Chronik

Berufliche „Schockstarre“ ermöglicht Kindheitstraum

Sandra Riegler war 51, als sie nach 25 Jahren von ihrem Arbeitgeber gekündigt wurde. Ihre Chancen am Arbeitsmarkt waren begrenzt. Nach der „Schockstarre“ beschloss sie sich selbstständig zu machen. Heute weiß die gelernte Malerin: Mut macht sich bezahlt.

Frei nach dem Motto „Es ist nie zu spät für eine glückliche Kindheit“ bemalt Sandra Riegler nicht nur Leinwände, sondern auch Hauswände oder alte Mauern. Mittlerweile sind die Werke der Künstlerin aus Rainfeld an der Gölsen (Bezirk Lilienfeld) an vielen Orten im privaten und öffentlichen Raum zu sehen, wie an den Wänden des Kindergartens von Wiesenfeld.

„Ich habe seit meiner Kindheit immer gemalt“, erzählt Sandra Riegler, die sich mittlerweile einen Kindheitstraum erfüllte. Vor allem ihr Opa „hat immer an mein Talent geglaubt.“ Doch so einfach war das alles dann doch wieder nicht. Der Lebensweg von Sandra Riegler war keine „Autobahn“, so manche Abzweigung kam, und sie nahm sie.

Sandra Riegler Malerin Arbeitslosigkeit Rainfeld an der Gölsen
ORF
Sandra Riegler malt seit ihrer Kindheit

Rauer Ton auf der Baustelle

Deshalb ließ sich Riegler zunächst zur Malermeisterin ausbilden. Unter 220 Männern sei sie damals das einzige Mädchen gewesen, erzählt sie im Gespräch mit noe.ORF.at: „Da hat mitunter ein ganz schön rauer Ton auf der Baustelle geherrscht.“ Infolgedessen sei für die bald klar gewesen: „Auf der Baustelle werde ich nicht als Malerin arbeiten.“

Die Jobliste, die das Leben für Sandra Riegler daraufhin bereithielt, gleicht einer bunten Farbpalette. Sie arbeitete in einem Zeitschriftengestaltungsbüro, bei einer Versicherung, in einem Partnervermittlungsinstitut und schließlich als Abteilungsleiterin in einem Baumarkt, natürlich „in der Farbenabteilung, wo sonst“, fügt sie schmunzelnd hinzu. Nebenbei blieb sie der Kunst treu und machte etwa Töpferkurse.

Sandra Riegler Malerin Arbeitslosigkeit Rainfeld an der Gölsen
Sandra Riegler
Die gelernte Malermeisterin bemalt nicht nur Leinwände, sondern auch Hauswände oder alte Mauern

Kündigung am Hochzeitstag

Doch nach 25 Jahren kam beruflich das unerwartete Ende, im Alter von 51 Jahren wurde Riegler gekündigt – ein Riesenschock, erinnert sie sich. Zudem passierte das ausgerechnet an ihrem 25. Hochzeitstag. „Ein Datum, das ich gleich zwei Mal nicht vergesse.“ Eineinhalb Jahre lang habe sie darunter gelitten: „Da habe ich auch kein Bild gemalt, da ist gar nichts mehr gegangen.“

Aber irgendwann habe ihr das Malen wieder Spaß gemacht. Vor zwei Jahren machte sich Riegler schließlich selbstständig – und mittlerweile ist sie über die Kündigung „dankbar, sonst wäre ich den Weg nicht gegangen“. Denn wenn sie früher darauf früher angesprochen worden war, überwogen die Gedanken: „Wer braucht das? Kann ich davon leben? Nein!“ Denkmuster, die sie lange eingeschränkt hatten, doch heute weiß sie: „Offensichtlich brauchen es ein paar Leute.“