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„Ein Ort am Wort“

Debatte über Vollspaltenböden

Das angekündigte Aus für Vollspaltenböden in der Schweinezucht lässt in der Landwirtschaft weiter die Wogen hochgehen. Handelt es sich um Qual oder Qualität? Diese Frage wurde beim ORF-NÖ-Format „Ein Ort am Wort“ in Mank (Bezirk Melk) sehr emotional diskutiert.

Eigentlich sollte für Vollspaltenböden in der Schweinezucht eine Übergangsfrist bis 2040 gelten. So lange wären bestehende Ställe laut einer Gesetzesnovelle von ÖVP und Grünen weiterhin erlaubt gewesen, doch mittlerweile ist das wieder anders. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) kippte nämlich die Übergangsfrist. Sie sei zu lange und sachlich nicht gerechtfertigt, hieß es von den Höchstrichtern. Bis 1. Juni 2025 muss nun eine neue Regelung geschaffen werden.

Wie diese Regelung aussehen könnte, ist jedoch weiterhin sehr umstritten. Der für den Tierschutz zuständige Minister Johannes Rauch (Grüne) will ein Verbot der Vollspaltenböden ab 2030. Die ÖVP hingegen übte Kritik an Rauchs Vorstoß, unter anderem verwies man darauf, dass diese Frist für die Landwirte zu kurz sei.

Heftige Diskussion rund um Tierwohl oder Tierleid

Martin Balluch, Obmann des Vereins gegen Tierfabriken (VGT), sprach bei „Ein Ort am Wort“ von Tierfabriken, weil es eine industrialisierte Form der Tierhaltung sei. Ebenso übte er scharfe Kritik an Vollspaltenböden. „Das Problem ist, dass diese Tiere krank werden“, so Balluch. „Wir wollen ein rotes Gesicht mit einer traurigen Miene auf jedem Vollspaltenboden-Schweinefleisch, damit die Leute wissen, wenn sie das kaufen, dann kaufen sie eine katastrophale Tierhaltung und Tierleid.“

Balluch pochte zudem auf ein Vollspaltenbodenverbot, das zusätzlich verpflichtend Stroheinstreu vorschreibt. „Wenn das nicht kommt, wird der Verfassungsgerichtshof noch einmal angerufen.“

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An die 200 Menschen sind nach Mank gekommen, um bei „Ein Ort am Wort“ mitzudiskutieren

Verein gegen Tierfabriken sei der falsche Titel für eine österreichische Tierschutzgruppe, weil wir in Österreich keine Tierfabriken hätten, hielt Johannes Schmuckenschlager, Präsident der Landwirtschaftskammer Niederösterreich, entgegen. „Das Problem ist nur, wenn wir die österreichische Produktion einschränken, dann treiben wir genau die Produktion zu den Tierfabriken hin.“ Vollspaltenbodenhaltung sei auch keine Brutalität, sondern eine sehr gute Form, bei der es den Tieren nicht schlecht gehe. „Wir haben viele Tage der offenen Stalltür. Wir machen gerne auf. Was wir nicht akzeptieren können, ist, wenn man durch die geschlossene Türe kommt“, so Schmuckenschlager.

Auch Werner Habermann, Geschäftsführer der Erzeugergemeinschaft Gut Streitdorf, betonte, dass höhere Standards in Österreich dazu führen könnten, dass immer mehr Fleisch aus dem Ausland importiert wird. „Wir können diese Diskussion nicht isoliert sehen, weil wir haben auch einen europäischen Markt, der hier immer wieder auf uns einströmt. Wir sind in Österreich nicht auf einer Insel der Seligen“, führte Habermann aus.

„Irgendjemand muss auch die Rechnung zahlen“

Er habe bis jetzt keinen einzigen Bauern getroffen, der etwas dagegen hätte, wenn die Schweine mehr Platz hätten, erklärte Sebastian Bohrn Mena, Initiator des Tierschutzvolksbegehrens von 2021, das von 416.000 Menschen unterschrieben wurde. „Es geht immer um die Frage, wer das zahlt? Der Handel zahlt es nachweislich nicht und die öffentliche Hand auch nicht. Also wenn wir wollen, dass in der Landwirtschaft umgestellt wird, dann muss aber auch irgendjemand die Rechnung zahlen“, so Bohrn Mena.

