesland wie Niederösterreich aufrechterhalten möchte, spricht Glawischnig von einem „ambitionierten Ziel und einem großen Projekt“.

„Ich glaube, dass es nicht von der Postleitzahl abhängig sein darf, wie viel Mobilität oder wie viel Öffi-Tickets kosten. Etwa Pendler von Baden oder St. Pölten nach Wien zahlen jenseits der 1.000 Euro für die Fahrten. Ein leistbares Leben fängt aber bereits beim öffentlichen Verkehr an. Finanziert werden soll das ganze notfalls aus dem Bundesbudget, vor allem aber von einer Anhebung der LKW-Maut“, so die Grünen-Chefin.

Die Maut gibt es derzeit nur auf Autobahnen und Schnellstraßen. Glawischnig fordert eine Ausweitung auch auf alle Bundesstraßen. Von den Reserven solle einerseits der Pendlerverkehr vergünstigt werden, andererseits auch das Top-Jugend-Ticket auf alle Studentinnen und Studenten bis 26 Jahren ausgeweitet werden.

Die Grünen wollen FPÖ überholen

Was das Frauenpensionsalter betrifft, spricht sich die Spitzenkandidatin der Grünen, klar gegen eine Anhebung aus. „Ich sehe das sehr skeptisch. Gerade Frauen vor der Pension haben große Probleme, überhaupt noch Arbeit zu finden. Ein Drittel davon geht überhaupt aus Notstand, Arbeitslosenunterstützung oder aus Krankheit in die Pension. Also solange sich das nicht nachhaltig verbessert, bin ich strikt dagegen.“

Die Grünen haben ein sehr konkretes Wahlziel und gesagt, sie wollen die FPÖ bundesweit überholen. Gilt das auch für Niederösterreich, dann müssten die Grünen ihre Stimmen mehr als verdoppeln. „Das ist natürlich ein sehr sportliches Ziel und hat mit den Möglichkeiten für neue Mehrheiten, für wichtige politische Themen nicht unbedingt etwas zu tun. Aber mir persönlich ist es ein Anliegen. Ich komme selber aus Kärnten. Ich habe immer vor Augen, wie viel da auch an finanziellem Schaden angerichtet worden ist. Sowohl auf der Bundesebene bei Schwarz-Blau, als auch in Kärnten. Und das sind Geldmittel, die wir so dringend für andere Politikbereiche wie Pflege, Gesundheit, Kinderbetreuung bräuchten.“

Politisches Ziel der Grünen für Österreich sei es, neue Mehrheiten für die wichtigen politischen Fragen bereitstellen zu können. „Das fängt bei der Bildungsreform an und hört bei grünen Arbeitsplätzen auf“, so Glawischnig.

Eva Glawischnig inmitten vieler Menschen

APA / Miel Satrapa

„Kann mir Zweier- oder Dreierkoalition vorstellen“

Doch mit wem würden die Grünen gerne Mehrheiten bilden? „Ich glaube, dass ÖVP und SPÖ so weitermachen wollen wie bisher. Aber ich glaube, das ist nicht das, was sich viele wünschen. Viele wünschen sich, mutiger an die großen Probleme heranzugehen und weniger Parteienstreit. Zwischen SPÖ und ÖVP wurde zu fast jedem möglichen und unmöglichen Punkt gestritten. Ich kann mir sowohl eine Dreier-Koalition als auch eine Zweier-Koalition vorstellen. Allerdings ist es Grundvoraussetzung, dass sich im Bereich Kontrolle etwas ganz radikal ändert. Dass es vollkommen normal ist, dass man bei Missständen hineinschaut und das abstellt."

„Ganztagsschule sinnvoll für moderne Familien“

Die Spitzenkandidatin der Grünen tritt für eine flächendeckende Ganztagesschule ein. „Ich glaube, dass nicht jede Volksschule unbedingt eine ganztägige Schulform werden muss. Aber ich glaube, dass gerade für moderne Familien und die Berufstätigkeit von Frauen, eine gute, verschränkte Ganztagsschule ein sehr sinnvolles Projekt ist. Von 9 bis 15 Uhr und dann vor allem am Abend nicht mehr diesen unglaublichen Druck, der auf vielen Familien lastet: ‚Wir haben noch Hausübung, wir haben morgen Schularbeit.‘ Diesen Druck rauszunehmen, geht glaube ich gut, durch ein Schulsystem, wo das wirklich in der Schule erledigt wird. Dann kann man auch die tägliche Turnstunde integrieren, das ist mir sehr wichtig."

Demokratiepolitisch könnte es bunter sein, „ich finde ein buntes Parlament gut“, sagt Glawischnig im Interview mit ORF NÖ Chefredakteurin Christiane Teschl. Ein Anliegen sind Glawischnig selbstbewusstere Abgeordnete. "Auch selbstbewusste Regierungsabgeordnete, die alle drei Aufgaben, nämlich Beschluss der Gesetze, Information der Bevölkerung und auch Kontrolle der Regierung auch wirklich ernst nehmen. Da mangelt es allerdings ein bisschen. Das österreichische Parlament ist in vielen Fragen oft nur eine verlängerte Werkbank von Gesetzen, die durchgeschoben werden.“

Ergebnis Nationalratswahl 2008

APA/Martin Hirsch

„Schöne“ Zugewinne und Hoffnung auf 15 Prozent

In den vergangenen Monaten haben die Grünen bei Wahlen überall dazugewonnen. Eine Entwicklung, die Glawischnig bestärkt. „Es lässt sich leichter marschieren in einem Wahlkampf, wenn man Erfolg im Gepäck hat und wir haben fast 70.000 neue Wählerinnen und Wähler gewonnen und das ist schon bestärkend und ermutigend. Selbstverständlich ist es für mich eine große Latte. Also 20 Prozent in Salzburg ist schon eine unglaubliche historische Vorgabe, aber ich bin sehr optimistisch. Ein Verlieren halte ich aus derzeitiger Sicht für fast nicht mehr für möglich. Ich rechne mit schönen Zugewinnen und hoffe auf die 15 Prozent.“

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