Faymann setzt auf „Erfolgsmodell“

Im ORF NÖ-Interview zeigt sich Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) überzeugt vom „Erfolgsmodell“ der großen Koalition. Über einen „Plan B“ möchte er nicht sprechen, sollte er nach dem Wahltag nicht mehr Bundeskanzler sein.

noe. ORF.at: „Herr Bundeskanzler, in NÖ hat die SPÖ zumindest bei den Landtagswahlen nicht allzu gut abgeschnitten, wenn man das so flapsig formulieren möchte. Warum sollte sich das aus ihrer Sicht am 29. September ändern?“

Werner Faymann: „Na weil die Bürgerinnen und Bürger bei einer Wahl wissen, worüber sie gerade abstimmen und was ein Unterschied ist - ob jemand auf Gemeindeebene mit seinem Bürgermeister zufrieden oder unzufrieden ist, wie zufrieden oder unzufrieden man auf Landesebene ist und wie zufrieden oder unzufrieden man mit dem Bundeskanzler ist. Das ist ein Unterschied und das wissen die Bürgerinnen und Bürger, sonst bräuchte man ja nur noch eine Wahl machen für alle drei Ebenen und das möchte ich eigentlich nicht.“

noe.ORF.at: „Ist das so ein Nebenziel, das sie innerlich ein bisschen haben, dass sie im größten Bundesland die ÖVP zumindest bei NR-Wahlen einmal überholen könnten?“

Werner Faymann: „Es ist ein Ziel stärker zu werden oder das Vertrauen das man hat, und das ist ja eigentlich recht hoch bei den Wählerinnen und Wählern bei der letzten NR-Wahl für mich gewesen, und ich hoffe, ich habe es mir auch verdient mit dem wie wir durch die Krise geführt haben und mit dem was ich vorhabe, das ist sicher ein Ziel.“

Werner Faymann

APA/Andy Wenzel

Werner Faymann (SPÖ)

noe.ORF.at: „Sie plakatieren groß mehrere Themen, unter anderem auch die Pensionen, die einem da ins Auge stechen, sind von deren Sicherung überzeugt, reden da auch viel von Gerechtigkeit. Jetzt bin ich auch oft von jungen Kollegen in der Redaktion angesprochen worden, wie gerecht kann das sein, wenn ein Pensionist mehr als 5.000 Euro verdient, was ein aktiver junger Mensch wahrscheinlich in seinem ganzen Berufsleben nicht erreichen wird. Wie gerecht ist das?“

Werner Faymann: „Na die durchschnittliche Pension ist zwischen 1.000 und 1.200 Euro, und da kann man wirklich nicht sagen wenn man weiß wie viel das Leben kostet, dass das sehr üppig ist für eine Generation die hart gearbeitet hat und das würde ich auch jedem Jungen erklären. Dass es im öffentlichen Dienst Ausnahmen gibt, weil eine Zeit lang vor allem in den Aufbaujahren, in den 60er, 70er Jahren man gesagt hat ‚Du verdienst jetzt weniger im öffentlichen Dienst, hast dann später aber einmal eine große Pension‘ und das damit der Staat damals die Kosten verschoben hat, das haben wir versucht in mehreren Pensionsreformen wieder in die andere Richtung gleiten zu lassen. Dass es zwischen dem öffentlichen Dienst, auch bei den laufenden Gehältern, nicht dieses Versprechen gibt, du kriegst ja erst viel, wenn Du in Pension bist dafür die Pension auch flacher verläuft, da war vieles zu ändern. Aber die Durchschnittspension ist 1.100 Euro und das ist wirklich nicht zu viel.“

noe.ORF.at: „Und bei Ausnahmepensionen, die wesentlich höher sind, fordern neue Mitbewerber wie die NEOS, die müssen mehr Steuern zahlen, die sollen mehr Abgaben liefern ab 5.000 Euro glaube ich, können Sie sich das auch vorstellen?“

Werner Faymann: „Wir haben ja eingeführt einen Sicherungsbeitrag, zum Beispiel die Eisenbahner zahlen 5 Prozent, und vor 15 Jahren, mehr sogar, wurde ja das Eisenbahnrecht geändert und jemand der dort beschäftigt ist, geht später in Pension und bekommt eine ganz andere Pension. Aber es ist natürlich das was in den 60er, 70er Jahren versprochen wurde, das kann man nur gleitend machen, da kann man nicht einfach einen Schnitt heute machen, bei Menschen, die sich ein Leben lang auf das verlassen haben.“

noe.ORF.at: Im Leitartikel der „Presse“, werden Sie heute daran erinnert, dass das Frauenpensionsalter bei den Beamtinnen schon angeglichen ist an das der Männer. Das ist aber sonst ein völliges „No Go“, wie das Neudeutsch heißt, für Sie.

