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Wirtschaft

Schulden: Finanzwissen teils „katastrophal“

Die Schuldnerberatung Niederösterreich hat im Vorjahr mehr als 4.400 Klienten betreut. Deren durchschnittliche Schulden erhöhten sich auf mehr als 103.000 Euro. Immer öfter sind Jugendliche und junge Erwachsene betroffen. Laut Schuldnerberatern ist deren Finanzwissen „katastrophal“.

Der Weg zur Schuldnerberatung war für Dominik kein leichter. Doch ohne ihre Hilfe hätte der Jungunternehmer seine Vergangenheit nicht hinter sich lassen können, wie er selbst sagte: „Es hat sich einfach vieles angestaut, viele Forderungen waren auch schon gerichtlich anhängig, und die Zinsen sind weiter gestiegen. Teilweise war mir auch die Summe gar nicht mehr klar.“ Mit Hilfe der Schuldnerberatung begann er seine Verpflichtungen und Forderungen aufzuarbeiten.

Der Weg in die Schuldenspirale beruhte bei Dominik auf mehreren Faktoren. Zum einen wollte er sich erneut selbstständig machen, gleichzeitig wurde er aber mit Schadenersatzforderungen aus seiner früheren Tätigkeit konfrontiert, und zusätzlich schuldete er dem Staat Geld. „Es war für mich dann einfach nicht mehr schaffbar, und ich wollte einfach wieder klare Verhältnisse schaffen, für mich und meine Familie.“ Der Ausweg: ein Schuldenregulierungsverfahren.

Forderung nach mehr Finanzunterricht in der Schule

Neben der Selbstständigkeit sind Einkommensverluste sowie Konsumkredite die häufigsten Ursachen, weshalb Jugendliche Schulden anhäufen. „Ich kaufe mir etwa einen Fernseher und zahle den Kaufpreis in Raten zurück. Diese Angebote sind wirklich verlockend“, sagte Michael Lackenberger, Geschäftsführer der Schuldnerberatung NÖ. Gegen solche Angebote gebe es auch nichts einzuwenden. „Zu Problemen kommt es aber, wenn ich mehrere dieser Angebote annehme und mein eigenes Haushaltsbudget überschätze.“

Sorgen bereitet den Schuldenberatern außerdem mangelndes Fachwissen. „Wir sehen, dass junge Menschen immer weniger Finanzwissen haben bzw. zu wenig über den Umgang mit Geld Bescheid wissen“, kritisierte Lackenberger. In diesem Zusammenhang sieht der Experte auch die Schulen gefordert.

Politik setzt auf Beratung von Jugendlichen

Einen eigenen Gegenstand in den Schulen werde es zwar auch in Zukunft nicht geben, sagte Bildungslandesrätin Christiane Teschl-Hofmeister (ÖVP), „weil wir dafür in den Schulen gar nicht die Kapazitäten haben.“ Das Land will aber einen Fokus auf die Beratung in den Schulen und mit der Jugendberatung legen, die außerhalb der Schule stattfindet. „Die Jugendcoaches in den Gemeinden sind angehalten, Jugendliche aktiv auf Schuldenprobleme anzusprechen“, sagte Teschl-Hofmeister. Bei Bedarf sollen betroffene Jugendliche an die Schuldnerberatung weitergeleitet werden.

In der Praxis würden Betroffene oft erst zu spät Hilfe suchen. Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) betonte deshalb: „Wenn man die Schuldnerberatung aufsucht, kann man nichts verlieren außer seine Schulden.“ Das Angebot der Schuldnerberatung ist kostenlos und vertraulich. Umso wichtiger ist es laut Königsberger-Ludwig, „dass Menschen keine Scheu haben, die Schuldnerberatung aufzusuchen“. So wie Dominik, dem der Neuanfang nach knapp einem Jahr gelungen ist.

Lackenberger forderte zudem, dass die Zinsen maximal auf das Doppelte der erhaltenen Kreditsumme gedeckelt werden. Denn in der Regel sind es die Zinsen, die die Schulden im Laufe der Jahre oder gar Jahrzehnte in die Höhe schnellen lassen. „So werden aus 20.000 Euro Schulden über Jahrzehnte 100.000 Euro. Meiner Meinung nach ist hier der Gesetzgeber gefordert nachzudenken.“