Unter anderem forderte er eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie sowie dass die öffentliche Beschaffung – etwa in den Landeskliniken – auf regionales Fleisch umgestellt werde.

Sebastian Borhn Mena Initiator Tierschutzvolksbegehren
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Sebastian Bohrn Mena, Initiator des Tierschutzvolksbegehrens, forderte unter anderem eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung

Er bekam dafür Zuspruch aus der Landwirtschaft. Josef Pfeffer, Landwirt aus Mank, betonte etwa: „Ich glaube, eine umfassende Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie ist absolut wichtig für den Fortbestand der österreichischen Landwirtschaft und auch der Schweinehaltung.“ Ein anderer Landwirt meinte, dass es gerade die Landwirte seien, die tagtäglich mit den Tieren arbeiten und um das „Wohl der Tiere bestens bestrebt“ seien.

Sendungshinweis

Die einstündige Diskussion von „Ein Ort am Wort“ wird am Donnerstag, den 25.4., ab 20.03 Uhr auf Radio Niederösterreich ausgestrahlt. Ebenso kann sie auf gängigen Podcast-Plattformen nachgehört sowie in der ORF-TVthek nachgesehen werden.

Eine Verhaltensbiologin verwies rund um das Tierwohl auf die Unterschiede in der Behandlung von Hunden und Schweinen. „Die Menschen wären entsetzt in Österreich, wenn wir Hunde so halten würden, wie wir jetzt Schweine halten. Was rechtfertigt diese Diskrepanz?“ Eine Tierschützerin meinte außerdem, dass das Wort „Nutztier“ ein von Menschen geschaffenes Label sei, wenn es darum ginge, damit Geld zu verdienen, Tiere auszunutzen. Die breite Bevölkerung sei aber gegen eine Ausnutzung.

Ob es einem Schwein gut gehe, könne man nicht nur daran festmachen, ob es einen Vollspaltenboden gibt, erklärte Christoph Hofer-Kasztler, Amtstierarzt bei der Bezirkshauptmannschaft (BH) Baden: „Man erkennt sehr rasch, ob ein Landwirt oder eine Landwirtin den Betrieb so führt, wie er es nach dem Tierschutzgesetz zu führen hätte.“ Als Amtstierarzt sei man die „neutrale Mitte“ und als solche habe man das Tierschutzgesetz entsprechend zu kontrollieren.

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Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren eingeladen, sich bei der Diskussion zu Wort zu melden

Handel verweist auf Programme im Tierwohlbereich

Die am Handel geäußerte Kritik der Profitgier wies Karl Ungersbäck, Obmann der Sparte Handel in der Wirtschaftskammer Niederösterreich (WKNÖ), entschieden zurück. „Jede große Handelsmarke, die sich in Österreich findet, hat engagierte Programme im Tierwohl und im Biobereich. Da werden Initiativen gesetzt. Da sind sehr engagierte Leute am Werk“, sagte Ungersbäck. Außerdem gebe es nicht den „einen“ Konsumenten. Die größte Gruppe an Konsumenten sei aber die, die auf den Preis schaut.

Auch Silke Dammerer, Landwirtin und ÖVP-Landtagsabgeordnete, meinte in ihrer Wortmeldung, dass die Konsumentinnen und Konsumenten verstärkt auf den Preis schauen würden. „Es ist ganz schwierig, wenn die Menschen einen Mercedes bestellen und nur einen Polo zahlen wollen. Das geht sich unterm Strich einfach nicht aus“, so Dammerer. An die 200 Menschen nahmen an der Diskussionsveranstaltung in Mank teil. Trotz der kontroversiellen Diskussion und der unterschiedlichen Meinungen blieb schlussendlich ein versöhnlicher Aspekt. Selbst nach der Veranstaltung wurde nämlich noch lange eifrig weiter diskutiert.