Werner Faymann: „Na schon, aber sie wissen ja, dass da der öffentliche Dienst wirklich andere Bedingungen hat. Das beginnt einmal bei dem möglichst sicheren Arbeitsplatz und das ist in unserer Zeit ein großer Wert geworden. Das war in den 70er Jahren unter Bruno Kreisky kein so großer Wert, weil da hat man ohnehin in der Aufbruchszeit des Wirtschaftswachstums überall eine Arbeit gefunden. Aber ich kann nur als Beispiel nehmen: Wenn ich die Lehrlinge in der ÖBB-Werkstatt gefragt habe gestern, werden Sie einmal bei der Bahn bleiben, dann sagen die ja bitte, weil das ist doch ein sicherer Arbeitsplatz. Das hat früher anders ausgeschaut. Früher haben sich viele bei der Bahn ausbilden lassen, das ist eine tolle Ausbildung, und haben dann geschaut, dass sie in der Privatwirtschaft viel mehr verdienen als man bei der Eisenbahn kriegt. Also man muss schon auch auf historische Umstände Rücksicht nehmen. Rücksichtslosigkeit hat in der Politik nichts verloren.“

noe.ORF.at: „Bei Ihnen steht bekanntermaßen die FPÖ auf der „Blacklist“, wenn ich das so nennen möchte, und wenn man sich die Konfrontationen anschaut, dann klingt es auch eher nach „Nein“ mit dem BZÖ, „Nein“ mit dem Team Stronach. Da bleiben irgendwie nur die Grünen. Ist das ein Modell, das Sie sich vorstellen können?“

Werner Faymann: „Für mich ist das jetzige Modell, das wir eine große Koalition führen, ein Erfolgsmodell. Wir können vergleichen mit den anderen europäischen Ländern, wie steht Österreich da. Da brauchen wir uns von niemandem schlecht reden lassen. Ich weiß schon, dass da jetzt neun Parteien kandidieren und rechnet man die, die in den Bundesländern antreten, sind es noch mehr. Also man braucht sich da nicht von der Opposition schlecht reden lassen. Daher bin ich durchaus der Meinung, dass die Koalitionsform so wie wir sie jetzt haben, ein starkes Modell für Österreich ist, wenn man sagt was man möchte. Wir müssen die Konjunktur ankurbeln, Beschäftigung muss im Zentrum stehen und das was es an sozialen Sicherheiten gibt, auf das muss man schauen, weil auf das müssen sich Menschen verlassen können.“

Werner Faymann

APA/Herbert Pfarrhofer

noe.ORF.at: „Sie haben in St. Pölten beim Wahlkampfauftakt der SPÖ recht deutlich vor Schwarz-Blau gewarnt, aber das geht sich sowieso nicht aus, wenn man sich alle Umfragen anschaut.“

Werner Faymann: „Na wenn man es zusammenzählt, da fehlen ein paar Prozent und wenn man weiß, dass die Abgeordneten vom Herrn Stronach erstens regelmäßig die Namen wechseln und da auch keine besonders stabile Situation ist, also ich möchte nicht, dass es ein Erwachen am Wahlabend gibt und es geht sich plötzlich aus, Schwarz-Blau und ein paar Abgeordnete vom Hern Stronach. Das möchte ich eigentlich nicht und das soll man vor einer Wahl ruhig sagen, dass ich überzeugt bin, dass die Zeit der letzten Jahre viel besser war für Österreich als die schwarz-blaue Zeit.“

noe.ORF.at: „Sie haben da auch noch was gesagt, was ich nicht ganz verstanden habe. Sie haben vor einer Pension in Höhe von 200 Euro gewarnt, und haben gemeint, das gäbe es in Europa mit ähnlichen Konstellationen auch. Aber davon ist ja bei uns überhaupt nicht die Rede, oder?"

Werner Faymann: „Gar keine Rede. Ich habe nur gesagt, dass auch dort wo 200 Euro Durchschnittspension ist, vor allem in den neuen Beitrittsländern der EU, wo es Pensionen gibt, aber auch 300 Euro, 400 Euro, von denen man wirklich schwer leben kann, dass viele Politiker darauf gesetzt haben, dort weitere Kürzungen vorzunehmen. Und wir haben gesagt, wir haben das nicht gemacht. Wir haben mit den Pensionistenorganisationen über die Inflationsanpassung verhandelt. Wir haben über die fünf Jahre die Inflationsanpassung geschafft, weil einmal drüber und einmal leicht drunter, also wir haben in der Krisenzeit nicht auf dem Rücken der Arbeitnehmer und Pensionisten gehandelt und das werde ich auch in Zukunft nicht machen. Das ist doch ein Beleg der Stabilität dieser großen Koalition.“

noe.ORF.at: „Wird Claudia Schmied noch in ihrer nächsten Regierung sein?“

Werner Faymann: „Das muss man wirklich nach der Wahl entscheiden, auch danach wie man die Ressorts aufteilt. Erstens von den Kompetenzen, da muss ja nicht immer alles gleich bleiben, da soll man das Vernünftige machen.“

noe.ORF.at: „Aber als Unterrichtsministerin unter ihrer Führung hätten Sie sie gerne wieder?“

Werner Faymann: „Es gibt eigentlich kein Ministerium, wo ich Ihnen sagen würde, das möchte ich nicht. Das wäre auch ein völliges Verkennen der Bedeutung von Ministerien. Aber ich weiß, dass ein Kompromiss zu schließen ist. Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt hat gesagt, Kompromiss ist die wichtigste Erfindung der Demokratie und das stimmt, der Kompromiss ist nach einer Wahl, wenn man nicht in so einer komfortablen Situation wie in Niederösterreich mit absoluter Mehrheit regieren zu können ist, dann muss man vor einer Wahl wissen, man hat nachher Kompromisse zu schließen und da soll man nichts versprechen, was man dann nicht halten kann.“

noe.ORF.at: „Man hat viele Gesichter des Werner Faymann gesehen in den letzten Tagen und Wochen im Fernsehen. Man hat sie sehr harmonisch mit Michael Spindelegger gesehen, man hat Sie mittlerweile aber auch schon ganz schön schimpfen gesehen. Wie legen Sie es denn bei der zweiten Spindelegger Konfrontation an? Wollen Sie da auch das gemeinsame in den Vordergrund stellen, das Sie selber gerade gelobt haben, oder gehen Sie da auch auf Angriff, um sich abzugrenzen?“

Werner Faymann: „Nein, ich möchte den Österreichern sagen, Ihr müsst entscheiden zwischen einem Chaos oder zwischen einer Stabilität, wo wir in den letzten Jahren gezeigt haben, dass wir dazu in der Lage sind. Alleine, dass wir fünf Jahre diese Regierung geführt haben, ohne dass einer die Regierung abgebrochen hat, weil er gerade eine gute Ausgangslage für Neuwahlen gesehen hätte, das alleine zeigt ja schon, dass wir sehr ernsthafte Menschen sind und wir die Regierung sehr ernsthaft für das Land gesehen und so geführt haben. Und daher werde ich ganz sicher nicht den Eindruck erwecken im Wettbewerb mit dem Chaos oder im Wettbewerb mit Landbeschimpfungen. Das Land ist nicht zu beschimpfen, im Gegenteil, wir können sehr stolz auf Österreich sein und müssen hart arbeiten, dass wir diese hohen Werte auch weiter erhalten können.“

noe.ORF.at: „Zum Schluss meine Lieblingsfrage, die noch von niemandem beantwortet worden ist, gibt es einen Plan B bei Ihnen? Sie haben selbst die Umfragen angesprochen, die eine Überraschung bringen können, wenn der Wahltag vorbei ist. Also, was, wenn nicht die Nummer eins?“

Werner Faymann: „Zurecht bekommen Sie hier selten Antwort, weil wenn jemand, so wie ich im Wahlkampf steht und sich bemüht, mit aller Kraft zu sagen, dieses Land ist ein wunderschönes Land, ich möchte die Chance bekommen, die nächsten fünf Jahre Bundeskanzler zu sein, dann braucht man da über andere Varianten nicht nachdenken, sondern da gibt man alles was man geben kann.“

Das Gespräch führte die Chefredakteurin des ORF NÖ, Christiane Teschl.

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